OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.04.2021 - I-15 U 17/21
Fundstelle
openJur 2021, 21846
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

I.

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 10. Februar 2021verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LandgerichtsDüsseldorf abgeändert.

Die einstweilige Verfügung vom 15.01.2021 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz hat die Antragstellerin zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Von einer Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist begründet. Sie führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 15.01.2021 und zur Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, weil ein Verfügungsanspruch nicht besteht.

A.

Der Antragstellerin steht der gegen die Antragsgegnerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder aus §§ 8, 3, 3a UWG i.V.m. § 6 Satz 1 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung; SchutzmV) noch aus §§ 8, 3, 3a UWG i.V.m. § 7 HWG zu.

1.Die beanstandete Werbung verstößt nicht gegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 6 Satz 1 SchutzmV. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Regelung zur Leistung einer Eigenbeteiligung anspruchsberechtigter Personen in § 6 Satz 1 SchutzmV nicht als Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG anzusehen (so auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.3.2021 - 6 W 15/21, GRUR-RS 2021, 5677 Rn. 11 ff. - kostenlose Schutzmaskenabgabe).

a)Gemäß § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (BGH, GRUR 2010, 654 Rn. 18 - Zweckbetrieb; GRUR 2017, 641 Rn. 20 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Dieser Zweck muss nicht der einzige und nicht einmal der primäre sein (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 20 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt; es genügt nicht, dass sie ein wichtiges Gemeinschaftsgut oder die Interessen Dritter schützt, sofern damit nicht gleichzeitig auch die Interessen von Marktteilnehmern geschützt werden sollen (BGH, GRUR 2010, 654 Rn. 18 - Zweckbetrieb; GRUR 2017, 95 Rn. 21 - Arbeitnehmerüberlassung; GRUR 2017, 641 Rn. 20 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln).

b)Der Regelung zur Leistung einer Eigenbeteiligung für Schutzmasken fehlt eine Schutzfunktion zugunsten anderer Marktteilnehmer.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem von den Parteien im vorliegenden Verfahren erörterten Urteil vom 01.12.2016 (Az.: I ZR 143/15; GRUR 2017, 641 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln) entschieden, dass die Regelungen zur Zuzahlung gesetzlich Versicherter bei Hilfsmitteln in §§ 33 Abs. 8, 61 SGB V keine Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG sind. Für die hier in Rede stehende Regelung zur Entrichtung einer Eigenbeteiligung anspruchsberechtigter Personen bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 Satz 1 SchutzmV kann entgegen der Auffassung des Landgerichts im Ergebnis nichts anderes gelten.

aa)Nach § 6 Satz 1 SchutzmV hat jede anspruchsberechtigte Person bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 Satz 1 SchutzmV an die abgebende Apotheke eine Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR je Abgabe von sechs Schutzmasken zu leisten. Der die Abgabe von Schutzmasken regelnde § 4 Abs. Satz 1 SchutzmV sieht vor, dass der Anspruch nach § 2 Abs. 2 SchutzmV durch Abgabe der Schutzmasken durch die Apotheken gegen Vorlage der Bescheinigungen nach § 3 Abs. 1 Satz 2 SchutzmV erfüllt wird. Nach § 2 Abs. 2 SchutzmV in der seit dem 06.02.2021 geltenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung vom 04.02.2021 (auf diese Fassung wird nachfolgend abgestellt) haben die anspruchsberechtigten Personen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV im Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum Ablauf des 28.02.2021 einen Anspruch auf einmalig sechs Schutzmasken und im Zeitraum vom 16.02.2021 bis zum Ablauf des 15.04.2021 einen weiteren Anspruch auf einmalig sechs Schutzmasken. Bei den nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen handelt es sich um Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie um nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die das 60. Lebensjahr vollendet haben (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV) oder bei denen eine bestimmte Erkrankung oder ein bestimmter Risikofaktor vorliegt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV). Dieser anspruchsberechtigte Personenkreis hat damit nach § 6 Satz 1 SchutzmV bei der Angabe von einmalig sechs Schutzmasken im Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum Ablauf des 28.02.2021 und bei der Abgabe von einmalig sechs Schutzmasken im Zeitraum vom 16.02.2021 bis zum Ablauf des 15.04.2021 an die abgebende Apotheke eine Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR je Abgabe von sechs Schutzmasken zu leisten.

bb)Dem Wortlaut des § 6 SchutzmV ist - wovon auch das Landgericht ausgegangen ist - keine Regelung des Marktverhaltens unter Wettbewerbern zu entnehmen. Satz 1 bestimmt, dass jede anspruchsberechtigte Person bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 Satz 1 SchutzmV an die abgebende Apotheke eine Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR je Abgabe von sechs Schutzmasken zu leisten hat. Satz 2 ordnet an, dass die Eigenbeteiligung in der Apotheke verbleibt und auf den in § 5 Abs. 2 SchutzmV genannten Erstattungsbetrag angerechnet wird.

cc)Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergeben sich entgegen der Auffassung des Landgerichts ebenfalls keine Hinweise auf eine Marktverhaltensregelung.

(1)

