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Enthüllung Wie Merkels und Merz' Feindschaft begann

Edmund Stoibers Ex-Wahlkampfberater Michael Spreng enthüllt pikante Details aus dem jahrelangen Machtkampf Merkel-Merz. Es geht um die "exemplarische Geschichte eines talentierten, aber überheblichen und eitlen Mannes" - und wie er seine listige Chefin unterschätzte.

Berlin - Michael Spreng war schon vieles: Chefredakteur der "Bild am Sonntag", Berater von Edmund Stoiber und Jürgen Rüttgers, Redaktionsleiter von Sandra Maischberger - jetzt ist er Kolumnist beim "Hamburger Abendblatt". Zusammen mit dem früheren "Stern"-Chefredakteur Michael Jürgs kommentiert er dort aktuelle Ereignisse. Am Donnerstag plauderte Spreng außer der Reihe ein wenig aus dem Nähkästchen. Anlass: Der Rückzug des CDU-Politikers Friedrich Merz aus der Politik. Spreng blickte zurück auf das schwierige Verhältnis zwischen Merz und Kanzlerin Angela Merkel - und verriet dabei ein pikantes Detail, das einen tiefen Einblick in die Abgründe der Union gibt.

Vor fünf Jahren war Spreng Stoibers Wahlkampfberater und dicht dran an den Größen von CDU und CSU. Im "Abendblatt" schildert er nun eine Begebenheit aus dem turbulenten Jahr 2000, als die Parteivorsitzende Merkel und der Fraktionschef Merz die Kohl-Spendenaffäre halbwegs gemeistert und überstanden hatten. Damals habe sich Merz als neuer CDU/CSU-Fraktionschef bei CSU-Chef Edmund Stoiber in München vorgestellt, schreibt Spreng in seinem Artikel mit Verweis auf eine Schilderung von Merkel. In Hochstimmung sei er von Stoiber zurückgekommen und habe Merkel erklärt: "Stoiber will nicht Kanzlerkandidat werden." Das mache dann eben er, Merz.

Offenbar verblüfft über seine eigene Kühnheit, habe Merz noch zu Merkel gesagt: "Aber Angela - was machst du dann?" Die Parteichefin sei klug genug gewesen, es in diesem Augenblick mit einem "Mach Dir mal keine Sorgen" bewenden zu lassen, schreibt Spreng.

Spreng hält diese Szene für ein Schlüsselerlebnis zweier unterschiedlicher Charaktere in der Politik. So empfand es auch das "Hamburger Abendblatt" - es titelte mit dem Merz-Zitat.

Spreng erzählt dann weiter die allseits bekannte Geschichte vom kontinuierlichen Abstieg des Friedrich Merz: Wie dieser 2002 seinen Posten als Fraktionschef an Merkel verlor, weil sie und Stoiber das nach der verlorenen Bundestagswahl ausgemacht hatten. Wie der Finanz- und Steuerexperte Merz anschließend als Vize-Fraktionschef keine Gelegenheit ausließ, um Merkel bei Parteifreunden und Journalisten schlecht zu machen. Wie er immer wieder Angebote von Merkel ausschlug - zum Beispiel, in ihrer Wahlkampfmannschaft 2005 mitzumachen.

Merkel konnte ihm das Bundesfinanzministerium laut Spreng nicht zusagen, weil es wegen Stoibers damaliger Ansprüche auf ein Superministerium blockiert gewesen sei. Darum habe Merz ihre Avancen abgelehnt. Nach der Wahl dann habe Merz das Rennen "endgültig verloren", schreibt Spreng - im November 2005, als die Große Koalition ihre Arbeit aufnahm.

Aus dem Lebensweg der beiden CDU-Politiker könne man "viel über Männer und Frauen in der Politik lernen", schreibt Spreng und urteilt scharf über Merz: Es sei die "exemplarische Geschichte eines talentierten, aber überheblichen und eitlen Mannes, der eine listige, zielstrebige und uneitle Frau unterschätzte".

Neugründung klar dementiert

Die Rivalität zwischen Merkel und Merz fasziniert die Öffentlichkeit bis heute. "Bild" kolportierte an diesem Donnerstag ein Gerücht, das zuvor schon im "Handelsblatt" stand: Merz denke daran, eine eigene Partei zum Bundestagswahlkampf 2009 zu gründen. Er habe schon mit führenden Personen aus Wirtschaft und Gesellschaft darüber gesprochen - auch über eine mögliche Finanzierung eine solchen Vorhabens. "Bild" fragt besorgt: "Und wie gefährlich wäre das für Kanzlerin Merkel?"

Spreng glaubt nicht an eine solche Neugründung: "Die halte ich für chancenlos und unrealistisch", sagt er SPIEGEL ONLINE. So ein Schritt würde Merz' Lebensgeschichte widersprechen: "Er ist ein alter CDU-Mann, der fest in Westfalen verwurzelt ist." Auch sehe er niemanden von Rang, der ihm folgen würde, sollte er eine Neugründung wirklich vorhaben. Zumal es für das Weltbild des Wirtschaftsliberalen schon eine andere Partei gebe - die größte Oppositionspartei im Bundestag: "80 Prozent seiner Vorstellungen decken sich doch mit denen der FDP." Was solle Merz da mit einer eigenen Partei im selben Teich fischen?

Die Gerüchte über eine Neugründung scheinen ohnehin ohne Substanz. In Merz' Bundestagsbüro wurden sie am Donnerstag klar dementiert: "Da ist nichts dran", sagte eine Mitarbeiterin SPIEGEL ONLINE. Eine Zeitungsente? "So kann man es auch sagen."

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