Gelsenkirchen. Es war eines der Schwerpunktthemen der Fachtage der Landesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros NRW (LaS): Die steigende Altersarmut in Deutschland. Ein möglicher Ansatzpunkt für eine Besserung der Situation der Betroffenen ist das bürgerschaftliche Engagement.

Dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird in Deutschland, ist schon lange kein Geheimnis. Dass der demografische Wandel viele Probleme für die Wirtschaft mit sich bringt, auch nicht. Ein weiterer, unangenehmer Faktor wird jedoch gerne übersehen: Die steigende Altersarmut. Diese war ein Schwerpunktthema der diesjährigen Fachtage der Landesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros (LaS) NRW, welche in Gelsenkirchen stattfand.

Rentenniveau unter 50 Prozent

„Das Rentenniveau liegt schon jetzt bei unter 50 Prozent, Tendenz sinkend“, gibt Julius Völkel, Projektkoordinator der LaS, zu bedenken. Altersarmut ist somit ein aktuell sehr reales Thema. „Es ist noch vieles im Argen“, meint Völkel, „Viele der betroffenen Personen wissen überhaupt nicht, das und wo sie sich Hilfe holen können.“

Dabei spielt natürlich auch die Scham, zum Bittsteller zu werden, eine große Rolle: „Viele haben Sorge, dass die Nachbarin oder der Bekanntenkreis etwas von der eigenen Armut erfährt“, weiß der LaS-Projektkoordinator. Dabei seien diese Menschen in keinem Fall für ihre prekäre finanzielle Situation verantwortlich: „Das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung sinkt stetig, so dass die Grundsicherung kaum noch erreicht wird. Bis 2030 wird das Rentenniveau auf 43 Prozent sinken; davon kann keiner mehr leben.“

Steigende Kosten für Gesundheit und Mobilität

Laut Prof. Dr. Gerhard Bäcker, Experte für Armutsforschung an der Universität Duisburg-Essen, wird das Leben im Alter nicht günstiger: Steigende Kosten für die Gesundheit und Mobilität belasten die Senioren zusätzlich.

Für die meisten älteren Menschen bedeutet finanzieller Notstand auch eine soziale Armut: Sie können nicht mehr am sozialen Leben teilhaben, fühlen sich ausgeschlossen und vereinsamen. In diesen Fällen kann eine ehrenamtliche Tätigkeit helfen, sind sich alle Vertreter der Seniorenbüros einig: „Es tut gut, sich gebraucht zu fühlen“, meint eine Teilnehmerin. „Es wäre jedoch wichtig, wenn die geringfügige Vergütung, welche die engagierten Bürger für ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten erhalten, nicht mit der Rente oder Grundsicherung verrechnet würden“, kritisiert Völkel die jetzige Regelung. Er wünscht sich außerdem flexiblere Arbeitszeitregelungen.

Es wird viel getan in Gelsenkirchen

Doch nicht alles ist schlecht, in Gelsenkirchen habe man mit Seniorenvertretern und Nachbarschaftsstiftern engagierte Bürger, die sich um die Belange der Älteren kümmern. „Die Fachtage haben uns gezeigt, dass wir in Gelsenkirchen schon viel leisten. Wir nehmen aber auch gute Impulse für die weitere Arbeit in den Seniorenbüros mit“, meint Bernd Hellbusch vom Infocenter Generationennetz.

Immer häufiger reicht die Rente nicht: Zahlen für Gelsenkirchen

Immer mehr ältere Bürger in Gelsenkirchen sind nicht in der Lage, im Alter ihren eigenen Lebensstandard zu sichern. Wer bei Eintritt ins Rentenalter auf staatliche Hilfe angewiesen ist, der erhält die Grundsicherung im Alter. Während 2003 etwa 2000 ältere Menschen Grundsicherung bezogen, waren im letzten Jahr schon 4181 Personen auf die Hilfe angewiesen. Die Altersarmut setzt sich kontinuierlich fort. Bis Oktober dieses Jahres bezogen bereits 4457 Bürger die staatliche Unterstützung. Für 3287 Ältere reicht die Rente nicht. Sie wird durch die Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch 12 aufgestockt.

Das Rentenalter liegt derzeit bei 65 Jahren und drei Monaten. Jüngere Erwachsene können die Leistungen erhalten, wenn sie dauerhaft voll erwerbsgemindert sind. Eine weitere Voraussetzung für den Bezug: Die Personen können ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen sicherstellen. In der Hilfe ist ein Regelsatz enthalten, dazu kommen die tatsächlichen Miet- und Heizkosten. Auch Ansprüche auf einen Mehrbedarf wie auch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge können übernommen werden. Der Bund erstattet der Gemeinde die Kosten. Kinder können nicht zu Unterhaltsbeiträgen für die Eltern herangezogen werden.