Ziel der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung ist es gewesen, das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 für besonders vulnerable Personengruppen - insbesondere vor dem Hintergrund des weiterhin dynamischen Infektionsgeschehens - mittels der Verwendung von Schutzmasken zu reduzieren (vgl. Referentenentwurf Bundesministerium für Gesundheit vom 13.12.2020, S. 1 , S. 11). Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung und nicht gesetzlich Versicherten, die zu einer COVID-19-Risikogruppe gehören, ist deshalb ein Anspruch auf insgesamt 15 partikelfiltrierende Halbmasken eingeräumt worden. Die Abgabe der Masken sollte in Apotheken erfolgen. Um allen anspruchsberechtigten Personen noch im Jahr 2020 die Möglichkeit zu geben, sich vor einer Infektion mit dem Coronavirus auch mithilfe von Schutzmasken zu schützen, ist in einem ersten Schritt einAnspruch auf drei Schutzmasken vorgesehen worden (Begründung des Referentenentwurf, S. 14 zu § 1 Abs. 1). § 2 Abs. 1 SchutzmV bestimmt hinsichtlich dieses"ersten Schrittes", dass die anspruchsberechtigten Personen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV im Zeitraum vom 15.12.2020 bis 06.01.2021 einenAnspruch auf einmalig drei Schutzmasken haben. Damit dieser Anspruch zügigumgesetzt werden konnte, sollten diese Schutzmasken gemäß § 4 Abs. 1 SchutzmV durch inländische Apotheken im Rahmen eines unkomplizierten und bürokratiearmen Verfahrens, das auf ortsnahe Apotheken ausgerichtet ist, abgegeben werden (vgl. Begründung des Referentenentwurfs, S. 16). Ab Januar 2021 sollte dann in einem zweiten Schritt die Abgabe von zweimal je sechs Schutzmasken erfolgen (vgl. Begründung des Referentenentwurfs, S. 16). § 2 Abs. 2 SchutzmV bestimmt hinsichtlich dieses "zweiten Schrittes", dass die anspruchsberechtigten Personen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV im Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 28.02.2021 einen Anspruch auf einmalig sechs Schutzmasken und im Zeitraum vom 16.02.2021 bis zum 15.04.2021 einen weiteren Anspruch auf einmalig sechs Schutzmasken haben. Grund für diese zeitlich gestaffelte Abgabe war, dass die anspruchsberechtigten Personen auch vor dem Hintergrund der (aus Sicht des Verordnungsgebers im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung) begrenzten Verfügbarkeit von partikelfilternden Halbmasken in den Apotheken nicht sofort vollumfänglich mit Schutzmasken versorgt werden konnten. Es bedurfte daher einer zeitlich versetzten Abgabe der Schutzmasken (vgl. Begründung des Referentenentwurfs, S. 16). § 4 Abs. 2 Satz 1 SchutzmV sieht vor, dass der Anspruch nach § 2 Abs. 2 SchutzmV durch die Abgabe der Schutzmasken in den Apotheken gegen Vorlage der Bescheinigungen nach § 3 Absatz 1 SchutzmV erfüllt wird, wobei im Unterschied zu § 4 Abs. 1 SchutzmV nach § 4 Abs. 2 SchutzmV die Schutzmasken auch durch Versandapotheken in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgegeben und abgerechnet werden können (vgl. Begründung des Referentenentwurfs, S. 16). Hinweise darauf, dass es sich bei der Regelung zur Entrichtung einer Eigenbeteiligung in § 6 SchutzmV um eine Marktverhaltensregelung handelt, ergeben sich hieraus nicht. In Bezug auf diese Regelung ergibt sich aus der Begründung des Referentenentwurfs zur Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (S. 17 zu § 6) im Wesentlichen nur, dass die Eigenbeteiligung "zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken beitragen" soll". Wie sogleich noch weiter ausgeführt wird, folgt auch daraus nicht, dass die Bestimmung den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer bezweckt.

(2)

Soweit das Landgericht angenommen hat, aus der Entstehungsgeschichte der Schutzmaskenverordnung, die durch die Geschwindigkeit des Referentenentwurfs vom 13.12.2020 zur Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung vom 14.12.2020 und der Abgabe der ersten Masken ab dem 15.12.2020 gekennzeichnet sei, ergäben sich Hinweise auf eine Mitbewerberregelung, weil Apotheken unter gleichen Bedingungen schnellstmöglich eine flächendeckende Versorgung der Risikopersonen mit Schutzmasken hätten sicherstellen sollen, kann dem nicht gefolgt werden.

Zwar wird es - auch wenn die Apotheken nicht zu einer Abgabe von Schutzmasken verpflichtet worden sind - dem Verordnungsgeber darum gegangen sein, aufgrund der zum Zeitpunkt der Verordnungsgebung besonders gefährlichen Infektionslage die als besonders schutzbedürftig angesehenen vulnerablen Personengruppenmöglichst schnell und flächendeckend mit Schutzmasken zu versorgen. Diese Ziele werden indes nicht durch die in § 6 Satz 1 SchutzmV normierte Eigenbeteiligung, sondern durch die - in den §§ 2 bis 4 SchutzmV geregelte - mengenmäßig jeBerechtigten kontingentierte Abgabe von Schutzmasken innerhalb fester zeitlicher Korridore nach Maßgabe von durch die jeweilige Krankenversicherung ausgestellten Berechtigungsscheinen durch die in der Fläche vorhandenen Apotheken erreicht (vgl. OLG Brandenburg, GRUR-RS 2021, 5677 Rn. 13).

Gegen einen diesbezüglichen Beitrag der Regelung der Eigenbeteiligung in § 6 Satz 1 SchutzmV spricht auch, dass die anspruchsberechtigten Personen für die ersten drei Schutzmasken eine Eigenbeteiligung nicht leisten mussten. Dem Verordnungsgeber ging es - wie erwähnt - insbesondere darum, den Berechtigten noch im Jahr 2020 die Möglichkeit zu geben, sich vor einer Infektion mit dem Coronavirus mithilfe von Schutzmasken zu schützen, weshalb diesen in einem ersten Schritt ein Anspruch auf drei Schutzmasken im Zeitraum vom 15.12.2020 bis zum 06.02.2021 eingeräumt worden ist. Nach § 2 Abs. 1 SchutzmV sollte dieser Anspruch durch die Abgabe von Schutzmasken durch Apotheken in Deutschland im Rahmen der Verfügbarkeit der Schutzmasken nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SchutzmV erfüllt werden. Bei der Abgabe dieser drei Schutzmasken mussten die anspruchsberechtigten Personen eine Eigenbeteiligung nicht entrichten. § 6 Satz 1 SchutzmV bestimmt nur, dass die anspruchsberechtigten Personen bei der hier interessierenden Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 Satz 1 SchutzmV eine Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR je Abgabe von sechs Schutzmasken zu leisten haben.

Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang ferner angenommen hat, der Verordnungsgeber habe einen Wettbewerb zwischen den Apotheken vermeiden wollen, lässt sich der Begründung des Referentenentwurfs hierfür nichts entnehmen. Derartiges lässt sich auch weder aus § 6 SchutzmV noch den übrigen Bestimmungen der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung herleiten. Dass eine "Privilegierung" für bestimmte Arten von Apotheken nicht vorgesehen ist, ist zwar zutreffend mit der Maßgabe, dass nach § 4 Abs. 1 SchutzmV - im Unterschied zu dem hier relevanten § 4 Abs. 2 SchutzmV - die Schutzmasken nicht auch durch Versandapotheken in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgegeben und abgerechnet werden konnten. Dafür, dass es sich bei § 6 SchutzmV um eine Marktverhaltensregelung handelt, lässt sich daraus aber nichts ableiten.

dd)Sofern das Landgericht des Weiteren ausgeführt hat, die Regelung des § 6 SchutzmV füge sich "systematisch" in die Erstattungsregelung für die Apotheken nach § 5 SchutzmV und die Abrechnungsregelung in § 7 SchutzmV ein, erschließt sich nicht, was hieraus folgen soll. Richtig ist, dass § 6 Satz 2 SchutzmV hinsichtlich der Eigenbeteiligung anordnet, dass die Eigenbeteiligung auf den in § 5 Abs. 2 SchutzmV genannten Erstattungsbetrag angerechnet wird. Zutreffend ist ferner, dass die Eigenbeteiligung auch in § 7 Abs. 1 Satz 1 SchutzmV angesprochen wird. Dort ist bestimmt, dass die Apotheken für die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 SchutzmV mindestens einmal pro Monat eine Abrechnung erstellen, aus der sich die Anzahl der abgegebenen Masken, die eingenommenen Eigenbeteiligungen und der geltend gemachte Erstattungsbetrag ergeben (dazu sogleich noch). Weshalb dies in Bezug auf § 6 SchutzmV für das Vorliegen einer Marktverhaltensregelung sprechen sollte, zeigt das Landgericht allerdings nicht auf und dies ist auch nicht ersichtlich.

ee)Entgegen der Beurteilung des Landgerichts ist die in Rede stehende Regelung zur Leistung einer Eigenbeteiligung bei der Abgabe von Schutzmasken in § 6 Satz 1 SchutzmV mit Regelungen zur Zuzahlung gesetzlich Versicherter vergleichbar, auch wenn es sich bei der Eigenbeteiligung gemäß § 6 Satz 1 SchutzmV nicht um eine Zuzahlung im Sinne des § 61 SGB V handelt.

(1)

Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln" (GRUR 2017, 641) entschieden hat, sind die Regelungen zur Zuzahlung gesetzlicher Versicherter bei Hilfsmitteln in § 33 Abs. 8, 61 SGB V keine Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG. Nach § 33 Abs. 8 2 SGB V leisten Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zu jedem zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Beitrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Diese Zuzahlungsregelung für Hilfsmittel fügt sich in eine Vielzahl von Zuzahlungspflichten der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung ein. Alle diese Zuzahlungspflichten stellen eine Form der Selbstbeteiligung der Versicherten dar, die das Kostenbewusstsein der Versicherten stärken und die Inanspruchnahme von Leistungen auf der Basis des Wirtschaftlichkeitsgebots fördern sollen. Auf diese Weise sollen sie zur Kostendämpfung in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 25). Vorschriften zur Finanzierung von Leistungen der öffentlichen Hand, etwa durch Steuern und Abgaben, sind regelmäßig keine Regelungen des Marktverhaltens i.S.v. § 3a UWG, weil sich ihr Zweck darauf beschränkt, im Verhältnis zwischen Hoheitsträger und Steuerpflichtigem die Finanzierung des Gemeinwesens zu ermöglichen. Sie bezwecken grundsätzlich auch nicht den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 26). Nichts anderes gilt für Regelungen des Sozialrechts, die lediglich die finanzielle Leistungsfähigkeit des Systems erhalten sollen (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 27). Zwar dient die Norm des § 33 Abs. 8 SGB V auch der Verhaltenssteuerung von Marktteilnehmern, nämlich der Versicherten als Nachfrager von Hilfsmitteln. Die Versicherten sollen zu erhöhter Eigenverantwortung angehalten werden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines 2. GKV-NOG, BT-Drs. 13/7264, 60), um das Ausgaben- und Preisbewusstsein der Versicherten zu stärken und dadurch einen überhöhten Verbrauch von Arzneimitteln zu verhindern. Diese Verhaltenssteuerung bezweckt aber nicht die Schaffung gleichwertiger Wettbewerbsbedingungen, um im Interesse der übrigen Marktteilnehmer den Wettbewerb zu regeln. Sie dient vielmehr lediglich dazu, die finanzielle Absicherung der Gesundheitsvorsorge zu erhalten, also - vergleichbar einer steuerrechtlichen Vorschrift - eine hoheitliche Aufgabe wirtschaftlich sicherzustellen (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 28).

(2)Entsprechendes hat für die hier in Rede stehende Regelung zur Entrichtung einer Eigenbeteiligung bei der Abgabe von Schutzmasken in § 6 Abs. 1 SchutzmV zu gelten, die ebenfalls eine Form der Selbstbeteiligung der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 und Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen darstellt. Die Berechtigten sollen hiermit einen gewissen finanziellen Beitrag für die Zurverfügungstellung der ihrem Schutz dienenden Schutzmasken leisten. Dadurch werden zwangsläufig die Kosten des Bundes für die abzugebenden Schutzmasken reduziert.

(2.1)

Zwar dient § 6 Abs. 1 S. 1 SchutzmV nach der Intention des Verordnungsgebers auch der Verhaltenssteuerung von Marktteilnehmern, nämlich der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 und § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen als Nachfragern von Schutzmasken. Diese anspruchsberechtigten Personen sollen, wie bereits erwähnt, zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken angehalten werden. In der Begründung zum Referentenentwurf wird dies nicht näher erläutert. Bezweckt wird hiermit offenbar eine Schärfung des Kostenbewusstseins der anspruchsberechtigten Personen (vgl. auch OLG Brandenburg, GRUR-RS 2021, 5677 Rn. 13), was offenbar dazu beitragen soll, dass die Schutzmasken nicht von anspruchsberechtigten Personen bezogen werden, die solche Masken tatsächlich nicht benötigen. Diese Verhaltenssteuerung bezweckt aber ebenso wenig wie die Regelung zur Zuzahlung gesetzlich Versicherter bei Hilfsmitteln in §§ 33 Abs. 8, 61 SGB V die Schaffung gleichwertiger Wettbewerbsbedingungen, um im Interesse der übrigen Marktteilnehmer den Wettbewerb zu regeln. Die Regelung über die Entrichtung der Eigenbeteiligung beinhaltet keine wettbewerbsbezogene Zielsetzung, sondern dient unter Steuerungsgesichtspunkten nur dazu, die anspruchsberechtigten Personen zu einer verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken zu bewegen. Diese Verhaltenssteuerung bezweckt letztlich auch eine Kostenreduzierung. Denn derjenige Berechtigte, der aufgrund der zu entrichtenden Eigenbeteiligung die kostenpflichtigen Schutzmasken nicht in Anspruch nimmt, senkt die dem Bund für die ab Januar 2021 abgegebenen Schutzmasken entstehenden Kosten.

