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Am 20. September 2023 formte der ÖGB eine Menschenkette gegen die Teuerung
Am 20. September 2023 formte der ÖGB eine Menschenkette gegen die Teuerung lisalux2023

Jahresrückblick

2023: Streiks, Proteste, Demonstrationen

 

Im Jahr 2023 blicken wir auf einen besonders herausfordernden Lohnkampf zwischen den Kollektivvertragspartner zurück, die die Sozialpartnerschaft auf eine harte Probe gestellt hat. Die Gewerkschaften forderten gerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, damit sie mit ihrem Einkommen auch ein Auskommen im Lebensalltag finden können. Bereits mit Jahresbeginn waren Betriebsversammlungen und Kundgebungen nötig, um die gewerkschaftlichen Forderungen für eine angemessene Einkommenserhöhung und bessere Arbeitsbedingungen nachdrücklich zu stützen. Aufgrund der Blockadehaltung der Arbeitgebervertreter:innen und einem fehlenden Austausch auf Augenhöhe wurde die Sozialpartnerschaft 2023 jedoch schwer belastet. Während der heiß umkämpften Herbstlohnrunden kam es deshalb zu ausgedehnten gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen. Die Beteiligung der Arbeitnehmer:innen an den österreichweiten Warnstreiks war riesengroß, die Kampfmaßnahmen für gerechten Lohn- und Gehalt und für mehr Wertschätzung der Arbeit fanden auch in der Bevölkerung breite Zustimmung.

 

Kollektivvertrag

Bei der Betriebsrätekonferenz der IT-Branche wurden Protestmaßnahmen beschlossen
Bei der Betriebsrätekonferenz der IT-Branche wurden Protestmaßnahmen beschlossen

Jänner 2023: Betriebsratsversammlung und Kundgebung IT-Branche

Am 29. September 2022 übergab die GPA ihre Forderungen zur anstehenden Kollektivvertragsverhandlung für die rund 65.000 Beschäftigten in der IT-Branche an UBIT und die WKÖ: Gehaltserhöhungen über der durchschnittlichen Inflationsrate, schnellere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche, Freizeitoption etc. Die folgenden Verhandlungsrunden verliefen ergebnislos.

Rund 100 Betriebsräte tauschten sich bei einer Konferenz am 12. Jänner 2023 aus und beschlossen am 23. Jänner in Wien und Linz zu Kundgebungen zu organisieren. 500 Beschäftigte gingen auf die Straße und forderten einen fairen Gehaltsabschluss.

Am 1. Februar 2023 war es so weit der Kollektivvertrag war abgeschlossen. Die durchschnittliche Mindesterhöhung der Kollektivvertragslöhne lag bei 8,81 Prozent, wobei die niedrigsten Gehälter am meisten stiegen. Die Lehrlingseinkommen wurden zwischen 100 und 150 Euro je nach Lehrjahr erhöht.

 

 

Jänner 2023: Betriebsrätekonferenz Beschäftigter bei privaten Autobusbetrieben

Am 7. Dezember 2022 begann die Gewerkschaft vida mit dem Fachverband der privaten Autobusunternehmungen in der WKÖ die Kollektivvertragsverhandlungen für rund 15.000 Beschäftigte bei privaten Autobusbetrieben. Die Gewerkschaftsforderung war klar, eine kräftige Lohnerhöhung gegen die enorme Teuerung. Die Arbeitgeber hingegen legten ein für die vida „inakzeptables Angebot vor“, dass zu Reallohnverlusten geführt hätte. Nachdem auch die zweite Verhandlungsrunde kein Ergebnis brachte, befragte die vida die Mitglieder. 87 Prozent stimmten gegen das Arbeitgeberangebot und 89 für gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen.

Am 18. Jänner 2023 berieten sich Betriebsräte in Wien und bestätigten die Gewerkschaftsforderungen nach Inflationsabgeltung (rollierende Inflation lag bei 7,5 Prozent), Reallohnerhöhung und höheren Einstiegslöhnen. Letzteres vor allem in Hinblick auf den Arbeitskräftemangel. Wie so oft, machte sich auch bei diesen Kollektivvertragsverhandlungen der Druck bezahlt. Am 19. Jänner 2023 einigten sich die Sozialpartner.

Gehaltserhöhungen bis zu 11,1 Prozent, somit wurden 2.000 Euro Mindestbruttolohn erreicht und somit höhere Einstiegsgehälter, zusätzlich erhalten die Beschäftigten eine Teuerungsprämie in der Höhe von 250 Euro. Außerdem wird sich bereits im März 2023 eine Arbeitsgruppe der Sozialpartner treffen, um über die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen zu sprechen.

Die Gewerkschaft younion Oberösterreich übergab eine von 10.000 unterschriebene Petition an den Landtag. V.l.n.r. Peter Steinerberger, Christian Jedlinger, Karin Decker, Mario Kalod@younion OÖ.
Die Gewerkschaft younion Oberösterreich übergab eine von 10.000 unterschriebene Petition an den Landtag. V.l.n.r. Peter Steinerberger, Christian Jedlinger, Karin Decker, Mario Kalod younion OÖ

 

  1. Jänner 2023: Petition der Gemeindebediensteten in Oberösterreich

Am 13. Jänner 2023 übergab die Gewerkschaft younion in Oberösterreich eine von 10.000 Menschen unterschriebene Petition „Faire Löhne und Pensionen für ALLE“ an die Landesregierung. Darin forderten sie bessere Löhne und Pensionen für alle Gemeindebediensteten in Oberösterreich.

Warnstreik in Privatkrankenhäusern
Warnstreik in Privatkrankenhäusern vida

 

  1. Februar 2023: Warnstreik Privatkrankenhäuser

Im Jahr 2022 rangen die Verhandler:innen der Gewerkschaft GPA und WKÖ für Beschäftigte in den Privatkrankenanstalten in fünf Runden erfolglos über ein spürbares Einkommensplus. Die GPA-Forderungen waren klar: 2.000 Euro Mindestlohn, Arbeitszeitverkürzung und eine Einmalzahlung.

Am 18. Jänner 2023 beschlossen Teilnehmende an der Betriebsrätekonferenz gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen, sollte es bei der sechsten Verhandlungsrunde zu keinem annehmbaren Ergebnis für die rund 10.000 Beschäftigten kommen, würde es einen Warnstreik geben. Der dreistündige Warnstreik fand am 14. Februar 2023 statt.

Der Druck machte sich bezahlt, am 15. März 2023 stand das Ergebnis fest: Teuerungsprämie von viermal 400 Euro, 10,56 Prozent mehr Gehalt, jedenfalls aber eine Mindesterhöhung von 180 Euro, sowie ein Mindestentgelt von 2000 Euro brutto pro Monat und eine Arbeitszeitreduktion auf 39 Stunden pro Woche.

