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Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 2019 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 75.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Antragsteller mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.
31. Bezüglich des Antrags zu 1.,
4die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die dem Antragsteller zuletzt unter dem 26. Januar 2015 erteilte Genehmigung für Krankentransporte vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 31. Dezember 2019 zu verlängern,
5hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Vielmehr verbleiben bei summarischer Prüfung der Sachlage ernsthafte Zweifel daran, dass der Antragsteller einen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Genehmigung hat. Nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der für die Genehmigungserteilung zu führende Nachweis der Leistungsfähigkeit des Antragstellers nicht erbracht.
6Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 RettG NRW setzt die (Wieder-)Erteilung der gemäß § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 RettG NRW für die Wahrnehmung von Aufgaben der Notfallrettung oder des Krankentransports durch Unternehmer erforderlichen Genehmigung u.a. voraus, dass die Leistungsfähigkeit des Betriebs gewährleistet ist. Dies soll zum einen die Allgemeinheit vor finanziell bedingten Betriebsunterbrechungen schützen. Zum anderen kommt der Leistungsfähigkeit des Betriebs im Hinblick auf das Integritätsinteresse der mit der Tätigkeit eines Rettungs- oder Krankentransportunternehmers in Berührung kommenden Personen besondere Bedeutung zu. Sie dient der Prävention und Qualitätssicherung, denn sie beugt der abstrakten Gefahr vor, dass finanziell angeschlagene Betriebe wirtschaftlichen Aspekten Vorrang vor fachlich-medizinischen geben, was Gesundheit und sogar Leben der Patienten schaden könnte.
7Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Oktober 2003 ‑ 13 A 3696/02 –, juris, Rn. 11, und vom 9. September 2010 – 13 A 473/09 –, juris, Rn. 11.
8Vor diesem Hintergrund ist die Leistungsfähigkeit nach § 19 Abs. 2 Satz 2 RettG NRW nur dann gewährleistet, wenn der Genehmigungsbehörde im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung positiv nachgewiesen wird, dass sowohl zur Aufnahme als auch zur weiteren ordnungsgemäßen Führung des Betriebs die erforderlichen Mittel verfügbar sind.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. September 2010 – 13 A 473/09 –, juris, Rn. 9.
10Dies setzt u.a. Zahlungsfähigkeit voraus, damit die Verbindlichkeiten, die aus dem Betrieb erwachsen, erfüllt werden können.
11Vgl. dazu im Einzelnen Prütting, RettG NRW, 4. Aufl. 2016, § 19 Rn. 4.
12Mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und/oder Überschuldung (§ 18 InsO) spricht – wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat – jedenfalls Überwiegendes dafür, dass die Leistungsfähigkeit i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 RettG NRW nicht gewährleistet ist,
13vgl. zur Wirkung eines Insolvenzantrags: OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2010 – 13 A 1456/10 –, juris, Rn. 10; Cranshaw, jurisPR-InsR 25/2010 Anm. 2.
14Dass nach der Insolvenzrechtsreform aus dem Jahr 2017,
15vgl. Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz, in Kraft getreten am 5. April 2017, BGBl. I 2017, 654,
16mit der der Gesetzgeber ‑ so das Beschwerdevorbringen ‑ erneut deutlich gemacht habe, dass der Insolvenzschuldner eine „zweite Chance“ erhalten solle, anderes gelte, legt der Antragsteller nicht dar. Dass die weitere Ausübung der Krankentransporte für seinen Weg aus der Insolvenz unerlässlich sei, vermag die Anforderungen, die § 19 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 RettG NRW mit Blick auf das wichtige Schutzgut des o.g. Integritätsinteresses der vom Rettungs- oder Krankentransportunternehmer zu befördernden Personen aufstellt, nicht zu verringern. Vielmehr sind – angesichts des wichtigen Schutzzwecks – an den nach § 19 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 RettG NRW zu führenden Nachweis, dass die erforderlichen Mittel nicht nur für die (Wieder‑)Aufnahme des Betriebs nach (Neu‑)Erteilung der Genehmigung, sondern auch für die ordnungsgemäße Betriebsführung während der Genehmigungsdauer zur Verfügung stehen, auch und gerade nach der Eröffnung eines Insolvenzver-fahrens hohe Anforderungen zu stellen.