(2.2)

Dass die anspruchsberechtigten Personen durch die Eigenbeteiligung deshalb zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken angehalten werden sollen, damit von anspruchsberechtigten Personen nicht benötigte Schutzmasken für andere Berechtigte zur Verfügung stehen, lässt sich der Begründung des Referentenentwurfs nicht entnehmen. Ausweislich der Begründung zu § 2 SchutzmV ist der Verordnungsgeber zwar davon ausgegangen, dass partikelfilternde Halbmasken in den Apotheken nur begrenzt verfügbar sind, so dass die anspruchsberechtigten Personen nicht sofort vollumfänglich mit Schutzmasken versorgt werden können (Begründung des Referentenentwurfs, S. 14). Dieses Problem hat der Verordnungsgeber aber durch die zeitlich versetzte Abgabe der Schutzmasken gemäß § 4 Abs. 1 und 2 SchutzmV gelöst (vgl. Begründung des Referentenentwurfs, S. 14 zu § 2 Abs. 2: "... Es bedarf deshalb einer zeitlich versetzten Abgabe der Schutzmasken"). Der Begründung des Referentenentwurfs lässt sich hingegen kein hinreichender Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Eigenbeteiligung gemäß § 6 Satz 1 SchutzmV (auch) im Hinblick auf die - aus Sicht des Verordnungsgebers bei der Verordnungsgebung gegebene - begrenzte Verfügbarkeit von Schutzmasken in den Apotheken vorgesehen worden ist.

(2.3)

Aus der Tatsache, dass die Eigenbeteiligung ausweislich der Begründung des Referentenentwurfes zur Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (S. 17) "keine Zuzahlung im Sinne des § 61 SGB V" darstellt und nicht "auf die Belastungsgrenze nach § 62 SGB V" anzurechnen ist, folgt nicht, dass die Regelung in § 6 SchutzmV eine Schutzfunktion zugunsten anderer Marktteilnehmer hat. Der Hinweis in der Begründung des Referentenentwurfes darauf, dass die Eigenbeteiligung keine Zuzahlung im Sinne des § 61 SGB V darstellt, dient augenscheinlich nur der Klarstellung, dass die Eigenbeteiligung ausnahmslos von allen - nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 und § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV - anspruchsberechtigten Personen zu leisten ist, mithin auch von in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Anspruchsberechtigten, welche nach sozialrechtlichen Bestimmungen keine Zuzahlung leisten müssen bzw. voneiner entsprechenden Zuzahlungspflicht befreit sind. Dafür, dass der Verordnungsgeber - wie vom Landgericht angenommen - durch die in Rede stehende Bemerkung zum Ausdruck bringen wollte, dass § 6 SchutzmV anders als § 61 SGB V eine Marktverhaltensregelung ist, sind der Begründung des Referentenentwurfs zur Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung keine Hinweise zu entnehmen. Mit derFrage, ob es sich bei der Regelung der Eigenbeteiligung in § 6 Satz 1 SchutzmV um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG handelt, musste sich der Verordnungsgeber im Rahmen des Erlasses der Verordnung nicht befassen und hat er sich ausweislich der Begründung des Referentenentwurfs auch nicht befasst.

(2.4)

Mit Recht weist die Antragsgegnerin im Übrigen darauf hin, dass die Regelung der Eigenbeteiligung in § 6 Abs. 1 SchutzmV ungeachtet der Tatsache, dass die Zuzahlung keine Zuzahlung im Sinne des § 61 SGB V darstellt, wie eine entsprechende Zuzahlungsregelung aufgebaut und formuliert ist. Dass die Regelung der Eigenbeteiligung nicht nur für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern auch für Personen gilt, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, folgt notwendigerweise daraus, dass auch die letzteren Personen zum nach der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung anspruchsberechtigten Personenkreis gehören. Das mit der Regelung der Eigenbeteiligung verfolgte Ziel entspricht indes prinzipiell den Zielen von Zuzahlungspflichten für Versicherte in der gesetzlichen Krankenkasse. Sozialrechtliche Zuzahlungen sollen zum Zwecke der Kostendämpfung das Preis- und Ausgabebewusstsein der Verbraucher schärfen und dadurch verhindern, dass Mittel in Anspruch genommen werden, die gar nicht benötigt werden. Wie bereits erwähnt, sollen beispielsweise durch die Regelung zur Zuzahlung gesetzlich Versicherter bei Hilfsmitteln in § 33 Abs. 8 SGB V die Versicherten zu erhöhter Eigenverantwortung angehalten werden, um das Ausgaben- und Preisbewusstsein der Versicherten zu stärken und dadurch einen überhöhten Verbrauch von Arzneimitteln verhindern (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 28, 48 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Vergleichbares gilt für die Regelung der Eigenbeteiligung in § 6 Abs. 1 SchutzmV. Nach der Intention des Verordnungsgebers soll die Eigenbeteiligung gemäß § 6 Satz 1 SchutzmV zur verantwortungsvollen Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken beitragen. Nicht anders als z.B. die Zuzahlung gesetzlicher Versicherter bei Hilfsmitteln gemäß § 33 Abs. 8 SGB V soll damit auch die von nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen zu leistende Eigenbeteiligung gemäß § 6 Satz SchutzmV die Eigenverantwortung von bestimmten Personen stärken.

(2.5)

Die vom Landgericht angeführten weiteren Aspekte stehen der vorstehenden Beurteilung nicht entgegen.

(2.5.1)

Soweit das Landgericht annimmt, die fehlende Relevanz fiskalischer Gesichtspunkte ergebe sich ("systematisch") aus § 5 Abs. 2 SchutzmV, wonach die Apotheke einen "deutlich über dem Marktpreis" liegenden Erstattungspreis von sechs EUR je Schutzmaske erhalte, weshalb im Falle einer beabsichtigten Sicherstellung einer "wirtschaftliche Tragfähigkeit der Maßnahme" eine deutlich marktorientiertere Erstattung oder eine höhere Eigenbeteiligung für jede ausgegebene Schutzmaske hätte festgelegt werden müssen, kann dem nicht beigetreten werden.