 

 

  1. März 2023: Betriebsversammlungen und Kundgebungen Beschäftigter im Kreditwesen

Die Globalrunde zu den Kollektivvertragsverhandlungen für die Beschäftigten im Kreditwesen (Banken-KV) begannen am 21. Februar. Die Forderungen der GPA waren u. a. die Einführung der 36-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und eine Gehaltserhöhung um 10,6 Prozent. Obwohl die Branche im Jahr 2022 einen Rekordgewinn von 4,4 Mrd. Euro verzeichnete, reagierten die Arbeitergeber nicht. Sie legten kein Gegenangebot vor. Nach drei erfolglosen Verhandlungsrunden erhöhte die GPA den Druck. Ab dem 20. März 2023 wurden Betriebsversammlungen einberufen und für den 24. April 2023 eine Menschenkette um die Wiener Börse angekündigt. Diese war nicht mehr nötig, da am 23. März der neue Kollektivvertrag vereinbart wurde.

Die Gehälter für die etwa 60.000 Beschäftigten steigen um 7,9 Prozent zuzüglich eines Fixbetrages von 51,50 Euro. Dies entspricht einer Gehaltserhöhung um durchschnittlich 9,48 Prozent. Die Lehrlingseinkommen steigen um 10 Prozent, die Kinderzulage um 9,6 Prozent.

Flyer zum AUA-Warnstreik © vida.
Flyer zum AUA-Warnstreik

 

 

  1. März 2023: AUA-Warnstreik

Nach dem unerwartet guten Ergebnis der AUA im Sommer und der vorzeitigen Rückzahlung des für die Zeit der Pandemie staatlich besicherten Kredits begann die Gewerkschaft vida Gespräche mit dem AUA-Vorstand über ein Ende des Personalsparpakets und über eine angemessene Gehaltsanpassung für die rund 3.200 Flugbegleiter:innen und Pilot:innen. Der AUA-Vorstand brach jedoch die Gespräche ab. Also wurde für den 7. März 2023 eine Betriebsversammlung des Boardpersonals am Flughafen Wien einberufen, die zu einem Warnstreik mit rund 1.200 Teilnehmenden bis 14.30 Uhr führte.

Am 22. März 2023 hieß es „Geld oder Streik“ daraus resultierte eine erneute Betriebsversammlung am 28. März. Bei der das Angebot des AUA-Vorstandes abgelehnt wurde und ein Streik angedacht wurde. Schließlich kam es zu einer Einigung. Das AUA-Bordpersonal erhält eine Gehaltserhöhung von elf Prozent inklusive Teuerungsbonus.

Betriebsversammlungen der Speditions- und Lagerarbeiter:innen, hier Schenker im Alberner Hafen © vida.
Betriebsversammlungen der Speditions- und Lagerarbeiter:innen, hier Schenker im Alberner Hafen

 

  1. und 15. März 2023 Betriebsversammlungen Speditions- und Lagerarbeiter:innen

Die Gewerkschaft vida forderte für die rund 25.000 Arbeiter:innen in den Speditions- und Lagereibetrieben Teuerungsabgeltung, die rollierende Inflation lag bei 8,6 Prozent, plus Reallohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung. Die Arbeitgeber boten eine Teuerungsprämie von 600 Euro, die Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 38,5 Wochenstunden und 3,9 Prozent Lohnerhöhung. Das Angebot war für die vida nicht annehmbar, deshalb wurden am 14. und 15. März 2023 Betriebsversammlungen einberufen.

Mitte April einigten sich die Sozialpartner in der vierten Verhandlungsrunde auf eine steuerfreie Teuerungsprämie von 600 Euro, die Arbeitszeitverkürzung und Erhöhung der Stundenlöhne. Die Kombination daraus bedeutet durchschnittlich 11,3 Prozent mehr Geld in den Börserln der Beschäftigten.

Betriebsräte forderten bei einer Betriebsrätekonferenz eine kräftige Lohnerhöhung © PRO-GE
Betriebsräte forderten bei einer Betriebsrätekonferenz eine kräftige Lohnerhöhung PRO-GE

 

 

  1. April 2023: Betriebsrätekonferenz Elektro- und Elektronikindustrie

Die Gewerkschaft PRO-GE übergab am 8. März 2023 das Forderungspapier für die Kollektivvertragsverhandlungen für rund 60.000 Beschäftigte in der Elektro- und Elektronikindustrie an die Sozialpartner. Darin enthalten waren neben Lohnerhöhung von 12,9 Prozent auch Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter:innen auf 36 Wochenstunden, die leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche sowie erleichterten Zugang zur Freizeitoption.

Die ersten beiden Verhandlungsrunden verliefen ergebnislos. Also berief die PRO-GE eine Betriebsrätekonferenz am 17. April 2023 ein, um mit den Teilnehmenden die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Zwei Tage später einigten sich die Sozialpartner auf einen Abschluss: Die Löhne stiegen um bis zu 14,6 Prozent und die Lehrlingseinkommen um 10,5 Prozent und die Umwandlung der Ist-Erhöhung in mehr Freizeit wurde möglich (16 Stunden und 30 Minuten pro Monat).

Betriebsversammlungen, Kundgebungen und Warnstreik für den BABE-Kollektivvertrag, hier in Kärnten © ÖGB Kärnten.
Betriebsversammlungen, Kundgebungen und Warnstreik für den BABE-Kollektivvertrag, hier in Kärnten ÖGB Kärnten.

 

 

  1. April/3.-4. Mai 2023: Öffentliche Betriebsversammlung, Kundgebungen, Warnstreik der Erwachsenenbildner:innen

Unter dem Motto „Erwachsenenbildung ist mehr wert“ fanden am 18. April 2023 in Kärnten und Tirol - und in den restlichen Bundesländern am 20. April 2023 - öffentliche Betriebsversammlung und Kundgebungen der Beschäftigten in der Österreichischen Erwachsenenbildung (GPA, vida) statt. Der Grund war, dass es nach drei stattgefundenen Kollektivvertrags-Verhandlungsrunden noch immer kein Ergebnis gab. Als es nach vier Runden immer noch keinen Abschluss für die rund 9000 Beschäftigten gab, fanden am 3. und 4. Mai 2023 Warnstreiks statt. Rund 1.300 Erwachsenenbildner:innen legten in 35 Betrieben in ganz Österreich für drei Stunden die Arbeit nieder.

Bei der fünften Runde kam es zu einer Einigung der Sozialpartner. Die Einkommen stiegen um durchschnittlich 10,03 Prozent. 