17Diesen Nachweis hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht erbracht. Soweit er auf das Guthaben auf dem Notaranderkonto verweist, dessen Stand am Tag der Insolvenzeröffnung die Liquidität ausweise, mit der er in die Betriebsfortführung starte, fehlt es an der Darlegung, für welchen Zeitraum damit die laufenden Verbindlichkeiten gedeckt werden können. Auch bezüglich der auf der Umsatz- und Aufwandsstruktur des Vorjahres beruhenden Rentabilitätsplanung für das Jahr 2019 ergibt sich keine von der des Verwaltungsgerichts abweichende Bewertung. Ihr fehlt die hinreichende Aussagekraft. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die anhand der Daten des Vorjahres pauschal prognostizierten Fahrten. Diese Prognose bedürfte der näheren Darlegung, jedenfalls nachdem die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 30. Januar 2019 sowie in der Beschwerdeerwiderung darauf hingewiesen hat, dass der Bedarf des Vorjahres nicht ohne Weiteres auf das Jahr 2019 werden kann. Sie hat im Einzelnen ausgeführt, dass nach dem ihr vorliegenden Datenmaterial wegen des Wegfalls der Transporte zwischen den am 26. Mai 2018 zusammengelegten Kliniken N. I. und G. mit erheblich weniger Fahrten zu rechnen sei als im Vorjahr.
18Daraus, dass der Antragsteller beabsichtigt, ein Insolvenzplanverfahren zu seiner Entschuldung durchzuführen und den Betrieb aufrechtzuerhalten, ergibt sich nichts anderes. Ein Insolvenzplan ist bisher noch nicht aufgestellt (§§ 217 ff. InsO), erst recht ist er nicht angenommen (§§ 235 ff. InsO). Ob das Insolvenzplanverfahren wie beabsichtigt durchgeführt werden kann, unterliegt nach Aktenlage erheblichen Unsicherheiten. Bezüglich der mit ihm verfolgten Sanierung nimmt der Antragsteller selbst an, dass lediglich erste Sanierungsansätze zu einer Ergebnisverbesserung – und damit zu einer mittel- und langfristigen Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität des Unternehmens – identifiziert sind (Schreiben des Insolvenzverwalters vom 25. Februar 2019, Seite 2). Soweit solche Maßnahmen benannt werden, ist ihre Umsetzung ungewiss und wirft weitere Fragen auf u.a. hinsichtlich des (Im-)Mobilliar-vermögens sowie der laufenden Kosten des Antragstellers. So wird einerseits erwo-gen, zur Reduzierung der Reparaturkosten an Kraftfahrzeugen auf Mietfahrzeuge umzustellen (Schreiben des Insolvenzverwalters vom 25. Februar 2019, Seite 2), andererseits heißt es, ein Verkauf der Fahrzeuge, die zum Anlagevermögen zu rech-nen seien, sei nicht beabsichtigt (Schreiben des Insolvenzverwalters vom 25. Feb-ruar 2019, Seite 3). Bezüglich der Betriebsimmobilie hat der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 24. Januar 2019 ausgeführt, durch einen Verkauf des zuvor an den Antragsteller zu vermietenden Grundstücks werde sowohl den gesicherten als auch den ungesicherten Gläubigern eine Planquote angeboten, die die Umsetzung des Insolvenzplans sicherstelle. Im Schreiben vom 25. Februar 2019 (Seite 3) heißt es dagegen, ein Verkauf der als Anlagevermögen zu Gunsten des Antragstellers zu berücksichtigenden Betriebsimmobilie sei nicht beabsichtigt.