Wie sich aus der von der Antragsgegnerin als Anlage BK 19 vorgelegten Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage mehrerer Abgeordneter und der Fraktion XXX betreffend die Abgabe von Schutzmasken an Risikogruppen in Apotheken ergibt, ist der Verordnungsgeber bei der Verordnungsgebung (noch) davon ausgegangen, dass sich der zunächst festgelegte Erstattungspreis von sechs EUR pro Maske an den Marktpreisen orientiert. In der Antwort der Bundesregierung auf die Fragen 1 und 2 der Anfrage heißt es hierzu (BT-Drs. 19/26100, S. 2 f.):

"Der Erstattungspreis von 6 Euro je Maske einschließlich Umsatzsteuer geht wesentlich auf eine vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebene Markterhebung zurück. Diese ergab zu den Preisentwicklungen in den unterschiedlichen Maskenklassen zum Stichtag 9. Oktober 2020 einen Durchschnittspreis für FFP2-Masken von 4,29 Euro. Die vom Auftragnehmer herangezogenen Quellen umfassten dabei vorrangig die Angebote reiner Internet-Anbieter. Hingegen werden die vom Bundfinanzierten Masken über die Apotheken abgegeben. Daher waren bei der Festsetzung der Vergütungshöhe die Beschaffungskosten, die Kosten für die Beratungsleistung gegenüber den Anspruchsberechtigten und die Kosten für den Abrechnungsweg über die Apothekenrechenzentren zu berücksichtigen. Zudem war zu berücksichtigen, dass Vor-Ort-Apotheken während der Pandemie, anders als Internet-Anbieter, in besonderer Weise gefordert sind, Hygiene-Konzepte sowohl zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Apotheke als auch der Kundinnen und Kunden umzusetzen. In diesem Zusammenhang ist auch der zusätzliche Aufwand zu erwähnen, der durch eine gegebenenfalls notwendige Umverpackung von Schutzmasken entsteht, da Packungsgrößen von drei oder sechs Schutzmasken auf dem Markt kaum erhältlich sind. Zudem ist zu berücksichtigen, dass von dem Erstattungsbetrag ein Anreiz für die Apothekerinnen und Apotheker ausgehen sollte, sich an der mit zusätzlichem Aufwand verbundenen Abgabe der Schutzmasken zu beteiligen. Darüber hinaus tragen die Apotheken auch das wirtschaftliche Risiko der Abgabe der Masken."

Bei der Höhe der Eigenbeteiligung musste der Verordnungsgeber zwangsläufig ein Maß zwischen den finanziellen Interessen des Bundes an einer Entlastung der Staatskasse (Kostenreduzierung) einerseits und der Belastung der Anspruchsberechtigten andererseits finden. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Eigenbeteiligung auch für Bezieher/-innen von Transferleistungen, welche von der Eigenbeteiligungspflicht nicht befreit wurden, tragbar sein musste. Wie sich wiederum aus der Antwort der Bundesregierung auf die Frage Nr. 18 der vorstehend erwähnten kleinen Anfrage ergibt, ging der Verordnungsgeber hiervon in Bezug auf die Eigenbeteiligung von zwei EUR je sechs Schutzmasken aus. Dort heißt es nämlich (BT-Drs. 19/26100, S. 2 f.):

"Anspruchsberechtigte gemäß § 1 SchutzmV können bis zum 15. April 2021 insgesamt 15 Schutzmasken erhalten. Die dafür zu leistende geringe Eigenbeteiligung in Höhe von insgesamt 4 Euro stellt nach Auffassung der Bundesregierung auch fürBezieherinnen und Bezieher von Transferleistungen eine tragbare Belastung dar."

Diese vom Verordnungsgeber als "gering" angesehene Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR je sechs Schutzmasken stellte insoweit einen Kompromiss zwischen der Entlastung der Staatskasse und der Beteiligung der anspruchsberechtigten Personen an den Kosten der ihrem Schutz dienenden Ausstattung mit Schutzmasken dar.

Dass dem Bund nach den damaligen Schätzungen des Verordnungsgebers angesichts von rund 27,3 Millionen anspruchsberechtigten Personen mit einem Anspruch auf insgesamt 15 Schutzmasken und einer Vergütung von (ursprünglich) sechs EUR je Schutzmaske sowie durch den Verwaltungskostenersatz für die Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen Kosten in Höhe von rund 2,5 Milliarden EUR entstehen, welche durch die Eigenbeteiligung bei rund 27,3 Millionen anspruchsberechtigten Personen um "nur" rund 100 Millionen EUR reduziert werden, spricht nicht gegen die Relevanz finanzieller Gesichtspunkte. Dass die Kosten für die Gesamtkosten durch die Eigenbeteiligung nicht annähernd gedeckt werden können, liegt in der Natur der Sache. Eine höhere Eigenbeteiligung hätte insbesondere Bezieher/-innen von Transferleistungen von einem Bezug der Schutzmasken abhalten können, was den Zielen der Coranavirus-Schutz-Verordnung zuwidergelaufen wäre. Darüber hinaus handelt es sich bei ca. 100 Millionen EUR durchaus um einen nicht unerheblichen Betrag, auch wenn dieser nur 1/25 der Gesamtkosten deckt. Die entsprechende Kostenreduzierung durch die Eigenbeteiligung wird in der Begründung des Referentenentwurfs zur Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung zwar nicht erwähnt. Allein aus der Nichterwähnung dieses offensichtlichen Umstandes lässt sich allerdings nicht ableiten, dass finanzielle Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Regelung der Eigenbeteiligung in § 6 Abs. 1 SchutzmV keine Rolle gespielt haben.

Gleiches gilt für die Tatsache, dass für die ersten drei Schutzmasken (§§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 SchutzmV) eine Eigenbeteiligung von den anspruchsberechtigten Personen nicht entrichtet werden musste. Daraus sowie aus dem Umstand, dass die Abgabe dieser Masken nicht gegen Vorlage von Bescheinigungen nach § 3 Absatz 1 SchutzmV erfolgte, folgt nur, dass der Verordnungsgeber den anspruchsberechtigten Personen die Möglichkeit eröffnen wollte, zeitnah und unbürokratisch eine für sie kostenfreie Grundausstattung von drei Schutzmasken zu erhalten.