Wertschätzung und mehr Lohn forderten die Bewacher:innen in Wien © cardes production.
Wertschätzung und mehr Lohn forderten die Bewacher:innen in Wien cardes production

 

 

  1. Juni 2023: Flashmob der Bewacher:innen in Wien

Die Gewerkschaft vida veranstaltete gemeinsam mit Bewacher:innen am 15. Juni 2023 einen Flashmob für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Eine wesentliche Forderung ist ein monatlicher Brutto-Mindestlohn von 2.100 Euro. „Die Kosten für das tägliche Leben sind seit den Kollektivvertragsverhandlungen im Herbst noch einmal deutlich gestiegen und höher als prognostiziert. Menschen müssen von einem Vollzeitjob leben können“, sagt vida-Gewerkschafter Kopp. Außerdem müssen Arbeitgeber für Dienstplansicherheit sorgen. „Dienstzeiten müssen fix geplant und eingehalten werden. Kurzfristige Änderungen sind möglich, allerdings muss Einspringen einen Wert bekommen und abgegolten werden“, so Kopp.

Betriebsrätekonferenz in Wien am 5. Oktober 2023 © GPA.
Betriebsrätekonferenz in Wien am 5. Oktober 2023 GPA

 

 

 

  1. Oktober Betriebsrätekonferenz Handel

Knapp drei Wochen vor Start der Kollektivvertragsverhandlungen im Handel trafen sich über 200 Betriebsräte zu einer Konferenz in Wien. Die Beteiligten stimmten sich auf die herausfordernden Verhandlungen, die im Zeichen der Teuerungen und Inflation standen, ein. Die Betriebsräte zeigten Entschlossenheit, hohe Kampfbereitschaft und Einigkeit – alle Beschlüsse wurden einstimmig gefasst. 

 

  1. November Betriebsrätekonferenz SWÖ

Aufgrund der stockenden Kollektivvertragsverhandlungen riefen die Gewerkschaften GPA und vida riefen zu einer österreichweiten Betriebsrätekonferenz ein. Dabei wurden die Einberufung von Betriebsversammlungen beschlossen, um die Beschäftigten im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich über die neuesten Entwicklungen zu informieren. Ebenso wurde im Rahmen der Betriebsrätekonferenz um eine vorsorgliche Streikfreigabe bei den zuständigen Gewerkschaften ersucht, um Kampfmaßnahmen auf den Weg bringen zu können, sollten die weiteren KV-Verhandlungen keine Einigung bringen.

 

  1. November: Solidaritätskundgebung für entlassene Personalvertretung

 

 

 

  1. November 2023: Aktion für mehr Wertschätzung

Zum Start der KV-Verhandlungen am 7. September waren die Anhebung des Mindestlohns auf 2.100 Euro im Monat, akkurate Zuschläge bei Nachtarbeit und kurzfristigen Dienstplanänderungen sowie spürbar mehr Wertschätzung für die Arbeitnehmer:innen die zentralen Anliegen der Arbeitnehmervertretung. Die Grundpositionen der Sozialpartner lagen jedoch weit auseinander. Zwei Verhandlungsrunden wurden erfolglos abgebrochen, vor dem dritten Treffen der Verhandler gab es eine Protestkundgebung für mehr Wertschätzung für die rund 16.000 Beschäftigten des Bewachungsgewerbes. Vor der Wirtschaftskammer Österreich fanden sich zahlreiche Demonstrierende ein, die die ankommenden Arbeitgeber mit ihren Forderungen lautstark konfrontierten. Während der dritten Verhandlungsrunde konnten die Sozialpartner in letzter Sekunde eine Einigung erzielen. Gernot Kopp, vida-Verhandlungsleiter KV Bewachung, zeigte sich nach dem erfolgreichen Abschluss des Kollektivvertrages zufrieden. Von der Arbeitnehmervertretung konnte eine Lohnerhöhung um durchschnittlich 10,3 Prozent und ein Zulagenplus von 6,9 Prozent durchgesetzt mit Geltungsdauer 01.01.2023 durchgesetzt werden. Des weiteren wurde im Rahmen der Verhandlung ein Fahrplan zur Umsetzung des monatlichen Brutto-Mindestlohns von 2.000 Euro ab 01.01.2024 beschlossen.

Ardo
Arbeiter:innen bei Ardo Austria Frost streiken für Lohnerhöhung

 

 

Streik bei Ardo Austria Frost

„Es reicht! Die Kolleginnen und Kollegen sind massiv von der Teuerung betroffen und brauchen jeden Euro, um über die Runden zu kommen. Trotz eines Konzerngewinns von rund 78 Millionen Euro, werden seit Wochen Verhandlungen über eine Erhöhung der Löhne und Zulagen verweigert. Wir werden von der österreichischen Werksleitung und von den belgischen Konzernmanagern im Kreis geschickt. Das ist respektlos“, ärgerte sich der Vorsitzende des Arbeiterbetriebsrats, Dietmar Breiner Ende August 2023. Im Schnitt verdient ein Produktionsmitarbeiter inklusive aller Zulagen zwischen 1.700 und 2.100 Euro netto pro Monat. Der Betriebsrat fordert unter anderem eine dauerhafte innerbetriebliche Erhöhung der Löhne um 200 Euro netto. Dazu war die Geschäftsführung nicht bereit, also legten am 11. September 2023 die 150 Arbeiter:innen um 10.00 Uhr morgens nieder und endete mit dem Ende der Spätschicht. Die Geschäftsführung erklärte nach einer konstruktiven Lösung zu suchen. Laut Betriebsrat wurde aber nur eine einmalige Prämie und Gratis-Kebab angeboten. Das empfand die Belegschaft als inakzeptabel und respektlos und trat am 13. September in einen unbefristeten Streik. Nach fast 14 Tagen wurde der Streik unterbrochen.

 

 

  1. November 2023: Aktion für mehr Wertschätzung für die Beschäftigten in der Bewachung

Vor der dritten Kollektivverhandlungsrunde fanden sich zahlreiche Beschäftigte, Betriebsräte und Vertreter:innen der Gewerkschaft vida vor der Wirtschaftskammer Österreich ein. Ziel der Protestaktion war, mehr Wertschätzung für die Arbeit der Beschäftigten, die unersetzliche und wertvolle Arbeit leisten, einzustehen. Bei der Protestaktion erneuerten die Teilnehmenden ihre Forderungen für die Anhebung des Mindestlohns. Die Kundgebung zeigte Wirkung bei den eintreffenden Arbeitgebervertretern: im Rahmen der dritten Verhandlungsrunde konnte in letzter Sekunde eine Einigung für eine Lohnerhöhung um durchschnittlich 10,3 Prozent und ein Zulagenplus von 6,9 Prozent mit Geltungsdauer 01.01.2023 durchgesetzt werden. Des weiteren wurde ein Fahrplan zur Umsetzung des monatlichen Brutto-Mindestlohns von 2.000 Euro ab 01.01.2024 beschlossen.

