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Grundformen des Lernens und Lehrens

1.0 Voraussetzungen und Annahmen

In der wissenschaftstheoretischen und der didaktischen Literatur finden sich die vielfältigsten Interpretationen des Begriffes „Methode". In den folgenden Ausführungen wird ein für die didaktische Praxis wichtiger Aspekt vorgestellt.

Methoden werden hier als Grundformen des Lernens und Lehrens verstanden.

Annahme 1

Der Begriff „Methode" wird hier im Anschluss an die Webseite „Der Begriff der Methode" ganz allgemein als ein zweckbezogenes und zielgerichtetes Verfahren verstanden, systematisch

  • Schwierigkeiten zu lösen sowie
  • urteils- und entscheidungsfähig zu werden.

Insbesondere jedoch geht es darum,

  • Kenntnisse und Erkenntnisse systematisch zu gewinnen,
  • Stoffe, Kenntnisse und Erkenntnisse systematisch darzustellen und sie dadurch
    zugänglich zu machen,
  • Stoffe, Kenntnisse und Erkenntnisse systematisch und wirkungsvoll zu vermitteln.

Mithin handelt es sich um Strategien der geistigen Arbeit.

Annahme 2
Lernvorgänge, die zu den aufgeführten Zielen führen, sind zunächst durch den Zufall sowie durch die Notwendigkeit zum Handeln bestimmt. Mithin gibt es

zufällige Lernsituationen.

Annahme 3
Lernen, das allein im Rahmen zufälliger Lernsituationen stattfindet, genügt nicht den Lebensbedingungen in höher entwickelten Gesellschaften. Deshalb muss es auch

geregelte Lernsituationen

geben. Sie sind in entwickelten Gesellschaften schon früh nachzuweisen.

Als geregelte Lernsituation ist jedoch nicht nur Lernen unter fremder Anleitung zu verstehen, sondern auch Lernen aus eigenem Entschluss.

Annahme 4
Lernen und Lehren sind Grundelemente des geregelten Lernens. Sie lassen sich zwar begrifflich voneinander unterscheiden und einander gegenüberstellen, doch sind sie in Wirklichkeit miteinander durch Wechselwirkungen verschränkt und verflochten.
     Dieser Sachverhalt muss bei jedem Versuch, methodische Grundformen zu beschreiben und benennen, stets mitbedacht werden.

Annahme 5
Der Begriff „Methode" lässt sich auch auf das Lehren beziehen. Danach sind Methoden nicht nur Verfahren des systematischen Kenntniserwerbs, sondern auch Verfahren, die dazu dienen,

Kenntnisse und Erkenntnisse systematisch

  • darzustellen,
  • zu vermitteln.

Annahme 6
Sowohl beim Lernen als auch beim Lehren lassen sich unterschiedliche Formen des Vorgehens - methodische Grundformen - beobachten. Die folgenden Beschreibungen vereinzeln jeweils die wesentlichen Merkmale einer Grundform, um auf diese Weise die Grundform klar herauszuarbeiten. In der Wirklichkeit des Lernens und Lehrens sind jedoch die „Grenzen" zwischen den Grundformen fließend.

Annahme 7
Im Anschluss an Annahme 6 empfiehlt es sich auch aus lernpsychologischen Gründen, im Unterricht nicht mit einer einzigen Grundform zu arbeiten, sondern mehrere Grundformen miteinander zu verknüpfen.
     Die Wahl der Grundformen hängt zwar zunächst von der Sachstruktur des Lerngegenstandes ab, vor allem jedoch von den Lernvoraussetzungen der Schüler.

2.0 Beschreibung der methodischen Grundformen

Folgende Grundformen des Lernens und Lehrens lassen sich beschreiben; dabei wird der Versuch gemacht, keine Fremdwörter zu verwenden.

1. Ein Vorbild wird nachgeahmt, ein Modell vermittelt Muster für das eigene Handeln.

2. Das Ergebnis, der Erfolg eigenen Handelns wird wahrgenommen und löst erneutes Handeln aus.

3. Eine Schwierigkeit ist zu bewältigen. Über Versuche und Irrtümer führt der Weg zum Erfolg.

4. Ein Vorgang wird als Wirkung einer Ursache erkannt und legt den Schluss auf eine ganz
    bestimmte Ursache nahe; er kann auch durch das als Ursache angenommene Handeln erneut
    ausgelöst werden. Die zwischen Ursache und Wirkung bestehenden Zusammenhänge bleiben
    jedoch im einzelnen ungeklärt.

5. Zusammenhänge und Beziehungen werden systematisch gesucht und hergestellt
   sowie für das weitere Lernen nutzbar gemacht.

6. Eine Entwicklung, ein Ablauf, ein Vorgang wird nachvollzogen.

7. Aus vorgegebenen Annahmen (Axiomen) oder Grundbausteinen wird ein Begriffsgebäude
    folgerichtig entwickelt.

8. Aus vorgegebenen allgemeinen Erkenntnissen werden Einzelerkenntnisse abgeleitet.

9. Eine Einzelerscheinung legt es nahe, allgemeine Beziehungen und Gesetzmäßigkeiten
   anzunehmen und sie durch Erfahrung zu überprüfen.

10. Ein Komplex von Erscheinungen wird zergliedert und auf deren Grundbausteine zurückgeführt.

11. Erkenntnisse, die in einem Sachgebiet gewonnen wurden, werden auf ein entsprechendes
     oder ähnliches Sachgebiet angewendet und übertragen.

3.0 Die wissenschaftlichen Begriffe

Die in Nr. 2.0 aufgeführten Verfahren sind sämtlich in der einschlägigen Fachliteratur zu finden; einige davon sind Spezialitäten didaktischer Autoren. Ihre Namen wurden allerdings umgangssprachlich verfremdet.

Die offiziellen Bezeichnungen der einzelnen Verfahren lauten:

1. Imitierendes Lernen

2. Operantes (instrumentelles) Konditionieren - Lernen am Erfolg

3. Versuch und Irrtum

4. Black box, suchendes Forschen

5. Analytisch-synthetisches Verfahren

6. Genetisch-historisches Verfahren

7. Elementenhaft-synthetisches Verfahren

8. Deduktives Verfahren

9. Induktives Verfahren

10. Ganzheitlich-analytisches Verfahren

11. Transfer

4.0 Nutzanwendungen für didaktische Arbeit

Alle hier aufgeführten Verfahren lassen sich für den Unterricht nutzen, doch haben nicht alle gleiches Gewicht. Für didaktische Konzeptionen sind  induktives und deduktives Vorgehen, ganzheitlich-analytisches und elementenhaft-synthetisches Verfahren von besonderer Bedeutung. Wie in Annahme 7 bereits ausgeführt,  sollten sie nicht isoliert, sondern in themen-
und lerngruppengerechter Form einander ergänzend eingesetzt werden.

Einer speziellen Versuchung sollten konsequent widerstehen  - eine durch Induktion gewonnene Erkenntnis vorschnell zu verallgemeinern oder verallgemeinern zu lassen. Wenn Schüler das immer wieder erleben, werden ihr Methodenbewusstein und ihre Urteilsfähigkeit durch Desorientierung geschwächt.


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Ausgearbeitet von:     Dr. Manfred Rosenbach -        letzte Änderung am: 22.01.05
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