(2.5.2)

Der Verordnungsgeber hat den Erstattungspreis von sechs EUR je sechs Schutzmasken zwischenzeitlich im Übrigen - zur Entlastung der Staatskasse - deutlich herabgesetzt. Durch die Erste Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung vom 04.02.2021 ist der Erstattungspreis für jede Schutzmaske, die auf Grundlage der zweiten Bescheinigung zum Nachweis der Anspruchsberechtigung (Zeitraum 16.02. bis 15.04.2021) abgegeben wird, auf 3,90 EUR einschließlich Umsatzsteuer abgesenkt worden (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 SchutzmV). An der von den nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen nach § 6 Satz 1 SchutzmV bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Absatz 2 Satz 1 zu entrichtenden Eigenbeteiligung von zwei EUR je sechs Schutzmasken hat sich demgegenüber nichts geändert. Offenbar ist eine Anpassung der Eigenbeteiligung hierbei deshalb nicht erfolgt, weil die Entlastung der Staatskasse an der einen Stelle (Senkung des Erstattungsbetrages der Apotheken) nicht durch eine Reduzierung der Entlastung der Staatskasse an der anderen Stelle (Herabsetzung der Eigenbeteiligung der Anspruchsberechtigten) wieder geschmälert werden sollte.

ff)Entgegen der Auffassung des Landgerichts spricht schließlich auch der Sinn und Zweck von § 6 SchutzmV nicht dafür, dass es sich bei dieser Vorschrift um eine Marktverhaltensregelung handelt. Insoweit wird zunächst auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Soweit das Landgericht davon ausgeht, der durch die Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung bezweckte schnelle und flächendeckende Schutz der vulnerablen Personengruppen mit Schutzmasken habe dadurch sichergestellt werden sollen, dass den Anspruchsberechtigten in allen Apotheken Schutzmasken "zu gleichen Bedingungen" zur Verfügung gestellt werden, lässt sich hierfür weder den Bestimmungen der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung noch der Begründung des Referentenentwurfs zu dieser Verordnung etwas entnehmen. Insbesondere ergibt sich auch aus der Begründung des Referentenentwurfs nicht, dass es dem Verordnungsgeber darum gegangen ist, sicherzustellen, dass der Verbraucher nicht darüber nachdenkt, wo er das "beste Angebot" erhält, und dieser den Berechtigungsschein so schnell wie möglich in seiner Nähe einlöst. Dagegen spricht auch, dass die Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung in § 4 Abs. 2 SchutzmV nicht vorschreibt, dass der Anspruch nach § 2 Abs. 2 SchutzmV durch Abgabe der Schutzmasken in einer Vor-Ort-Apotheke erfüllt wird. Es steht den anspruchsberechtigten Personen vielmehr völlig frei, in welcher Apotheke sie ihre Berechtigungsscheine einlösen.Diese können sie z.B. auch in einer Versandapotheke in einem anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgeben.

gg)

Gegen die entsprechende Annahme des Landgerichts spricht schließlich auch, dass die sich an der Abgabe von Schutzmasken nach der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung beteiligenden Apotheken nicht verpflichtet sind, die in § 6 Satz 1 SchutzmV vorgesehene Eigenbeteiligung einzuziehen. Ebenso wie die Leistungserbringer nach § 33 Abs. 8 SGB V bei der Abgabe von Hilfsmitteln nicht verpflichtet sind, die Zuzahlung der gesetzlich Versicherten einzuziehen (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 42 ff. - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln), sind die Apotheken bei der Abgabe von Schutzmasken gemäß § 4 Abs. 2 SchutzmV nicht nach § 6 SchutzmV verpflichtet, die Eigenbeteiligung der anspruchsberechtigten Personen einzuziehen.

(1)Nach dem Wortlaut des § 6 Satz 1 SchutzmV hat jede anspruchsberechtigte Person bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 Satz 1 SchutzmV an die abgebende Apotheke eine Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR je Abgabe von sechs Schutzmasken zu leisten. Eine Verpflichtung der die Schutzmasken abgebenden Apotheke zur Einziehung der Eigenbeteiligung kommt in diesem Wortlaut nicht zum Ausdruck. Adressat dieser Bestimmung sind die anspruchsberechtigten Personen. Für diese wird eine Pflicht normiert, die Eigenbeteiligung an die abgebende Apotheke zu entrichten. Eine Verpflichtung der die Schutzmasken abgebenden Apotheke zur Einziehung der Eigenbeteiligung lässt sich auch dem Wortlaut des § 6 Satz 2 SchutzmV nicht entnehmen. Dieser ordnet an, dass die Eigenbeteiligung in der Apotheke verbleibt und auf den in § 5 Abs. 2 genannten Erstattungsbetrag angerechnet wird. Die von der anspruchsberechtigten Person zu leistende Eigenbeteiligung wird danach unmittelbar der Apotheke zugeordnet. Außerdem wird angeordnet, dass sich deren Erstattungsbetrag entsprechend mindert (vgl. Begründung des Referentenentwurfs, S. 17 zu § 6). Das bedeutet, dass sich der Erstattungsbetrag bzw. Erstattungsanspruch der Apotheke nach § 5 Abs. 2 SchutzmV automatisch um die Eigenbeteiligung verringert, ohne dass es auf eine Verrechnung oder ein sonstiges Tätigwerden der Apotheke ankommt.

Dass die Minderung des Erstattungsbetrags nur erfolgt, wenn die Apotheke die Eigenbeteiligung von dem Anspruchsberechtigten, an welchen sie die Schutzmasken abgibt, tatsächlich vereinnahmt, lässt sich § 6 SchutzmV nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich dies nicht daraus herleiten, dass § 6 Satz 2 SchutzmV auch anordnet, dass die Eigenbeteiligung in der Apotheke "verbleibt". Zum einen wird hiermit zum Ausdruck gebracht, dass die Eigenbeteiligung sofort der abgebenden Apotheke zustehen soll. Zum anderen hat der Verordnungsgeber insoweit offenbar nur den Fall vor Augen, dass die Eigenbeteiligung von den anspruchsberechtigten Personen in der Apotheke entrichtet wird. In diesem Fall soll die geleistete Eigenbeteiligung in der Apotheke verbleiben.

(2)Die Systematik der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung steht der Annahme einer fehlenden Einziehungspflicht nicht entgegen. Wie bereits ausgeführt, verringert sich der Erstattungsanspruch der Apotheke automatisch um die Eigenbeteiligung. Mangels anderweitiger Regelung in der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung ist hieraus zu folgern, dass die Apotheke das "Inkassorisiko" für die von den anspruchsberechtigten Personen zu leistende Eigenbeteiligung trägt. Ist dem so, handelt es sich bei der Eigenbeteiligung - nicht anders als bei Zuzahlung gesetzlich Versicherter bei Hilfsmitteln nach § 33 Abs. 8 SGB V (vgl. BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 46 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln) - um einen ihr zustehenden Betrag, der einen Teil ihrer "Gesamtvergütung" ausmacht.

