Roth
"Die Krankheit ist einfach schambesetzt"

Erster Akne-Inversa-Tag in Bayern sorgt für vollen Vortragssaal in der Rother Kreisklinik

22.06.2014 | Stand 02.12.2020, 22:33 Uhr

Zeigen sich erfreut über den ersten Akne-Inversa-Tag in Bayern: Initiator Martin Stafflinger, Landrat Herbert Eckstein, Wundfachkraft Thorsten Prennig und Berater Claudius Klatte (von links). - Foto: Leykamm

Roth (lkm) Es war ein äußerst positives Zeichen, das der erste Akne-Inversa-Tag in Bayern gesetzt hat. Mit fast 80 Gästen war der Vortragssaal im Gesundheitszentrum an der Rother Kreisklinik sehr gut besucht.

Daran gemessen, dass diejenigen, die an dieser seltenen Krankheit leiden, eine meist sehr hohe Hemmschwelle überwinden müssen, wenn sie in die Öffentlichkeit gehen wollen, ist dies eine recht hohe Zahl. Bis aus Frankfurt und München, Augsburg und Stuttgart waren die Interessenten angereist. In die Runde gesellte sich auch Dagmar Presser von der Uniklinik Würzburg, wo gerade eine Langzeitstudie über Akne Inversa durchgeführt wird. Die Ursachen für diese chronische und unheilbare Erkrankung der Haut mit entzündlichen Abszessen sind nach wie vor unklar. Das machte in ihrem Vortrag auch Cornelia Erfurt-Berge von der Uniklinik Erlangen deutlich. Sie räumte zugleich mit einem alten Vorurteil auf. So könnten Rauchen und Übergewichtigkeit zwar auslösende Faktoren darstellen, aber eben nicht als Ursachen für Akne Inversa gelten.

Therapiert wird diese in der Regel auf chirurgischem Weg durch das Herausschneiden der befallenen Areale. Entsprechende Bilder gab es an der Veranstaltung zu sehen – was für so manches blasse Gesicht im Saal sorgte.

Wie die Versorgung der Wunden gut gelingen kann, darüber informierte das interdisziplinäre Wundteam aus Roth, bestehend aus dem Mediziner Alfred Tylla und der Wundfachkraft Thorsten Prennig. Als knifflig erwiesen sich aber auch Fragen zum Schwerbehindertenrecht, die Heinz-Werner Bader als Arzt der mittelfränkischen Regionalstelle des ZBFS (Zentrum Bayern Familie und Soziales) zu beantworten suchte. Der Grad der Schwerbehinderung sei oft schwer feststellbar, zumal sich zu Akne Inversa oft noch damit einhergehende psychische Erkrankungen gesellten.

Offener Unmut regte sich indes bei einer Dame aus Unterfranken, bei der nach eigener Aussage ein Augenarzt die Behinderung beurteilen sollte, worüber sich Bader sehr empörte. So etwas greife das ohnehin oft stark geschädigte Selbstwertgefühl weiter an, war aus dem Saal zu hören. Denn „die Krankheit ist einfach schambesetzt“.

Umso wichtiger sei der offensive Umgang mit ihr, gab Landrat Herbert Eckstein zu verstehen. Man dürfe der Beeinträchtigung nicht erlauben, das eigene Leben bestimmen zu lassen. Eckstein leidet selbst an Tinnitus. Ein Handicap, das ihn einmal fast hätte vereinsamen lassen. Dabei sei er eigentlich ein „umtriebiger Mensch“. Als einen solchen würdigte er auch Martin Stafflinger, den Initiatoren des Tages sowie Gründer und Leiter der Akne-Inversa-Selbsthilfegruppe Roth-Schwabach.

Die Forschung indes entdeckt Akne Inversa langsam für sich. So soll ein großes Netzwerk im Kampf gegen die Krankheit entstehen. Wenn die Veranstaltung in der Rother Kreisklinik dabei eine feste Masche in jenem Netz bilden konnte, „dann ist schon viel erreicht“, erklärte Stafflinger gegen Ende des Treffens: „Dann hat es sich schon gelohnt.“