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VossenackModernisierung des Volkstrauertags

Jugendliche tanzen über den Gräbern getöteter Soldaten für den Frieden

Mit einem aufwändigen und imposanten Tanztheater geben junge Menschen dem Volkstrauertag ein neues Gesicht. Und mahnen auf ihre Weise zum Frieden.

Ein Tanztheater über den Soldatengräbern führt den Volkstrauertag in die Zukunft.
Ein Tanztheater über den Soldatengräbern führt den Volkstrauertag in die Zukunft. Foto: Berners

Zu den Gedenkfeiern am Volkstrauertag kommen nur wenige Menschen – und seit Jahren immer dieselben. Der Ablauf folgt der Tradition, im nächsten Jahr sieht man sich wieder.

Am Freitagabend hat das exArt-Musiktheater des Franziskus-Gymnasiums einen ganz neuen Weg des Gedenkens beschritten und mit einem aufwändigen und bewegenden Tanztheater gezeigt, wie moderne Erinnerungskultur aussehen kann.

Die Schauspieler, Sänger, Tänzer, Musiker zwischen 14 und 74 Jahren – viele von ihnen Schüler oder Ehemalige der Vossenacker Schule – machten die Klosterkirche zur Bühne für den Kriegsfürsten und seine Schergen, die „nichts, niemand, keiner“ in ihrer blinden Wut aufhalten kann. Sie töten die Friedenssuchenden, gehen am Ende aber am eigenen Hass zugrunde. Nur den Tod selbst und Mutter Erde vermögen sie nicht zu besiegen – und das Friedenspaar, das unter Mutter Gaias Mantel Schutz gefunden hat und dem Inferno entflieht.

Über eine ausgerollte Friedensfahne zogen die drei mit ihrem kleinen Licht hinaus aus der Kirche – gefolgt von einigen Hundert Zuschauern, von Schülern, Eltern, Geschwistern. Der Weg führte sie alle zur Kriegsgräberstätte, nicht nur an ihren Rand, sondern mitten hinauf. Dorthin, wo Menschen begraben wurden, die in einem sinnlosen Vernichtungskrieg starben. Im beleuchteten Friedenslabyrinth geht die Schau weiter: An vier Stationen, die für Wahrheit, Freiheit, Liebe und Achtsamkeit stehen, tanzt das Friedenspaar begleitet von Mutter Gaia. Die Farben, die Freude, das Licht und das Leben kehren zurück, breiten sich aus und münden in einem munteren Friedenslied. In dem heißt es: „Frieden braucht jeden, dich und mich. Braucht in uns Mut und Zuversicht. Braucht uns’re Stimme und Hand, hier und in jedem Land.“

Das rund 40-köpfige Ensemble tanzt bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt über den Gräbern, ohne dem Ort seine Würde zu nehmen. Im Gegenteil. Die jungen Menschen tanzen für Frieden, Freiheit und Hoffnung und machen den Ort zum Ausgangspunkt für ihre Botschaft. In den Augen der Zuschauer konnte man sehen, dass sie ankommt.

Genau dieses Aufmerksammachen auf den Irrsinn der Kriege und der Bedeutung von Frieden war dem Regisseur und Ideengeber Clemens Amendt, der am FGV schon viele Musicals inszeniert hat, wichtig. Denn für viele junge Menschen ist der Krieg in Deutschland weit weg.

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Der Kreis Düren und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge waren bereit zu diesem deutlichen Einschnitt und bereit, sich dem Spagat zwischen Tradition und Zukunft zu stellen: Während die Zuschauer, für die Schülerinnen und Schüler war die Teilnahme Pflichtprogramm, von der Kirche auf die in Licht getauchte Kriegsgräberstätte gingen, haben Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU), VDK-Vorsitzender Peter Kaptain und Hürtgenwalds Bürgermeister Stephan Cranen (FDP) dort traditionell vor dem Kreuz, den Kränzen und den Augen aller still der Kriegstoten gedacht. Sie haben ihre beleuchteten Handydisplays von dort aus für das Drohnen-Foto vom „Friedenslicht“ mit in die Höhe gehalten – haben das Tanztheater aber vom Rande des Friedhofes verfolgt, um den Bogen zwischen Tradition und Zukunft zu schlagen. Der Wandel der Gedenkkultur kann eine Gratwanderung sein. Skeptische Stimmen gab es am Freitagabend aber nur vereinzelt.

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„Wir haben heute Abend viel mehr Menschen erreicht als mit der traditionellen Gedenkfeier in vielen Jahren zusammen. Mich hat die Aufführung beeindruckt und ich denke, sie wirkt auch bei vielen Schülerinnen und Schüler noch nach. Das brauchen wir mehr als die doch jedes Jahr ähnlichen Reden“, sagte Landrat Wolfgang Spelthahn, der am Ende der Aufführung in der Kirche nur eine ganz kurze Ansprache hielt und an die Menschen dachte, die gerade in Luftschutzkellern in der Ukraine ausharren sowie an die Menschen in Gaza nach dem verbrecherischen Angriff der Hamas auf Israel. „Der Irrsinn von Krieg und Gewalt wurde mehr als deutlich. Wir müssen gemeinsam für den Frieden eintreten und dürfen dabei niemals die Hoffnung verlieren. Möge dieses Zeichen des Friedens all die Menschen in Not erreichen“, sagte der Landrat. Bürgermeister Stephan Cranen ist überzeugt davon, dass es der richtige Weg ist, junge Menschen einzubinden, um das Gedenken zum Volkstrauertag zu erhalten und die Erinnerungskultur in der Gemeinde neu zu gestalten.

Viele Tänzer und Menschen, die Frieden suchen

Mit den Tänzerinnen und Tänzern, Schergen, Mitläufern und Friedenssuchenden standen auf der Bühne: Der „Tod“ Lars Harmens, Kriegsfürst Heiko Westerburg, Sarah Eischet als Mutter Gaia und Beschützerin des Friedenslichts sowie das Friedenspaar Luisa Bell und Luca Erkens. Die Musik haben Simon Mölders und David Theis zusammen mit dem Musikdozenten Martin te Laak geschrieben.