Außenministerin in New York : Baerbock will mit Amerika führen
Deutschland muss nach Ansicht von Außenministerin Annalena Baerbock eine Führungsrolle in der Festigung der transatlantischen Allianz mit Amerika übernehmen. Die Grünen-Politikerin sagte in einer Rede vor Studenten der New School in New York, der Angriff Russlands auf die Ukraine habe den Westen enger zusammenrücken lassen und einen „Schlüsselmoment“ in der Partnerschaft auf beiden Seiten des Ozeans erzeugt. Diese Gelegenheit müsse nun genutzt werden, um eine stärkere, unumkehrbare Partnerschaft für das 21. Jahrhundert zu schaffen.
Baerbock erinnerte an das Angebot des früheren amerikanischen Präsidenten George Bush, der nach dem Fall der Mauer dem wiedervereinigten Deutschland eine Führungspartnerschaft in Aussicht gestellt hatte (partnership in leadership). Dazu sei es nicht gekommen, die Idee sei zu groß dimensioniert gewesen für die damalige Zeit; Deutschland sei mit der Einheit und damit beschäftigt gewesen, sich neu in Europa zu verankern.
Jetzt aber müsse es zu der damals beabsichtigten Führungspartnerschaft kommen, nicht nur von Deutschen und Amerikanern, sondern von Europäern und Amerikanern. Eine solche gemeinsame Führung sei kein „romantisches Projekt“, das an die „guten alten transatlantischen Zeiten“ erinnern werde, sagte Baerbock.
Abwehr von Desinformation
Die neue gefestigte Partnerschaft müsse auf drei Säulen ruhen. Es gehe erstens um Sicherheit. Hier müssten die Europäer ihren Beitrag zur NATO stärken; zudem müsse die EU ein stärkerer Produzent von Sicherheit werden, etwa durch die Integration ihrer Rüstungsindustrie. Zur Kräftigung der Sicherheit gehöre auch die Abwehr von Desinformation in sozialen Medien oder die Überprüfung unsicherer Lieferketten für wichtige Güter. Auch die Reduzierung ökonomischer Abhängigkeiten gehöre dazu, etwa der Abhängigkeit von russischem Gas.
Die zweite transatlantische Säule bestehe aus dem gemeinsamen Einstehen für die regelbasierte internationale Ordnung. Diese Ordnung sei keine westliche Ordnung, sondern ein Rahmen, der es allen Staaten ermögliche, sich zu entfalten und in Frieden miteinander zu leben. Um dies zu erreichen, müsse der transatlantische Westen auch die bedürftigen Staaten in anderen Teilen der Welt unterstützen und fördern.
Er müsse zudem die regelbasierte Ordnung gegenüber jenen Herausforderungen verteidigen, die von China ausgingen. Chinas Aussagen zu Taiwan „werfen ernste Fragen auf“, sagte die Außenministerin. Es könne auch nicht im westlichen Interesse sein, wenn China in seiner Nachbarschaft andere Länder in dramatische wirtschaftliche Abhängigkeiten bringe.
Als dritte Säule einer erneuerten transatlantischen Partnerschaft nannte Baerbock die Stärkung der Widerstandskraft der Demokratien. Europa und Amerika müssten sich dabei auch gegenseitig umeinander kümmern.