 

Betriebsrätekonferenzen und Metaller:innen-Kollektivvertrag

 

  1. Oktober – Betriebsrätekonferenz der Journalist:innengewerkschaft

Am 2. Oktober gab es eine bundesweite Betriebsrätekonferenz, um gegen die überfallsartige Kündigung des Kollektivvertrages durch den VÖZ zu beraten und gewerkschaftliche Maßnahmen zu beschließen. Die überraschende Kündigung des Kollektivvertrags für Redakteur:innen, Redakteursaspirant:innen und technisch-redaktionellen Dienstnehmer:innen durch den Zeitungsherausgeberverbandes wurde seitens Gewerkschaft GPA und der betroffenen Betriebe mit großer Bestürzung und auch Verständnislosigkeit aufgenommen. Das Vorgehen, den KV ohne vorherige Verhandlungen zu kündigen, war ein beispielloser Vertrauensbruch und Affront gegen den Sozialpartner. Die Gewerkschaft signalisierte jedoch weiterhin Gesprächsbereitschaft und setzte auf Verantwortung für die Journalismus-Branche in Österreich. Mit Erfolg: auf Druck der Gewerkschaft zog der VÖZ die Kündigung des KV am 22. November 2023 zurück.

 

Metallindustrie

2023 waren die Kollektivvertragsverhandlungen bei den Metallern besonders herausfordernd. Rainer Binder, erstmals Chefverhandler für die PRO-GE, nannte ihn den „härtesten Arbeitskampf der letzten 60 Jahre“. Während acht nervenaufreibenden Verhandlungsrunden haben sich Reinhold Binder und Karl Dürtscher, der für die GPA als Chefverhandler verantwortlich zeichnete, mit Vehemenz für eine zeitgemäße Arbeitszeitverkürzung und die Erleichterung bei der Durchführung der 6. Urlaubswoche eingesetzt. Die gewerkschaftliche Forderung von einem Gehaltsplus von 11,6 Prozent wurde auf Basis der rollierenden Inflation von 9,6 Prozent der vergangenen zwölf Monate veranschlagt. Das Angebot der Arbeitgebervertretung, Löhne und Gehälter trotz der spürbaren Teuerung, um lediglich 2,5 Prozent zu steigern und die 200.000 Arbeitnehmer:innen der Metallindustrie mit einer Einmalzahlung abzuspeisen, war für die Gewerkschaften respektlos, realitätsfern und inakzeptabel.

Nachdem die ersten vier Verhandlungsrunden erfolglos blieben, wurden seitens Gewerkschaften 466 Betriebsversammlungen mit über 75.000 Beteiligten organisiert, bei denen Warnstreiks beschlossen wurden.

Verantwortlich für diese Streiks sind die Arbeitgeber, die zu keinem vernünftigen Angebot bereit sind. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erkämpfen sich jetzt die Augenhöhe, die ihnen zusteht. Für Spielereien und Verzögerungstaktiken sind sie nicht zu haben

PRO-GE

 

 

Trotz begonnener Warnstreiks zeigten die Arbeitgebervertreter keinerlei Entgegenkommen, so dass auch die fünfte Verhandlungsrunde am 9. November abgebrochen wurde. In der Folge drohten die Gewerkschaften GPA und PRO-GE eine massive Streikwelle an, sollte auch die für 13. November angesetzte sechste Verhandlungsrunde platzen. Als bei dieser das unzureichende Angebot der Arbeitgeber mit lediglich 6 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung im Schnitt auf den Tisch gelegt wurde, riefen die PRO-GE und GPA in den Betrieben der Metalltechnischen Industrie zu eintägigen Streiks bis 17. November in vorerst 200 Betrieben auf. Die Streikbereitschaft für eine gerechte und faire Entlohnung war unter den Arbeitnehmer:innen riesengroß. 

600 Metaller der Betriebe Bosch und EMCO verliehen beim Protestmarsch durch Hallein zu Beginn eines 24-stündigen Streiks ihrem Unmut Ausdruck © GPA
600 Metaller der Betriebe Bosch und EMCO verliehen beim Protestmarsch durch Hallein zu Beginn eines 24-stündigen Streiks ihrem Unmut Ausdruck

 

 

Nachdem auch die siebente Verhandlungsrunde keine Ergebnisse brachte und die Arbeitgeberseite sogar mit einer Verschlechterung bei Zuschlägen, Dienstreisen und weiteren Rahmenrechtspunkten ein Angebot von plus 6 Prozent vorlegte, wurden die Streikaktionen intensiviert. In der zweiten Novemberhälfte beteiligten sich über 100.000 Beschäftigte an den Kampfmaßnahmen. Im Rahmen einer Kundgebung vor der Firma EVVA in Wien Meidling richtete ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am 24. November einen eindringlichen Appell an die Sozialpartner, bei den Herbstlohnrunden eine KV-Einigung auf Basis der rollierenden Inflation zu finden. Andernfalls würden bei weiteren Protestmaßnahmen bis zu 900.000 Beschäftigte aus den Bereichen Metall, Handel und Sozialberufe ihre Arbeit niederlegen. Die Geschlossenheit und der anhaltende Einsatz für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zeigten Wirkung. 

Metaller-KV Kollektivvertragsabschluss am 30.11.2023 © PRO-GE.
Metaller-KV Kollektivvertragsabschluss am 30.11.2023 PRO-GE

 

 

Knapp zehn Wochen nach der Forderungsübergabe erzielten die PRO-GE und die GPA schließlich bei der achten Verhandlungsrunde am 30. November und 1. Dezember einen richtungsweisenden Abschluss der KV-Verhandlungen für Metall- und Bergbau. Für alle 200.000 Beschäftigten und Lehrlinge der Metallindustrie konnten idente Lohn- und Gehaltsabschlüsse erreicht werden. Demnach erhalten alle Beschäftigten in der Metalltechnischen Industrie mit 1.November 2023 rückwirkend eine tatsächliche Lohn- und Gehaltserhöhung von 10 Prozent (aber maximal 400 Euro pro Monat). Um 8,5 Prozent werden die kollektivvertraglichen Mindestlöhne und Grundgehälter sowie die Zulagen und Aufwandsentschädigungen. Von 900 auf 1.000 Euro steigt das Einkommen für Lehrlinge im ersten Lehrjahr.

Novum der diesjährigen Metaller-KV-Verhandlungen war die Einigung auf einen Abschluss auch für das Jahr 2025, was der herausfordernden wirtschaftlichen Situation geschuldet ist. Alle Löhne und Gehälter sollen demnach mit 1. November 2024 um ein Prozent über der rollierenden Inflation angehoben werden.