(3)

Dem steht nicht entgegen, dass § 7 Abs. 2 SchutzmV bestimmt, dass die Apotheken für die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 SchutzmV mindestens einmal pro Monat eine - an das jeweilige Rechenzentrum zu übermittelnde - Abrechnung zu erstellen haben, aus der sich die Anzahl der abgegebenen Masken, die "eingenommenen Eigenbeteiligungen" und der geltend gemachte Erstattungsbetrag ergeben. Zwar bedarf es der Angabe der eingenommenen Eigenbeteiligungen zur Berechnung des Erstattungs- bzw. Abrechnungsbetrags der Apotheke an sich nicht unbedingt, wenn sich der Erstattungsbetrag der Apotheke pro sechs Schutzmasken automatisch um die Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR verringert. Die Angabe der Höhe der eingenommenen Eigenbeteiligungen dient jedoch der Prüfung der Plausibilität der Abrechnung. Außerdem wird § 7 Abs. 2 SchutzmV dahin auszulegen sein, dass die Apotheke im Falle eines Verzichts auf den Einzug der Eigenbeteiligung auch die Verzichts-Beträge anzugeben hat, weil sie sich in diesem Fall so behandeln lassen muss, als habe sie diese eingenommen. Sie darf jedenfalls keinen die Eigenbeteiligung unberücksichtigt lassenden Betrag abrechnen.

(4)Aus der Entstehungsgeschichte der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Eigenbeteiligung der Dispositionsbefugnis der Apotheke entzogen ist.

(5)Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung nicht für eine Einziehungspflicht der Apotheke. Die Bestimmung des § 6 Satz 1 SchutzmV dient - wie ausgeführt - zwar auch der Verhaltenssteuerung von anspruchsberechtigten Personen als Nachfrager von Schutzmasken. Sie sollen zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken angehalten werden. Ihr Bewusstsein für die mit der Abgabe der Schutzmasken verbundenen Kosten soll geschärft und so dazu beitragen werden, dass die Schutzmasken nicht von anspruchsberechtigten Personen bezogen werden, die die Schutzmasken gar nicht benötigen. Die Absicht, das Verhalten der anspruchsberechtigten Personen durch eine Eigenbeteiligungspflicht zu steuern, begründet aber kein Verbot gegenüber der Apotheke, auf die Einziehung der Eigenbeteiligung zu verzichten (vgl. BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 48 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Vielmehr ist die mit der Eigenbeteiligung und der Verhaltenssteuerung der Anspruchsberechtigten bezweckte Kostenreduzierung jedenfalls teilweise bereits durch die angeordnete Kürzung des Erstattungsanspruchs der Apotheke erreicht. Steht die Eigenbeteiligung sofort der Apotheke zu, kann sie frei darüber verfügen und auch darauf verzichten.

2.Die beanstandete Werbung verstößt auch nicht gegen §§ 3, 3a UWG i. V. m. § 7 HWG.

a)Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist es unzulässig, Zuwendungen oder sonstige Werbegaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, wenn keine der in den Nrn. 1 bis 5 dieser Vorschrift geregelten Ausnahmen vorliegt. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 a HWG gilt dieses grundsätzliche Verbot auch bei der Werbung für Medizinprodukte i.S.v. § 3 MPG (vgl. BGH, GRUR 2009, 1082 Rn. 13 - Sx & Mx; GRUR 2015, 504 Rn. 12 - Kostenlose Zweitbrille; GRUR 2017, 641 Rn. 34 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Das in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot von Werbegaben stellt eine Marktverhaltensregelung dar (vgl. BGH, GRUR 2017, 635 Rn. 27 - xxx; GRUR 2017, 641 Rn. 34 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln; GRUR 2019, 203 Rn. 16 - Versandapotheke). DieRegelung des § 7 Abs. 1 HWG soll durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr begegnen, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 34 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln, GRUR 2019, 203 Rn. 16 - Versandapotheke; GRUR 2019, 1071 Rn. 12 - yyy-Gutschein, jew. m. w. Nachw.).

b)Dahinstehen kann, ob es sich bei den beworbenen FFP2-Masken um Medizinprodukte i.S.v. § 3 MPG handelt. Voraussetzung hierfür wäre eine Zweckbestimmung nach § 3 Nr. 10 MPG zu einer medizinischen Indikation.

Prinzipiell sind FFP2-Masken allerdings Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) gemäß Art. 3 Abs. 1 lit a) Verordnung (EU) 2016/425 (vgl. z.B. OLG Brandenburg, GRUR-RS 2021, 5677 Rn. 14; Schucht, ARP 2021, 75, 76; BVS, Pressemitteilung v. 26.1.2021, DS 2021, 44; vgl. ferner die Hinweise des BfArM zur Verwendung von Mund-Nasen-Bedeckungen, medizinischen Gesichtsmasken sowie partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP-Masken)). Auch wenn FFP2-Schutzmasken in der gegenwärtigen Pandemielage zur Verhütung von Krankheiten tatsächlich verwendet werden, wird angenommen, dass ihre originäre Zweckbestimmung in dem allgemeinen Schutz gegen Gesundheitsrisiken durch ihre partikelfiltrierende Wirkung, z.B. gegen Staub, liegt und es sich bei diesen deshalb nicht um Medizinprodukte handelt (OLG Brandenburg, GRUR-RS 2021, 5677 Rn. 14). FFP-Masken werden demgemäß auch in der Begründung des Referentenentwurfs zur Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (S. 15 zu § 2 Abs. 3) als Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung eingestuft. Im Gespräch ist jedoch, ob FFP2-Masken ohne Ausatemventil aufgrund des damit bewirkten zusätzlichen Fremdschutzes auch ein Medizinprodukt darstellen und es sich bei solchen Masken mithin um ein "Doppelfunktionsprodukt" handelt (vgl. hierzu Schucht, NJW 2020, 1551, 1553; Klindt/Schucht, Produktsicherheitsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 69). Das bedarf im Streitfall indes keiner Vertiefung. Es kann dahinstehen, ob es sich bei den hier beworbenen FFP2-Masken (auch) um ein Medizinprodukt i.S.v. § 3 MPG handelt, das nach § 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG dem Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes unterfällt.

