Neuer EU-Digital-Kommissar Günther Oettinger — "der kürzeste Nerd-Witz"

Brüssel/Berlin · So manche Personalie, die Jean-Claude Juncker bei der Vorstellung der neuen EU-Kommission nannte, sorgte am Mittwoch für Kopfschütteln. Auch die des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger, der künftig für digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständig sein soll. Insbesondere im Netz hagelt es Spott und Häme.

So spottet das Netz über die Personalie Günther Oettinger
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Foto: dpa, jw lb lof tba

Der Brite Jonathan Hill wird Finanzkommissar, der frühere französische Finanzminister Pierre Moscovici Kommissar für Wirtschaft und Finanzen, obwohl Frankreich große Probleme beim Schuldenabbau hat. Und der Ungar Tibor Navracsics, der maßgeblich am umstrittenen Mediengesetz des Landes beteiligt war, wird für Bildung verantwortlich sein. So will es der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, auch wenn das bei manchem Kritik und Kopfschütteln auslöste.

Auch die neue Rolle für den bisherigen Energiekommissar Günther Oettinger wurde am Mittwoch diskutiert. Im Vordergrund stand dabei vor allem der Machtverlust, der für Deutschland damit einhergehe. Denn Oettinger wird weder Vizepräsident, noch bekommt er eines der Schlüsselressorts. Der FDP-Fraktionschef im EU-Parlament, Alexander Graf Lambsdorff etwa nannte dies eine "schallende Ohrfeige" für die Bundesregierung. Doch während es in der Politik vor allem um die Machtfrage in Brüssel ging, beschäftigt das Netz eine ganz andere Frage — nämlich, ob Oettinger wirklich der Richtige für den Job ist.

"Not happy, aber glücklich"

Der CDU-Mann aus Baden-Württemberg wird, vorausgesetzt das EU-Parlament stimmt der Personalie zu, künftig für die Bereiche Telekommunikation, Netzausbau, Urheberrechte und auch Online-Sicherheit zuständig sein. Eine Aufgabe, über die Oettinger "not happy, aber glücklich" sei und auch neugierig darauf. Und dann scherzte er noch, dass nun auch sein Sohn gefragt sei, wenn es um die neuen Netztrends gehe. Ein Satz, der manchem User im Netz nur wenig gefallen haben dürfte.

Denn auf Twitter hatte der Grünen-Politiker Malte Spitz schon zu einer Selfie-Aktion in Bezug auf Oettinger aufgerufen, als die Personalie noch ein Gerücht war. Die User sollten unter dem Hashtag #OMGOettinger ein Foto von sich posten, dass sie in dem Moment zeigt, als sie erfuhren, dass der CDU-Politiker fürs Digitale zuständig sein solle. Entsprechend viele Fotos gab es, auf denen entsetzte Gesichter zu sehen waren.

Und der Spott hält an — auch jetzt noch, nachdem die Personalie bestätigt wird. So teilten die Twitterer etwa gern das Titelbild der Tageszeitung "taz", die Oettinger zum "Bildschirmschoner" macht. "#Oettinger und #Dobrindt machen jetzt also digitales?! Gut, dann bau ich jetzt halt ein Perpetuum mobile", schrieb ein User. Auch viele andere hielten die Ernennung für einen Scherz, deklarierten den Namen Oettinger gleich zum "kürzesten Nerd-Witz".

"Jeder Informatik-Student wäre besser"

"Wer #Oettinger zum Digital-Kommissar macht, schickt auch #Merkel auf den Laufsteg", bewertete ein weiterer Twitterer die Personalie. Ein anderer bemerkte: "Jeder #Informatik -#Student wäre ein besserer #Digitalkommissar als die @Juncker_JC -Partei-Marionette #Öttinger!" Und manch einer holte auch wieder die legendäre Rede aus dem Jahr 2010 hervor, als Oettinger durch eigenwilliges Englisch aufgefallen war.

Der EU-Kommissar selbst aber gibt sich zuversichtlich, schließlich weiß er, dass ihm auch nur wenige etwas zutrauten, als er vor fünf Jahren den Posten des Energiekommissars erhielt. Damals habe das Ressort auch als Nebenschauplatz gegolten — "Sagt heute keiner mehr". Und auch in Bezug auf die inhaltliche Arbeit hat sich Oettinger in den vergangenen Jahren Respekt erarbeitet. Das steht ihm mit seinem neuen Posten noch bevor.

(das)
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