Betriebsrätekonferenz Handel am 5. Oktober in Wien © GPA.
Betriebsrätekonferenz Handel am 5. Oktober in Wien GPA

 

 

  1. Oktober 2023 – Betriebsrätekonferenz Handel und anschließende Kampfmaßnahmen

Noch vor Start der Kollektivvertragsverhandlungen im Handel gab es am 5. Oktober eine Betriebsräte-Konferenz in Wien, bei der die mehr als 200 Betriebsrät:innen alle Beschlüsse einstimmig fassten und ihre Einigkeit und Entschlossenheit demonstrierten. Schon bei der ersten Verhandlungsrunde der Sozialpartner am 24. Oktober waren Streiks vorprogrammiert, denn die Arbeitgebervertretung zeigte sich verhandlungsunwillig. „Bitter enttäuscht“ äußerte sich GPA-Verhandlungsleiterin Helga Fichtinger über die Haltung der Arbeitgebervertretung, nicht auf „Augenhöhe in die Verhandlungen“ gegangen zu sein. Denn die Forderungen der Gewerkschaft GPA für eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich 9,97 Prozent sowie einer Arbeitszeitverkürzung lag seit Wochen vor. Nicht zuletzt war klar, dass die Beschäftigten im Handel durch die Teuerungen und nach der Corona-Krise eine merkbare „Kaufkraftstärkung brauchen und erwarten“. Nach dem schwierigen Start der VK-Verhandlungen wurden seitens Arbeitnehmervertretung für 2. November Betriebsversammlungen in ganz Österreich abgehalten und dabei Warnstreiks beschlossen. Als sich bei der zweiten Verhandlungsrunde am 9. November keine Einigung abzeichnete, erhöhte die Gewerkschaft den Druck und beantwortete den Unwillen der Arbeitgeber am 14. November mit Demonstrationen von über 1.500 Handelsangestellten in Wien und Salzburg. Damit kam etwas Bewegung in die Verhandlungen und die Arbeitgeber unterbreiteten am 16. November das Angebot einer sozialen Staffelung mit Einmalzahlung von 800 Euro, was jedoch einer Gehaltserhöhung von nur 5 Prozent entsprochen hätte. Weil die Positionen der Sozialpartner weiterhin auseinanderlagen, wurden die Verhandlungen nach der dritten Runde erneut abgebrochen. Ebenso ergebnislos blieb die vierte Verhandlungsrunde am 28. November, bei der von den Arbeitgebern ein neues Angebot mit 6-prozentigem Plus und der einmaligen Teuerungsprämie von 1.000 Euro vorgelegt wurde. Dieses nahm die Gewerkschaft angesichts der anhaltenden Teuerung als „Affront“ wahr und organisierte mit Beginn des Weihnachtsgeschäftes zwischen 30. November und 2. Dezember Warnstreiks an 300 Standorten in ganz Österreich. Die betroffenen Kund:innen zeigten großes Verständnis und Solidarität mit den Streikenden und für die Gewerkschaftsforderungen für die Handelsangestellten. 

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Eine Ausweitung der Streiks auf das zweite Adventwochenende und den für den Handel wichtigen 8. Dezember war bei der fünften Verhandlungsrunde vorprogrammiert. Denn die Arbeitgeber legten am 7. Dezember ein Angebot von linear 8 Prozent auf den Tisch, das Helga Fichtinger als „weder kreativ noch sozial“ sowie als „respektlos und lebensfremd“ bezeichnete. Denn vor allem Frauen, die im Handel tätig sind, müssten bei dem Angebot einen „massiven Einkommensverlust“ hinnehmen.

Nach neun Stunden scheiterte auch die sechste Verhandlungsrunde am 15.12., obwohl seitens Arbeitnehmervertretung ein Angebot für einen sozial gestaffelten Abschluss zwischen 9,38% und 8,85% vorgelegt und eine Öffnungsklausel angeboten wurde. Doch die Arbeitgeber blieben bei ihrer Blockadehaltung und ließen sich zu keinem Entgegenkommen bewegen, was die Sozialpartnerschaft schwer belastete. Eine Einigung scheint für dieses Jahr mehr nicht in Sicht, der Kollektivvertragsabschluss dürfte erst Anfang 2024 erfolgen.

 

 

20.November 2023 – Betriebsrätekonferenz der SWÖ

 

Um eine Einigung beim KV für die Sozialwirtschaft Österreich zu erringen, brauchte es drei intensive Verhandlungsrunden. Die Gewerkschaften GPA und vida übergaben den Arbeitgebern der SWÖ am 3. Oktober ihre Forderungen über eine Lohn- und Gehaltserhöhung von plus 15 Prozent (mindestens 400 Euro). Zentrale Anliegen der Gewerkschaften waren eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine Attraktivierung der Berufe im Gesundheits- und Sozialbereich zu erreichen, beispielsweise durch Arbeitszeitverkürzung, Mehrurlaub, Entlohnung fürs Einspringen oder ein höheres Kilometergeld. Das Angebot von Seiten der Arbeitgeber lag bei einem Plus von nur 8,8 Prozent, was für die Gewerkschaften deutlich zu wenig war, wie Eva Scherz, Verhandlerin der GPA hervorhob. Denn bei einer Teilzeitrate von 70 Prozent der rund 130.000 Beschäftigten und einer Bezahlung um 22 Prozent weniger als im Schnitt aller Branchen kann sich ein Großteil der Beschäftigten die Ausgaben für die gestiegenen Mietkosten, Wocheneinkauf oder die hohen Heizkosten sich nicht mehr leisten. Während der ersten Verhandlungsrunde zeigte die Arbeitgebervertretung keine Bereitschaft, auf die Forderungen der Gewerkschaft einzugehen, weshalb die erste Verhandlungsrunde erfolglos abgebrochen wurde. Als es bei der zehnstündigen zweiten Verhandlungsrunde ebenfalls keine Nachbesserung der Arbeitgeber gab, wurden für 20. November Betriebsrätekonferenzen beschlossen und dabei vorsorglich Streikbeschlüsse gefasst.

Die dritte Verhandlungsrunde von 27. auf 28. November brachte nach 16-stündigem Ringen schließlich eine Einigung. 9,2 Prozent plus bei Lohn- und Gehalt, Zulagen und Zuschlägen und ein neuer Mindestlohn in der Höhe von 2.067,40 Euro. Zudem konnten die Verhandler:innen der Gewerkschaft einen Zuschlag von 15 Prozent für die Nachtarbeit, fürs Einspringen als auch einen Zuschlag bei Mehrarbeit erzielen.