19Mit dem Einwand, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass er lediglich die Wiedererteilung der befristeten Genehmigung begehre, weswegen ihm § 12 GewO oder zumindest dessen Rechtsgedanke zugutekomme dringt der Antragsteller nicht durch. Diese Regelung schließt die Anwendung von Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes und die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse während eines Insolvenzverfahrens aus. Unabhängig davon, dass mit Blick auf die wichtigen Schutzgüter der §§ 17 ff. RettG NRW öffentliche Interessen einer Anwendbarkeit dieser Vorschrift (oder ihres Rechtsgedankens) auf das Spezialgebiet des privaten Rettungsdienstes entgegenstehen dürften,
20vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Oktober 2003 – 13 A 3696/02 –, juris, Rn. 15,
21ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Untersagung, die Rücknahme und den Widerruf einerseits und die Vorschriften über die (Wieder-)Erteilung von Genehmigungen und Erlaubnissen andererseits systematisch voneinander zu trennen sind. Für eine (analoge) Anwendung des § 12 GewO oder seines Rechtsgedankens auf die (Wieder-)Erteilung ist kein Raum.
22Vgl. Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. November 2017 – 3 Bs 199/17 –, juris, Rn. 12; gegen eine analoge Anwendung der Norm auf Erteilungsverfahren ausführlich: OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2011 – 4 A 1115/10 –, juris, Rn. 72 ff.
23Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller darauf, dass er aufgrund der vorgelegten Vergleichsvereinbarung vom 26. Januar 2015, die auf einen längerfristigen Zeitraum ausgelegt gewesen sei, und des Umstands, dass er seit dem Jahr 1983 fortlaufend Genehmigungen erhalten habe, auf die Wiedererteilung habe vertrauen dürfen. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein solcher Vertrauenstatbestand grundsätzlich bestehen kann, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls angesichts der bezüglich der Leistungsfähigkeit mit dem Insolvenzantrag und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens veränderten Umstände scheidet ein schützenswertes Vertrauen des Antragstellers auf die Wiedererteilung der Genehmigung aus.
24Ob der geltend gemachte Anspruch – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat – unabhängig vom Vorliegen der subjektiven Genehmigungsvoraussetzung des § 19 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 RettG NRW auch deshalb ausscheidet, weil derzeit nicht feststeht, ob einer Genehmigungserteilung an den Antragsteller in objektiver Hinsicht § 19 Abs. 4 Satz 1 RettG NRW entgegensteht, kann dahinstehen.
252. Bezüglich des Antrags zu 2.,
26der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, Dritte (insbesondere Hilfsorganisation) mit Aufgaben des Krankentransportes in ihrem Stadtgebiet ohne ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren unter Einbeziehung des Antragstellers zu beauftragen oder Genehmigungen zu erteilen, die eine Genehmigungserteilung an ihn gefährden könnten,
27legt der Antragsteller auch mit der Beschwerde nicht dar, dass er derzeit das besondere, vom Verwaltungsgericht verneinte Rechtsschutzbedürfnis hat, das eine vorbeugende Untersagung voraussetzt. Die Antragstellerin hat bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt, dass sie derzeit lediglich vorgeht, wie ihr Rettungsdienstbedarfsplan (§ 12 RettG NRW) es für den Ausfall des Antragsteller vorsieht, um die Erfüllung der im öffentlichen Interesse bestehenden Aufgaben des Rettungsdienstes nach § 6 RettG NRW zu gewährleisten, ohne dass eine (Neu-)Beauftragung anerkannter Hilfsorganisationen nach § 13 RettG NRW oder die Erteilung von Genehmigungen an Unternehmen nach § 17 ff. RettG NRW konkret bevorsteht. Ob solche Maßnahmen einen Teilhabeanspruch des Antragstellers zu verletzen drohten, bedarf keiner Entscheidung.
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
30Dieser Beschluss ist unanfechtbar.