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  3. Grönland: Warum die Wikinger nach 400 Jahren ihre Siedlungen wieder verließen

Geschichte Wikinger

Warum die Siedlungen auf Grönland verlassen wurden

Kurz vor dem Jahr 1000 führte Erik der Rote eine Gruppe Nordleute zu einer Insel, die er „Grünland“ nannte: Grönland. 400 Jahre später waren ihre Siedlungen verwaist. Wissenschaftler fanden den Grund für das Verschwinden der Bewohner.
Freier Autor Geschichte
Summer in the Greenland coast circa the year 1000 by Carl Rasmussen (1874). Summer in the Greenland coast circa the year 1000 by Carl Rasmussen (1874).
Eine Knorr, ein Handelsschiff der Wikinger, um das Jahr 1000 auf der Fahrt nach Grönland – Gemälde von Carl Rasmussen (1874)
Quelle: Wikipedia/Public Domain
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Erik Thorvaldsson, „der Rote“ genannt, kannte wenig Skrupel, wenn es um seine Karriere ging. Wegen eines Totschlags musste er um 970 aus Norwegen nach Island fliehen. 982 wurde er wegen eines ähnlichen Delikts von der Insel verbannt und nahm Kurs auf Westen, wo Jahre zuvor ein Seefahrer etwas entdeckt haben wollte.

Tatsächlich stieß Erik auf ein Land, das er während seines unfreiwilligen Exils erkundete. Nach Island zurückgekehrt, pries er seine Entdeckung als „grünes Land“, Grönland. Das traf die Realität nur sehr bedingt, diente aber dem Zweck, Leute anzulocken, die Erik zu folgen bereit waren. So beschreiben die nordischen Sagas die Besiedlung Grönlands durch die Wikinger. Gute 400 Jahre später war davon wenig geblieben. Eine Hochzeitsurkunde belegt, dass um 1408 noch zwei Nordleute auf Grönland getraut wurden. Zwei Jahre danach verzeichnen die Annalen die Rückkehr eines Isländers aus Grönland. Dann verschwand die Insel aus dem Gesichtskreis Europas.

Brattahlid (Groenland) Brattahlid (Groenland) (oestliche Siedlung der Wikinger auf Groenland, 985 gegruendet von Erik dem Roten). - Teilansicht. - Foto (c) AKG / Werner Forman.
Hausfundamente der Östlichen Siedlung auf Grönland, heute Brattahlid
Quelle: picture-alliance / akg-images /

Als Grund wird in der Forschung die Kleine Eiszeit genannt, die ab dem 14. Jahrhundert das Klima auf der nördlichen Halbkugel maßgeblich prägte. Zunehmende Kälte hätte demnach die ohnehin schwierigen Lebensbedingungen auf Grönland derart erschwert, dass die beiden größeren Orte – die Westliche und die Östliche Siedlung – bewusst aufgegeben wurden. Angriffe der „Skraelingar“, wie die Inuit genannt wurden, Krankheiten und Inzest mögen für die Nachfahren der 25 Schiffsbesatzungen, die Eriks Verlockungen einst nach Grönland gefolgt waren, weitere Gründe des Abzugs gewesen sein.

Ein Team der University of Massachusetts Amherst kam 2022 in der Fachzeitschrift „Science Advances“ zu einem anderen Schluss: Nicht die Kälte, sondern die Trockenheit machte den Wikingern den Garaus. Im 14. Jahrhundert war aus dem „grünen Land“ Eriks des Roten eine dürre Welt geworden, die das Vieh nicht mehr ernähren konnte.

The discovery of Greenland by Erik the Red, AD 983, engraving after a painting by Carl Rasmussen, from The Illustrated London News, No 1883, September 11, 1875.
Das wichtigste Hilfsmittel der Wikinger war das Schiff
Quelle: De Agostini via Getty Images

Bislang wurden historische Temperaturdaten Grönlands anhand von Eisbohrkernen rekonstruiert, die auf etwa 2000 Meter Höhe im Zentrum der Insel gewonnen wurden. Die Siedlungen der Wikinger lagen aber rund 1000 Kilometer davon entfernt an der Südküste. Von diesen Orten existierten bislang keine Daten, sagt der Geowissenschaftler und Co-Autor Raymond Bradley. Daher nahm sein Team Sedimentproben aus einem See unweit der einstigen Östlichen Siedlung.

Zwei Biomarker wurden zur Grundlage der Analyse. Das eine waren Lipide – wasserunlösliche Naturstoffe –, deren Strukturen Auskunft über Temperaturveränderungen geben. Daneben wurde die wachsartige Beschichtung von Pflanzen untersucht, die Rückschlüsse über den Grad der Verdunstung zulassen. Die Ergebnisse belegen, „dass es im Laufe der Zeit stets trockener wurde, während sich die Temperaturen im Süden Grönlands kaum verändert haben“, erklärt Boyang Zhao, der Hauptautor der Studie.

GREENLAND - 1981/01/01: Ruins of the old stone church at Hvalsey in South Greenland. Hvalsey Church was probably built in the 14th century, but is the best preserved of the churches in Greenland from that period. (Photo by Wolfgang Kaehler/LightRocket via Getty Images)
Auch von dieser Kirche blieben nur Ruinen
Quelle: LightRocket via Getty Images

Danach war es also nicht die Kälte, die den Nordleuten die letzten Ressourcen ihrer ohnehin kargen Siedlungen nahm. Selbst in ihren besten Zeiten hatten schätzungsweise zwischen 2000 bis 6000 von ihnen auf Grönland gelebt. Eriks Verheißungen zum Trotz war Landwirtschaft kaum möglich; man ernährte sich von Viehhaltung, Jagd und Fischfang. Wie archäologische Funde belegen, gab es Handelsbeziehungen nach Island und Norwegen – und nach Nordamerika.

Inzwischen gilt als sicher, dass Wikinger von Grönland aus – die Sagas sprechen von Eriks Sohn Leif Eriksson – um etwa 1000 die Küste Nordamerika erreichten und dort die Siedlung Anse-aux-Meadows auf Neufundland anlegten. Eines der wichtigsten Güter, das von dort bezogen wurde, war Holz, das es weder auf Grönland noch auf dem längst entwaldeten Island gab. Dass die Nordleute ihren Lebensunterhalt daneben mit Raubzügen bestritten, machen übel zugerichtete Skelette wahrscheinlich, die in Gräbern bei der Östlichen Siedlung gefunden wurden.

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Wie schwierig das Überleben am Polarkreis war, zeigen Berichte, nach denen die Menschen ihr Vieh nach den langen Wintern auf die Weiden tragen mussten. Denn die Kraft, aus den Ställen zu laufen, hatte es nicht mehr. Wenn anhaltende Trockenheit die ohnehin magere Pflanzendecke ruinierte, gingen daher die Tiere ein. Erstaunlich ist, dass die Wikinger nicht geduldig auf das Ende warteten. Zahlreiche Indizien lassen den Schluss zu, dass zunächst die West- und später die Ostsiedlung geordnet geräumt wurden. Wohin die Siedler zogen, ist unbekannt.

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Dieser Artikel wurde erstmals im April 2022 veröffentlicht.

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