 

 

  1. März 2023: Betriebsrätekonferenz der oberösterreichischen Ordensspitäler

50 Belegschaftsvertreter:innen (vida) trafen sich am 29. März 2023 bei einer Betriebsrätekonferenz und beschlossen, eine stufenweise Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich zu fordern. Damit sollen Arbeitsplätze in den Krankenhäusern attraktiver werden und die hohe Belastung für die Beschäftigten senken werden. Nach dem Start der Kollektivvertragsverhandlungen am 16.November 2023 lagen die Positionen zwischen den Sozialpartner weit auseinander. Zu den zentralen Forderungen der Gewerkschaft vida, die eine deutliche Erhöhung des Realeinkommens, einen Grundgehaltserhöhungszuschlag und die entlastende Arbeitszeitverkürzung einer 35-Stunden-Woche voraussetzt, gab es seitens der Arbeitgeber keinerlei Vorschläge. 

„Damit es zumindest in Zukunft wieder attraktiver wird, im Krankenhausbereich zu arbeiten, bereiten sich die Betriebsräte aktuell auf die kommenden Kollektivvertragsverhandlungen vor. Erwin Deicker wird dabei als Verhandlungsleiter für OÖ eine zentrale Rolle einnehmen.

„Jedes Bundesland verhandelt den Kollektivvertrag selbstständig. In Oberösterreich fordern wir eine ordentliche Lohnerhöhung – deutlich über der Inflationsrate – und eine schrittweise Arbeitszeitreduktion auf 35 Stunden“, zeigt er sich kämpferisch. Die Arbeitszeitverkürzung sei deswegen so wichtig, weil das Krankenhauspersonal mehrheitlich weiblich sei und die Teilzeitquote jetzt schon „bei annähernd 70 Prozent“ liege. Auch bei den Zulagen – etwa für Wochenend- oder Nachtdienste – gehöre ordentlich nachgebessert. Die Betriebsräte hatten jedenfalls bereits ihre erste Vorbesprechung, übermitteln jetzt an ihre Verhandlungspartner mögliche Termine. Im November/Dezember wollen sie für die annähernd 13.000 Mitarbeiter die Gespräche starten.“

 

 

10.-12. Mai 2023 Tag der Pflege unter dem Motto „Wir sind sauer“

Die Gewerkschaften aus den Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufen, bestehend aus GPA, GÖD, younion, vida und dem ÖGB, ziehen ein Jahr nach der großen Ankündigung der von Regierungsseite aus angepriesenen Pflegereform Resümee.

 

Mit der Bürgerinitiative „Achtung Gesundheit“ wurden letztes Jahr über 70.000 Stimmen gesammelt, Reaktion war eine Pflegereform, die sich als Mogelpackung entpuppte. Auf viele Berufsgruppen wurde vergessen, der Willkür bei der Vergabe des Pflegezuschusses folgte auch noch die entgeltliche Auszahlung des „steuerfreien 15. Monatsgehaltes“. Doch nicht nur Versprechen wurden gebrochen, sondern damit die fortlaufende Belastung des Personals und die nicht gegebene Versorgungssicherheit der Bevölkerung weiter billigend in Kauf genommen. Die Situation wird sich auch weiter zuspitzen, wenn es zu keinem Handeln kommt, denn laut Bedarfserhebung der Gesundheit Österreich GmbH werden bis 2030 mehr als 75.000 Fachkräfte in der Pflege fehlen.

 

Auf diese Situation wurde im Mai 2023 bei Pressekonferenzen, mit Aktionen in Graz, Linz, Wien und Innsbruck aufmerksam gemacht.

 

 

  1. September 2023: Protestaktion der Gewerkschaften GÖD und younion vor Gesundheitsministerium

Laut neuen Zahlen wuchs die Personallücke im Gesundheitsbereich im Jahr 2023weiter, doch die Bundesregierung bleib untätig. Nachdem ein offener Brief unbeantwortet blieb, folgte die erste Protestaktion der bundesweiten Gewerkschafts-Allianz aller Bundes-, Landes- und Gemeindebediensteten im Gesundheitsbereich vor dem Gesundheitsministerium. Die Gewerkschaften machten mit einer übergroßen Streichholzschachtel symbolisch auf das drohende Ausbrennen des Gesundheitswesens aufmerksam. Dabei präsentierten sie auch jüngste Berechnungen zur bundesweiten Personallücke im Gesundheitsbereich.

Bundesweit fehlen in den Landes-, Gemeinde- und Bezirkskliniken insgesamt 3.369 Pflegekräfte, was einem Anstieg um 19,2 Prozent im Vergleich zum Mai dieses Jahres entspricht. Bei den Ärztinnen und Ärzten sind aktuell 986 Stellen unbesetzt. Dementsprechend mussten auch mehr Spitalsbetten gesperrt werden, die Zahl wuchs seit Mai – also in weniger als einem halben Jahr – um 24 Prozent auf 3.442 Betten. Sie forderten die Regierung auf endlich Maßnahmen gegen die Missstände zu setzen.

 

 

Teuerung

  1. Juni 2023: Aktion Straßensperre „Leistbares Wohnen“
ÖGB-Pensionisten sperren Straße und fordern Maßnahmen gegen die Teuerung © ÖGB Steiermark
ÖGB-Pensionisten sperren Straße und fordern Maßnahmen gegen die Teuerung ÖGB Steiermark

Mit der Teuerung sind auch die Mietpreise gestiegen und ein Ende der steigenden Kosten ist nicht in Sicht. Während viele Pensionistinnen und Pensionisten nicht mehr wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen und besorgt darüber sind, auf der Straße zu landen, gibt es von der Regierung keine konkreten Maßnahmen, um dagegen vorzugehen. Deshalb gehen die ÖGB-Pensionist:innen auf die Straße, um auf diese Missstände in aktionistischer Form hinzuweisen. Sie sperrten mit Möbeln kurzerhand eine Kreuzung in Graz.

 

 

ÖGB-Aktionswochen und Menschenkette gegen die Teuerung

In zwei Aktionswochen unter dem Motto „Preise runter“ vom 22. bis 26. Mai und 11. bis 19. September 2023 machte der ÖGB auf die enorme Teuerung, die explodierten Lebens-, Wohn- und Energiekosten aufmerksam und deren Auswirkungen auf die Menschen aufmerksam. Gleichzeitig wurden wirksame Gegenmaßnahmen gefordert wie ein Mietpreisdeckel, die Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel oder die Einsetzung einer Antiteuerungskommission „mit Biss“. In ganz Österreich fanden Aktionen statt. Im Mai lagen überall Bodenzeitungen mit Fragen, was gegen die Teuerung getan werden soll, und in Wien fand ein Flashmob statt.

