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Ausland IS-Terror

Königin Rania richtet „Ruckrede“ an die Araber

Die Wutrede der Königin Rania

Islamisten missbrauchten die Identität der arabischen Nationen, sagte Rania. Die Staaten müssten für das Image des Islam kämpfen: „Unser Schweigen spricht Bände. Wir sind mitschuldig an ihrem Erfolg!“

Quelle: Die Welt

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Mit klaren Worten wendet die jordanische Königin sich an die arabischen Staaten: Sie gibt ihnen eine Mitschuld am Erfolg der Terrormiliz IS. Deren Taten müssten jeden Araber „vor Wut kochen“ lassen.

Sie ist schön und klug: Die jordanische Königin Rania. Normalerweise eröffnet sie Konferenzen, weiht Schulen ein, setzt sich für mehr Frauenrechte im arabisch-islamischen Raum ein oder hält Vorträge über Erziehung und Ausbildung von Kindern. Normalerweise also hält sich Ihre Exzellenz aus allem Politischen heraus. Das ist Sache ihres Mannes Abdullah II., des Königs von Jordanien.

Normalerweise. Aber die Zeiten sind nicht normal, schon gar nicht in Jordaniens Nachbarschaft. Und so zeigte die 44 Jahre alte Königin nun einige ganz andere Seiten: Sie ist emotional, kämpferisch und sehr politisch. Bei der Eröffnung der 5. Medienkonferenz in dem Golfemirat Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) hielt sie eine viel beachtete Rede, die weit über ihre überwiegend repräsentativen Tätigkeiten hinausging und in der arabisch-islamischen Welt bereits als Weckruf, als „Ruckrede“ interpretiert wird.

Eine kleine Minderheit areligiöser Extremisten nutzt die sozialen Medien, um unsere Geschichte umzuschreiben, unsere Identität zu kidnappen
Rania, Königin von Jordanien

Die Extremisten wie jene des selbst ernannten Islamischen Staates (IS) seien im Begriff, die Identität der arabischen Nationen zu kidnappen und zu missbrauchen, sagte Rania. Sie forderte die arabisch-islamische Welt auf, sich zu wehren und für das Image des Islam zu kämpfen, bevor es von den Islamisten endgültig zerstört wird. In ihrer sehr emotionalen Rede verurteilte sie „den Frontalangriff auf unsere Werte als Volk“. Die Araber müssten von den militanten Terroristen ihre Geschichte, ihre Identität zurückfordern und zurückerobern.

Mit ihren gewaltverherrlichenden Videos, die Enthauptungen und Vergewaltigungen zeigten, verändere der IS die Wahrnehmung der arabisch-islamischen Nationen in der Weltöffentlichkeit. „Das ist es, was der IS uns antut, allen von uns“, sagte Rania. „Eine kleine Minderheit areligiöser Extremisten nutzt die sozialen Medien, um unsere Geschichte umzuschreiben, unsere Identität zu kidnappen und uns zu diskreditieren.“

„Das ist ihre Version der arabischen Welt, ihr Plot, ihre historische Erzählung und Interpretation. Es sind ihre Helden. Und der Rest der Welt hört und schaut zu. Es repräsentiert mich ebenso wenig wie Sie“, rief die Königin fast anklagend ins 600 Zuhörer zählende Auditorium. „Die Extremisten sind abnorm und abstoßend und müssten jeden Araber kochend vor Wut machen.“

Das jordanische Königspaar empfängt am 24. Mai dieses Jahres Papst Franziskus im königlichen Palast zu Amman
Das jordanische Königspaar empfängt am 24. Mai dieses Jahres Papst Franziskus im königlichen Palast zu Amman
Quelle: picture alliance / abaca

Jeder trage Verantwortung. Eine Geschichte wird nicht nur durch eine Ansprache erzählt, sondern auch durch Schweigen. „Und unser Schweigen spricht Bände. Wir sind mitschuldig an ihrem Erfolg. Wenn es je eine Zeit zur Empörung gegeben hat, dann ist sie jetzt gekommen.“ Im Herzen dieses Angriffs stecke eine Ideologie. „Und wenn Sie glauben, man könne eine Ideologie mit einer Kugel besiegen, dann denken Sie bitte daran, was geschehen ist, nachdem Osama Bin Laden getötet wurde.“ Sicher, er sei tot, aber seine Hinterlassenschaft sei eine noch stärkere, verzweigte extremistische Bewegung.

Wenn die Araber ihr Vermächtnis und ihre Identität nicht selbst bestimmen würden, dann täten es die Extremisten für sie. „Wenn wir unsere Geschichte nicht schreiben, werden sie es tun.“ Der einzige Weg, die Jugend vom „Sirenengesang der Extremisten“ fernzuhalten, sei es, ihnen Alternativen aufzuzeigen – und dazu sei eine gute Ausbildung die Voraussetzung. „Entweder wir entwickeln unsere Region, oder wir lassen sie durch andere zerstören.“ Das sei dann ein Rückfall in das dunkle Zeitalter.

Die jordanische Königsfamilie auf der Neujahrskarte 2011: König Abdullah II. mit seiner Frau Rania und den Kindern (von links nach rechts) Iman, Hussein, Hashem und Salma
Die jordanische Königsfamilie auf der Neujahrskarte 2011: König Abdullah II. mit seiner Frau Rania und den Kindern (von links nach rechts) Iman, Hussein, Hashem und Salma
Quelle: picture alliance / abaca

Bildung sei der Schlüssel – für Jungen und für Mädchen, ein kleiner Seitenhieb auf die streng konservativen Golfmonarchien. Gut ausgebildete Mädchen und Frauen seien förderlich für die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Länder, sie achteten auf die Gesundheit und Ausbildung ihrer eigenen Kinder und seien damit unentbehrlich für stabile Gesellschaften, die dem Radikalismus widerstehen. Rhetorisch fragte die mutige und engagierte Königin ihre Zuhörer zum Schluss: „Oder warum wohl haben Boko Haram, die Taliban und der Islamische Staat solche Angst vor Mädchen mit Büchern?“

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