c)Selbst wenn dies zu bejahen sein sollte, scheidet ein Verstoß der Antragsgegnerin durch die beanstandete Werbung gegen das in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte Verbot von Werbegaben vorliegend aus. Denn die Antragsgegnerin kann sich jedenfalls auf den Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a HWG berufen.

aa)Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a HWG sind Zuwendungen oder Werbegaben zulässig, die in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag gewährt werden, sofern die Zuwendung nicht für preisgebundene Arzneimittel erfolgt. Danach sind Rabatte jeder Art für nicht apothekenpflichtige Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Heilmittel erlaubt (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 40 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln).

bb)Bei der Eigenbeteiligung nach § 6 Satz 1 SchutzmV handelt es sich um einen bestimmten Geldbetrag. Ein bestimmter Geldbetrag ist eine zahlenmäßig bestimmte Summe (BeckOK HWG/Reese, 5. Ed. Stand: 01.02.2021, § 7 Rn. 587). Das trifft auf die Eigenbeteiligung von zwei EUR je sechs Schutzmasken zu. Der Geldbetrag ist durch die Regelung in § 6 Satz 1 SchutzmV eindeutig bestimmt und ergibt sich auch aus der beanstandeten Werbung. Damit ist für die anspruchsberechtigte Person die mit der Ersparnis der Eigenbeteiligung verbundene Zuwendung ohne weiteres zu erkennen. Das genügt den Anforderungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a HWG. Weiteren Voraussetzungen unterliegen Barrabatte für Medizinprodukte nicht (BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 41 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln).

Dem steht nicht entgegen, dass die Gewährung eines unentgeltlichen Medizinprodukts grundsätzlich nicht als hundertprozentiger Geldrabatt angesehen werden kann, weil die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a HWG bei einem reinen Werbegeschenk nicht anzuwenden ist (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 06.08.2020 - 2 W 23/20, GRUR-RS 2020, 19707 Rn. 33 m. w. Nachw.). Eine derartige Fallkonstellation liegt hier nicht vor, weil die Apotheke nur die von dem Anspruchsberechtigten zu entrichtende Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR je sechs Masken übernimmt. Der Verzicht der Apotheke auf die Eigenbeteiligung nach § 6 Satz 1 SchutzmV kann insoweit nicht anders beurteilt werden als der Verzicht auf dieZuzahlung nach § 33 Abs. 8 SGB V (dazu BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 39 ff. -Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln).

cc)Der Regelung des § 6 Satz 1 SchutzmV ist eine Pflicht der abgebenden Apotheke zur Einziehung der Eigenbeteiligung nicht zu entnehmen, die einer Anwendung der für Barrabatte nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a HWG geltenden Ausnahme entgegensteht. Zum einen kann der Anwendungsbereich dieser Ausnahme zu einer Marktverhaltensregelung durch Regelungen, die keine Marktverhaltensregelungen sind, von vornherein nicht beschränkt werden (vgl. BGH, GRUR 2017, 641 Rn. 42 - Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Zum anderen ist die Apotheke nach § 6 SchutzmV, wie bereits ausgeführt, auch nicht verpflichtet, die Eigenbeteiligung einzuziehen.

d)

Bei dem Verzicht auf die Einziehung der Eigenbeteiligung handelt es sich auch nicht bezogen auf die auf der Internetseite der Antragsgegnerin angebotenen Arzneimittel um eine nach § 7 Abs. 1 HWG unzulässige Zuwendung oder Werbegabe.

aa)

Die beanstandete Werbung betrifft die Übernahme bzw. den Verzicht auf die Eigenbeteiligung gemäß § 6 Satz 1 SchutzmV bei der Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 2 SchutzmV gegen Vorlage einer Berechtigungsbescheinigung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 SchutzmV. Sie bezieht sich damit auf nach der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung an anspruchsberechtigte Personen durch die Apotheke abzugebende Schutzmasken. In Bezug auf diese gegen Vorlage der Berechtigungsbescheinigung abzugebenden Masken stellt der Verzicht auf die Eigenbeteiligung nach § 6 Satz 1 SchutzmV eine Zuwendung dar, die in einem bestimmten Geldbetrag gewährt wird. Mit dem Erwerb eines Arzneimittels oder eines anderen Mittels ist der beworbene Verzicht auf die Eigenbeteiligung bei der Abgabe der Schutzmasken durch die Apotheke nicht gekoppelt.

bb)Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass die Werbung mit der für die anspruchsberechtigten Verbraucher kostenlosen Abgabe der Schutzmasken in unmittelbarem Zusammenhang mit der Werbung für die auf der Internetseite ebenfalls beworbenen Arzneimittel erfolge und den Verbraucher zu dem diese Arzneimittel betreffenden Angebot leiten solle, gibt dies keinen Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung. Ob der Verzicht auf die Eigenbeteiligung in Höhe von zwei EUR je sechs Schutzmasken, was 0,33 EUR je Schutzmaske entspricht, beim Verbraucher ein Gefühl der Dankbarkeit entstehen lassen kann, mag dahinstehen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass bei kostenlosen Leistungen oft zu erwarten ist, dass sich der Empfänger in irgendeiner Weise erkenntlich zeigen wird, und man annimmt, dass dies auch hier gilt, obgleich der Verbraucher die für ihn infolge der Übernahme der Eigenbeteiligung kostenlosen Schutzmasken nicht in der Apotheke abholen muss, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Denn dies trifft prinzipiell genauso auf die Werbung mit der Übernahme der Zuzahlung gesetzlich Versicherter bei Hilfsmitteln nach §§ 33 Abs. 8, 61 Satz 1 SGB V zu, welche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gegen § 7 Abs. 1 HWG verstößt. Der Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln stellt nicht zugleich eine Werbegabe in Bezug auf von der Apotheke angebotene Arzneimittel dar. In Bezug auf die Eigenbeteiligung bei Schutzmasken kann nichts anderes gelten.

cc)Darauf, ob die beanstandete Werbung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG auch deshalb nicht unzulässig ist, weil der nicht eingezogene Eigenanteil von zwei EUR je sechs Schutzmasken eine geringwertige Kleinigkeit darstellt (vgl. OLG Brandenburg, GRUR-RS 2021, 5677 Rn. 15), kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Eines Ausspruches zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, weil das vorliegende Urteil als zweitinstanzliche Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Verfügung keinem Rechtsmittel mehr unterliegt (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und ohne besonderen Ausspruch endgültig vollstreckbar ist.

F. Dr. F. H.

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