Im September 2023 gingen in ganz Österreich Gewerkschafter:innen einkaufen und verglichen die Preise für ihren Einkauf mit denen der Zeit vor der Inflation und der Teuerung. Der Unterschied machte 1234 Euro aus.

Um den Forderungen nach inflationsdämpfenden und gezielten Maßnahmen der Regierung gegen die Teuerung Nachdruck zu verleihen, spannten Gewerkschafter:innen am 20. September 2023 eine fünf Kilometer lange Menschenkette entlang der Bannmeile um das Parlament. Die Politik träumt offenbar immer noch davon, dass alles von alleine besser wird. „Aber das wird nicht passieren, also müssen wir sie wachrütteln. Hätte die Bundesregierung auf uns gehört und inflationsdämpfende Maßnahmen gesetzt, dann wäre die Lage überhaupt nicht so eskaliert“, hielt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am Ballhausplatz fest. „Jetzt kommt die Zeit, wo die Löhne und Gehälter nachziehen müssen“, stellt Katzian klar. Die Gewerkschaften werden bei der Herbstlohnrunde gute Lohn- und Gehaltserhöhungen rausholen und damit die Kaufkraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sichern. Zusätzlich braucht es dringend inflationsdämpfende Maßnahmen. Ein weiteres Jahr mit Rekord-Teuerung hätte fatale Folgen – auch für die Wirtschaft. Die Politik muss endlich handeln!

 

Elementarpädagogik

  1. Jänner 2023: Fortbildung am Tag der Elementarpädagogik

Am 24. Jänner 2023, dem Tag der Elementarpädagogik, blieben alle städtischen Kindergärten in Wien geschlossen. In den Kinderbetreuungseinrichtungen beschäftigten sich die rund 8.000 Mitarbeiter:innen mit dem Thema Kinderschutz. Gleichzeitig machte die Gewerkschaft younion auf den eklatanten Personalmangel aufmerksam, es fehlen rund 2.000 Pädagog:innen und präsentierte ihre Forderungen: Wertschätzung: Ohne das Personal in den elementaren Bildungseinrichtungen geht’s nicht, Ausbau der Ausbildungsplätze, mehr Personal, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, Entlastung durch administratives und unterstützendes Personal, mehr Geld und die Aufnahme der Gewerkschaft in den Beirat für Elementarpädagogik.

Im Juni forderten die Beschäftigten der Wiener Kinderbildungseinrichtungen mehr Kolleg:innen GPA

 

 

 

  1. Juni 2023: Öffentliche Aktion der Wiener Elementarpädagog:innen

Die Beschäftigten der Wiener Kinderbildungseinrichtungen machten mit Unterstützung der Gewerkschaften GPA, vida und younion in öffentlichen Betriebsversammlungen und Protestaktionen im Oktober 2021 und März 2022, auf die angespannte und unzumutbare Arbeitssituation aufmerksam und gingen mit einem konkreten Forderungsprogramm an die Öffentlichkeit.

Trotz Gesprächen und einem „Reformdialog Elementarbildung“, der leider ohne kontinuierliche Einbindung der Beschäftigten erfolgte, fehlte bislang die Bereitschaft der politisch Verantwortlichen, konkrete Verbesserungen verbindlich stufenweise umzusetzen.

Die Betriebsrät:innen und Personalverterter:innen der Wiener Kinderbildungseinrichtungen berichteten im Rahmen einer öffentlichen Aktion über den aktuellen Diskussionsstand.

Klima

Auch der ÖGB beteiligte sich am Klimastreik © Roland De Roo, ÖGB Roland de Roo

 

 

  1. März und 15. September 2023: Klimastreik

Die Klimabewegung „Fridays for future“ rief am 3. März zum weltweiten Klimastreik auf. In Wien und sieben weiteren sieben Städten gingen Menschen auf die Straße, darunter auch Gewerkschafter:innen, die die lautstark das seit zwei Jahren fehlenden Klimaschutzgesetz sowie das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz einforderten.

 

Millionärssteuer

  1. Februar bis 3. März 2023: Aktionswoche „Millionärsteuer“ der Gewerkschaft GPA

Die Gewerkschaft GPA und der ÖGB fordern seit Jahren die Einführung der „Millionärssteuer“ wonach Vermögenanteile über 1 Million Euro mit 0,5 Prozent, über 2 Millionen Euro mit 1 Prozent und Vermögensanteile über 3 Millionen mit 1,5 Prozent zu belasten wären. Denn während Arbeitnehmer:innen rund 80 Prozent des Steueraufkommens finanzieren, leisten MillionärInnen nur einen kleinen Beitrag.

In der Aktionswoche schlüpften etwa die steirischen GPA-Regionalsekretär:innen in Arbeiter:innen-Outfits und trugen auf einer Sänfte den „Millionär“ über einen roten Teppich.

 

Schließungen

  1. April 2023: Demonstration gegen die Einstellung der Tageszeitung „Wiener Zeitung“

Im April 2023 passierte mit den Stimmen von ÖVP und Grünen das Medienpaket der Regierung den Verfassungsausschuss, darin enthalten war das Ende der weltweit längsten noch erscheinenden Tageszeitung „Wiener Zeitung“. Dagegen gingen am 25. April 2023 nicht nur Journalist:innen, Gewerkschafter:innen (GPA) sondern auch bekannte Persönlichkeiten auf die Straße. Erfolglos. Die Zeitung erschien am 30. Juni 2023 das letzte Mal als Printausgabe. Es folgten Kündigungen, darunter auch von Belegschaftsvertreter:innen.

Gesetzesänderungen

  1. Mai 2023: Bürger:inneninitative: Aufnahme der Sanitäter:innen und Notfallsanitäter:innen in das Nachtschichtschwerarbeitsgesetz

Arbeiterkammer, ÖGB sowie die Gewerkschaften GÖD, GPA, vida und younion und weitere Organisationen brachten am 11. Mai 2023 die parlamentarische Bürgerinitiative „Aufnahme der Sanitäter:innen und Notfallsanitäter:innen der Rettungsorganisationen in das Nachtschichtschwerarbeitsgesetz“ ein. Darin sind Maßnahmen für Arbeitnehmer:innen, die unter gesetzlich konkret festgelegten erschwerenden Bedingungen zwischen 22 Uhr und sechs Uhr mindestens sechs Stunden arbeiten, verankert.

Diese umfassen den Schutz, eine Verhinderung, Beseitigung oder Milderung der mit diesen Arbeiten verbundenen Belastungen. Sanitäter:innen und Notfallsanitäter:innen arbeiten unter ähnlichen, erschwerten Bedingungen wie Beschäftigte der Feuerwehren, sind aber anders als diese nicht von diesen bundesgesetzlichen Regelungen umfasst. Mit dieser Bürgerinitiative wird der Nationalrat ersucht, hier die längst fällige gesetzliche Änderung herbeizuführen. Die Ausschussberatung des Nationalrats wurde von November auf März 2024 vertagt.

