in Obdachloser bettelt an einer Ampel auf dem Hohenzollernring.
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Lebenserwartung Arme Menschen sterben bis zu acht Jahre früher als reiche

04. September 2019, 15:58 Uhr

Niedriges Einkommen, geringe Bildung, niedrige Position – Menschen mit geringerem sozialen Status sterben früher. Die Lebenserwartung ist eng an die soziale Schicht gekoppelt. Darauf macht die Nationale Akademie der Wissenschaften "Leopoldina“ in einer Publikation aufmerksam.

Die Lebenserwartung in Deutschland ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Doch nicht alle Menschen profitieren von wachsendem Wohlstand, leistungsfähigen Gesundheitssystemen und sozial- und arbeitspolitischen Verbesserungen. "Immer noch sterben Menschen mit geringerem sozialem Status viele Jahre früher als sozial besser gestellte Menschen", erklären die Wissenschaftler Professor  Johannes Siegrist und Professorin Ursula M. Staudinger in der Publikation "Gesundheitliche Ungleichheit im Lebensverlauf". Bereits die Mitglieder der zweithöchsten von fünf Einkommensschichten hätten eine geringere durchschnittliche Lebenserwartung als die der obersten Schicht. Dieser Trend setze sich auf nachfolgenden Stufen der Einkommensdifferenzierung fort.

Unterschiede bei Männern größer als bei Frauen

"Der Unterschied in der durchschnittlichen Lebenserwartung zwischen der niedrigsten und der obersten sozialen Schicht beträgt mehr als acht Jahre bei Männern und mehr als vier Jahre bei Frauen", schreiben die Forscher. Wer jedoch jetzt hofft, dass es sich hierbei nur um bedauerliche Einzelfälle handelt oder nur spezifische Personengruppen betroffen sind, hat sich geirrt. "Unterschiede in der Sterblichkeit durchziehen die gesamte soziale Schichtungsstruktur der Gesellschaft", schreiben Siegrist und Staudinger.

Wann und wo werden die Weichen für Gesundheit und Krankheit gestellt?

Siegrist und  Staudinger sind Herausgeber des Tagungsbandes "Gesundheitliche Ungleichheit im Lebensverlauf". Er enthält Kurzfassungen von Beiträgen verschiedener Autoren und fasst die Ergebnisse einer gleichnamigen Tagung zusammen, die im November 2018 in Berlin stattgefunden hat. Die Forscher untersuchen in ihren Beiträgen, welche Einflüsse in welchen Lebensabschnitten zu dieser Ungleichheit beitragen und wie man diese mindern kann. Der Band ist in der Reihe "Leopoldina-Forum" erschienen. Dort dokumentiert die Nationale Akademie der Wissenschaften vielfältige Perspektiven auf Fragestellungen hoher Relevanz für Wissenschaft und Gesellschaft.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 12. April 2019 | 18:50 Uhr