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Segelschulschiff "Gorch Fock": Stolz, Tradition, Skandale

Foto: Carsten Rehder/ dpa

Segelschulschiff der Bundeswehr "Gorch Fock"-Crew hörte Rechtsrock

Dem Segelschulschiff "Gorch Fock" droht ein neuer Skandal: Auf der ersten großen Ausbildungsreise nach dem Tod einer Kadettin wurde offenbar Rechtsrock abgespielt. Ein Kamerateam des NDR filmte die Szene. Der Kommandant ermittelt nun in dem Fall.

Hamburg - Der Marine droht neuer Ärger um ihr Segelschulschiff "Gorch Fock". Auf einer der ersten Ausbildungsfahrten des Schiffs nach dem Tod einer Offiziersanwärterin haben Crewmitglieder offenbar rechtsextreme Musik gehört. Das zeigen laut Norddeutschem Rundfunk Aufnahmen, die ein Kamerateam an Bord des Schiffes gedreht hat.

Das NDR-Team begleitete das Schiff auf einer Überfahrt von Madeira nach London. Auf den Aufnahmen sind Soldaten bei der Müllentsorgung zu sehen, dabei dröhnt laute Rockmusik durch den Raum. Laut der Sendung "Panorama 3" handelt es sich um ein Lied der Band "Kategorie C", die vom Verfassungsschutz der rechtsextremistischen Hooligan-Szene zugerechnet wird.

Auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE teilte der NDR mit, dass die Aufnahmen bereits im April gemacht wurden. Ein NDR-Reporter hatte die Ausbildungsfahrt von Madeira nach London dreieinhalb Wochen lang begleitet. Daraus wurde eine Reportage, die der NDR erstmals am 21. Juni ausstrahlte. Als die Dokumentation nun am vergangenen Samstag wiederholt wurde, fiel sowohl Zuschauern als auch einem Mitarbeiter auf, welche Musik da an Deck zu hören war.

"Panorama 3" veröffentlichte daraufhin die fragliche Szene erneut . Darin ist der Song laut zu hören. Laut der NDR-Sendung soll es sich um das Lied "Gleich raucht's" handeln. Im Songtext heißt es unter anderem:

"Der Wahnsinn nimmt weiter seinen Lauf / Die Retter Deutschlands setzen einen drauf / Wenn die Wut einen zum Explodieren bringt, man sich nicht mehr unter Kontrolle kriegt / Wenn das Blut in den Adern gefriert, dann ist es meistens schon passiert. / Ja gleich raucht's. Nimm dich in acht ich bin mal wieder unterwegs / Wo ich bin da willst du nicht sein. Ich bin wie ein Jäger der sein Wild erlegt."

Beliebte Band in der Hooligan-Szene

Die Band "Kategorie C - hungrige Wölfe" aus Bremen selbst gibt sich unpolitisch und bestreitet, rechtsextrem zu sein. Sie ist jedoch in der rechtsextremen Hooligan-Szene beliebt. Ihr Name "Kategorie C" bezieht sich auf die polizeiliche Einstufung "gewaltsuchender" Fußballfans. Auf Konzerten der Band versammeln sich laut Verfassungsschutz Rechtsextreme. Dort werden laut Ermittlern auch gewaltverherrlichende Texte gesungen.

Andere Texte der Band verraten ihre politische Einstellung. So heißt es in einem Lied des Sängers der Band zur Fußball-WM 2006.

"Deutschland dein Trikot / Das ist schwarz und weiß / Doch leider auch die Farbe deiner Spieler / In München, Rom und Bern, da gab's noch echte Deutsche / solche Jungs und diese Siege hätten wir jetzt gerne wieder!"

Auf einem Konzert im Jahr 2011 soll die Gruppe mit Publikum das Volkslied "Hoch auf dem gelben Wagen" so gesungen haben: "Hoch auf dem gelben Wagen, sitz' ich beim Führer vorn ... lustig schmettert das MG."

"Gorch Fock"-Kommandant ermittelt

Dass die Musik nun auf der "Gorch Fock" gespielt wurde, erfuhr die Marine erst durch eine NDR-Anfrage. Fregattenkapitän Uwe Rossmeisl vom Marinekommando Rostock sagte SPIEGEL ONLINE, dass der Kommandant der "Gorch Fock" nun in dem Fall ermittle. "Zunächst muss geklärt werden, wer die Musik überhaupt abgespielt hat." An Bord des Segelschulschiffes befinden sich neben den Kadetten auch Offiziere und Stammbesatzung. Dann wird laut Rossmeisl geklärt, ob dienstrechtliche und/oder strafrechtliche Vergehen vorlägen.

Rossmeisl sagte gegenüber "Panorama 3", "dass das Thema Rechtsextremismus in der Marine wie in der Bundeswehr insgesamt im Fokus aufmerksamer Beobachtungen steht und extremistischen Tendenzen mit Entschiedenheit entgegengetreten wird".

Das Segelschulschiff stand zuletzt mehrfach wegen Skandalen in den Schlagzeilen. Im November 2010 stürzte eine 25-jährige Offiziersanwärterin bei einer Segelübung in den Tod. Die Kadetten-Ausbildung der "Gorch Fock" war unmittelbar nach dem Unfall ausgesetzt worden. Zwei Jahre zuvor war bereits eine 18-Jährige während eines Trainings aus ungeklärten Gründen ertrunken.

Die "Gorch Fock" geriet zudem wegen fragwürdiger Ausbildungsmethoden und Vorwürfen sexueller Belästigung in die Schlagzeilen. In einem Bericht des Verteidigungsministeriums wurden auch Fehler bei der Dienstaufsicht an Bord festgestellt. Im November 2012 stach die "Gorch Fock" erstmals nach den Skandalen wieder in See.