 

Mai-Juni 2023: Demonstrationen, Streik der Freizeitpädagog:innen gegen Gesetzesänderung

Freizeitpädagog:innen in ganz Österreich demonstrierten und streiken für den Erhalt ihres Berufsbildes GPA

Eine von der Bundesregierung geplante Novelle der Schulgesetze hätte gravierende negative Auswirkungen auf die bestehende Freizeitpädagogik in Österreich. Würde das Gesetz in der vorliegenden Form kommen, wäre das die Eliminierung der Freizeitpädagogik verbunden mit massiven Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und der Ausbildung der Beschäftigten, Gehaltsreduktionen bis zu 19 Prozent sowie der Betreuungssituation für zehntausende SchülerInnen.

Der zentrale Inhalt der Novelle ist die Einführung sogenannter „Assistenzpädagogen“. Diese sollen die tausenden Angestellten ersetzen, die derzeit als Freizeitpädagog:innen und Erzieher:innen für unterschiedliche Arbeitgeber in ganz Österreich arbeiten. Der gesamte Beruf der rund 5.000 Freizeitpädagog:innen und der entsprechende Lehrgang auf den Pädagogischen Hochschulen sollen gestrichen werden. 2.300 Freizeitpädagog:innen fürchten um ihren Arbeitsplatz.

Am 24. Mai 2023 schickten rund 1.000 Freizeitpädagog:innen von einer Betriebsversammlung eine eindeutige Botschaft an die Regierung:         „So nicht! Freizeitpädagogik bleibt!“. Die Teilnehmenden stimmten für einen Streik am 1. Juni 2023 an 142 ganztägigen Wiener Volksschulen.

Am 1. Juni 2023 protestierten in Wien und Salzburg 2000 Freizeitpädagog:innen. In Wien rief der Betriebsrat von „Bildung im Mittelpunkt“ (BiM) für 15.00 Uhr zur öffentlichen Betriebsversammlung auf dem Stephansplatz und zu einem anschließenden Demomarsch zum Bildungsministerium auf. Am 2. Juni 2023 berieten sich Betroffene in Kärnten bei einer Betriebsräteversammlung in Klagenfurt und trafen den Streikbeschluss.

Da die Regierung nicht einlenkte, fanden am 15. Juni 2023 Warnstreiks statt. Unter dem Motto „Aktion Bildung“ zeigten in Wien rund 2.000 Freizeitpädgog:innen bei einer Bildungsdemonstration, und einem Protest-Picknick im Votivpark, ihren Unwillen. In Graz besuchten rund 100 Freizeitpädagog:innen eine Betriebsversammlung. In Kärnten legten rund 230 Beschäftigte die Arbeit an 60 Schulstandorten nieder. In Vorarlberg demonstrierten rund 300 Betroffene und machten auch darauf aufmerksam, dass es rund 300 Vollzeitstellen nicht besetzt sind. In Salzburg demonstrierten rund 300 Freizeitpädagog:innen auch für Verbesserungen im Bildungssystem.

Ein erster Erfolg konnte erzielt werden, es gab erste Gespräche mit dem Bundesministerium, der für 3. Juli 2023 geplante „Online-Streik“ und weitere Kampfmaßnahmen wurden vorerst ausgesetzt. Am 18 September berieten rund 100 Teilnehmende bei einer österreichweiten Betriebsräteversammlung über die weitere Vorgehensweise. Am 20. September 2023 rief der Betriebsrat der Einrichtung „Bildung im Mittelpunkt“ zu einer Protestversammlung im Wiener Votivparkt auf.

 

  1. Oktober – Betriebsversammlung der Bildungseinrichtungen Wien: GENUG IST GENUG

Für 24.Oktober wurde unter dem Motto GENUG IST GENUGN und ES REICHT. WIR BRAUCHEN MEHR! eine ganztägige Betriebsversammlung der ersten Bildungseinrichtungen in Wien angekündigt. Dabei wiederholten Gewerkschaften GPA, younion und vida, die Personalvertreter:innen und Betriebsrät:innen ihre Forderungen nach besseren Rahmenbedingungen für die Bediensteten.

GENUG IST GENUG. Betriebsversammlung der Elementarpädagog:innen am 24.Oktober im Wiener Votivpark Julia Berndl, ÖGB.

 

Zu den Hauptforderungen an die Bundesregierungen zählten eine österreichweite Ausbildungsoffensive, ein einheitliches Bundesrahmengesetz, mehr Personal, kleinere Gruppen für eine gezielte Bildungsarbeit gewähren zu können oder eine Aufwertung aller Berufsgruppen im Elementarpädagogischen Bereich. Vertreter:innen der YOUNION haben die Bundesregierung in die Pflicht genommen, die angekündigten 4,5 Milliarden für Kindergärten bereitzustellen und Maßnahmen für die Aufstockung des pädagogischen Personals an städtischen Einrichtungen durchzuführen. Über 12.000 Beschäftigte setzten mit ihrer Teilnahme an der Demonstration ein eindrucksvolles Zeichen, um die Bundesregierung zum Handeln aufzufordern.

 

  1. Oktober 2023: Demonstration der Salzburger Lehrer:innen

Die Gewerkschaft der Salzburger Pflichtschullehrer und die Parteifreie Gewerkschaft riefen am Weltlehrertag am 5. Oktober 2023 zur Demonstration gegen die unhaltbaren Arbeitsbedingungen in den Schulen auf. Rund 150 Pädagog:innen und Eltern forderten mehr Personal für die Schulen, mehr Sprachhelfer:innen und Sprachheillehrer:innen sowie die Entbürokratisierung der Schulen und Arbeitszeitverkürzung.

Pressekonferenz „Wo sind die versprochenen 4,5 Milliarden Euro“ am 12.Dezember 2023 Edgar Ketzer, GPA.

 

 

  1. Dezember 2023 Wo sind die 4,5 Milliarden?

Es kann nicht sein, dass die Milliarden der Bundesregierung für die Elementarpädagogik sich letztlich jedes Mal als Marketingschmäh entpuppen.

Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin und ÖGB-Frauenvorsitzende

Auch 100 Tage nach der Ankündigung durch Bundeskanzler Karl Nehammer blieben die die 4,5 Milliarden Euro für die Elementarpädagogik ein leeres Versprechen. Vor dem Bundeskanzleramt gaben deshalb der ÖGB und die Gewerkschaften GPA, vida und younion am 12. Dezember eine Stellungnahme ab, in der sie ihre Forderungen nach mehr Personal, Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder bundeseinheitliche Ausbildung wiederholten.