Ein Jahr Impfen gegen das Coronavirus: Schwere Nebenwirkungen extrem selten

Vor einem Jahr begann die Impfkampagne in Deutschland. Seither sorgten immer wieder Berichte über Nebenwirkungen für Irritationen. Was wissen wir heute darüber?

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(Bild: FabrikaSimf/Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Sandra Trauner
  • dpa
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Thrombosen bei Frauen, Herzmuskelschwäche bei Jugendlichen: Seit einem Jahr verunsichern Berichte über mögliche Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe viele Menschen. Am 27. Dezember 2020 startete offiziell die Impfkampagne. Weil die Zahl der Geimpften anfangs gering war, war es zunächst schwierig, solche Berichte einzuordnen. Inzwischen sind Millionen Menschen immunisiert: Zeit für eine Bilanz.

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Die Impfungen hätten nicht nur Krankenhauseinweisungen und Todesfälle verhindert, sondern auch wieder einen großen Teil des sozialen Lebens ermöglicht, schreiben US-Autoren im Fachblatt "Jama". Damit Menschen den Impfstoffen vertrauten, sei es wichtig, "den großen Nutzen und die geringen Risiken" klar zu kommunizieren, aber auch die Sicherheit der Impfstoffe zu überwachen, betonen die Experten der Gesundheitsbehörde CDC.

Deutschland habe "von Beginn an die Verdachtsfallmeldungen zu Impfstoffnebenwirkungen und -komplikationen mit höchster Priorität beobachtet, auch sehr seltene Nebenwirkungen frühzeitig erkannt und Maßnahmen zur Risikominimierung eingeleitet", schreiben die Chefs vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Klaus Cichutek und Karl Broich, in ihrer Bilanz ein Jahr nach Start der Impfungen.

Typische Beschwerden nach einer Impfung sind laut Deutscher Gesellschaft für Immunologie (DGfI) Schmerzen an der Einstichstelle, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Schüttelfrost und Fieber. "Diese Reaktionen sind Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab", schreibt das Robert Koch-Institut (RKI).

Das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige PEI veröffentlicht regelmäßig sogenannte Sicherheitsberichte zu den Covid-19-Vakzinen. Der jüngste stammt vom 23. Dezember und bezieht sich auf über 123 Millionen Impfungen, die bundesweit bis Ende November verabreicht wurden. Gemeldet wurden bis dahin 1,6 Verdachtsfälle pro 1000 Dosen – das entspricht 0,16 Prozent. Betrachtet man nur die schwerwiegenden Reaktionen, liegt die Melderate bei 0,2 Verdachtsfällen pro 1000 Impfdosen – 0,02 Prozent.

Als "schwerwiegend" definiert das Arzneimittelgesetz Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung erfordern oder zu bleibenden Schäden führen. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind laut Infektionsschutzgesetz meldepflichtig, wenn sie "über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehen".

Als "sehr seltene Risiken der Covid-19-Impfstoffe" listet der jüngste PEI-Sicherheitsbericht auf: Allergien (Anaphylaktische Reaktionen), Herzmuskelentzündung (Myokarditis) und Herzbeutelentzündung (Perikarditis), die Nervenentzündung Guillain-Barré-Syndrom sowie Blutgerinnsel (Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom, TTS).

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Generell verweist das PEI darauf, "dass unerwünschte Reaktionen im zeitlichen, nicht aber unbedingt im ursächlichen Zusammenhang mit einer Impfung gemeldet werden. Ob eine Reaktion tatsächlich eine Folge der Impfung ist, könnten nur Studien beweisen. Das PEI arbeitet mit Wahrscheinlichkeiten: Es vergleicht, wie häufig eine unerwünschte Reaktion gemeldet wird, und setzt das in Relation dazu, wie häufig dies statistisch in einer vergleichbaren ungeimpften Bevölkerung vorkommt. "Nach derzeitigem Kenntnisstand sind schwerwiegende Nebenwirkungen sehr selten und ändern nicht das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfstoffe", betont der jüngste Sicherheitsbericht.

"Myokarditis ist eine relevante Nebenwirkung", sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung, Thomas Voigtländer. Das dürfe aber kein Grund sein, sich gegen eine Covid-19-Impfung zu entscheiden: "Wer sich nicht gegen Covid-19 impfen lässt, geht ein weit höheres Risiko durch die Gefahren eines schweren Covid-19-Krankheitsverlaufs ein."

Myokarditis oder Perikarditis als Impfreaktionen seien sehr selten. "Wir sprechen hier von knapp fünf Fällen bezogen auf 100 000 Impfungen." Sie verliefen zudem in der Regel mild und heilten in nahezu allen Fällen aus. Die Verdachtsmeldungen betrafen hauptsächlich die beiden mRNA-Impfstoffe und überwiegend männliche Jugendliche. Dem Sicherheitsbericht zufolge wurden 15 Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung genannt. In drei davon hält das PEI einen ursächlichen Zusammenhang für möglich, in den anderen Fällen geht die Behörde "auf Basis der derzeitigen Datenlage" nicht davon aus.