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Trump vs. Clinton: Das Basis-Informationspaket Das sollten Sie über die US-Wahl wissen

Donald Trump oder Hillary Clinton - wer zieht ins Weiße Haus ein? Was sind noch gleich Swing States und Super-Pacs? Und warum ist das Ganze so furchtbar teuer? Alles, was Sie zur US-Wahl wissen müssen.

Wann wird gewählt?

Seit 1845 ist gesetzlich geregelt, dass die Präsidentschaftswahl alle vier Jahre stets am ersten Dienstag nach dem ersten Montag im November abgehalten wird. In diesem Jahr ist dies der 8. November. Dass die Wahl im November stattfindet, geht auf die Gründerzeit der USA zurück: Im November hatten die Bürger, meist Bauern, eher Zeit zu wählen. Die Ernte war eingefahren, außerdem waren die weiten Wege zum Wahllokal noch nicht durch Regen oder Schnee unpassierbar geworden.

Heute haben die Bürger einiger Bundesstaaten am Wahltag frei, um wählen zu können, in anderen Staaten werden sie für einige Stunden von der Arbeit befreit. Wählern, die am Wahltag keine Zeit haben, bleibt die Briefwahl oder in einigen Staaten das zu einer festgelegten Zeit stattfindende "early voting". Versuche, den Wahltag im ganzen Land zum Ferientag zu erklären, sind immer wieder gescheitert.

Wann zieht ein neuer Präsident ins Weiße Haus ein?

Foto: © Larry Downing / Reuters/ Reuters

Der neue Präsident wird traditionell am Mittag des 20. Januar, meist auf den Stufen des Kapitols in Washington D.C. vereidigt - zweieinhalb Monate nach der Wahl. Der oberste Verfassungsrichter nimmt den Eid auf die Verfassung ab, und es ertönen Salutschüsse. Die beeindruckende Kulisse vor dem Parlamentsgebäude symbolisiert die Kontrolle, die der Kongress gemäß der Verfassung über den Commander in Chief haben soll. Noch am selben Tag zieht der neue Präsident schließlich mit seiner Familie ins Weiße Haus an der Pennsylvania Avenue ein.

In den Monaten zwischen Wahl und Vereidigung organisiert der neu gewählte Präsident sein Kabinett - er bestimmt Minister, ernennt Berater und wählt die Chefs der wichtigsten Behörden aus. Der amtierende Präsident - Barack Obama - gilt in dieser Zeit als "lame duck": Da ihm nun das politische Gewicht fehlt, kann er den Kongress nicht mehr überzeugen, seine Gesetzesvorschläge anzunehmen. Bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers übernimmt er deshalb fast nur noch repräsentative Aufgaben. Akten und Dokumente, die während Obamas Amtszeit entstanden sind, werden noch vor Amtsantritt seines Nachfolgers dem Nationalarchiv übergeben.

Warum ist der Präsident so wichtig?

Foto: Stan Gilliland/ dpa

Der Präsident ist Staatsoberhaupt, Chef der Exekutive und Oberbefehlshaber der Streitkräfte in einer Person. Das gibt dem Amt eine besonders starke Stellung, auch wenn der Präsident bei seiner Amtsführung durch den Kongress und das Oberste Bundesgericht kontrolliert wird. Als Chef der Exekutive ernennt der Präsident die Minister und die Chefs der Bundesbehörden, zu denen zum Beispiel auch die Sicherheitsdienste CIA, NSA und FBI gehören. Der Präsident beruft die Bundesrichter, und er hat die Macht, Gesetzesvorschläge des Kongresses durch sein Veto aufzuhalten. Senat und Repräsentantenhaus können dieses Veto nur mit Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern überstimmen.

Der Präsident ist für die Außenpolitik verantwortlich, er ernennt die Botschafter und kann Verträge mit anderen Staaten schließen, die dann wiederum durch den Kongress mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden müssen. Als Oberbefehlshaber kann der Präsident die Streitkräfte theoretisch nach seinem Ermessen einsetzen, er muss den Kongress aber innerhalb von 48 Stunden darüber informieren. Verweigert der Kongress die Zustimmung zu einem Einsatz, muss der Präsident die Soldaten innerhalb von 60 bis 90 Tagen zurückholen. Auch über den Einsatz der US-Atomwaffen kann der Präsident praktisch allein entscheiden. Das Recht zur Kriegserklärung liegt wiederum beim Kongress.

Was macht der Vizepräsident?

Foto: AP/dpa

Der Vizepräsident hat eigentlich nur eine echte Funktion, aber die ist ungemein wichtig: Fällt der Präsident aus (etwa durch Tod oder Rücktritt) wird der "VP" neuer Präsident bis zur nächsten regulären Wahl. Ansonsten ist das Job-Profil des Vizepräsidenten recht unscharf: In der Praxis übernimmt er oder sie vor allem repräsentative Aufgaben, vertritt den Präsidenten also zum Beispiel bei Anlässen wie Beerdigungen etc.

Außerdem ist der "VP" Vorsitzender des Senats, also der Vertretung der Bundesstaaten im Kongress. In Pattsituationen ist seine Stimme entscheidend (was allerdings nicht sehr häufig vorkommt). Verstehen sich Präsident und Vizepräsident gut, so wie jetzt Barack Obama und Joe Biden, kann der Vizepräsident ein einflussreicher Berater des Präsidenten sein.

Wie wird gewählt?

Foto: SPENCER PLATT/ AFP

Die US-Präsidentschaftswahl ist eine indirekte Wahl: Am 8. November stimmen die Amerikaner in den Wahlkabinen zwar für einen namentlichen Kandidaten. In Wahrheit aber wählen sie damit erst mal nur eine Anzahl von Wahlmännern aus ihrem jeweiligen Bundesstaat. Diese bilden das Wahlmännergremium (Electoral College), das offiziell erst im Dezember den Präsidenten und seinen Vize "wählt", wobei ihre Stimmen wiederum ans November-Ergebnis gebunden sind.

Die Wahlmänner werden in allen Staaten außer Nebraska und Maine per Mehrheitswahlrecht ermittelt: Der Präsidentschaftskandidat, der in einem Staat die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ergattern kann, bekommt automatisch alle Wahlmänner dieses Staates zugesprochen ("winner takes all"). Jeder Staat entsendet dabei insgesamt so viele Wahlmänner und -frauen, wie er Senatoren und Abgeordnete im Kongress stellt. Folglich besteht das Electoral College aus 538 Wahlmännern - inklusive drei aus der Hauptstadt Washington, die im Kongress keine aktive Stimme hat.

Für den seltenen Fall, dass am Ende keiner der Präsidentschaftskandidaten die erforderliche Mehrheit von mindestens 270 Stimmen aus dem Gremium erhält, schreibt die US-Verfassung vor, dass die Wahl durchs Repräsentantenhaus entschieden wird. Dann kürt das Unterhaus des Kongresses den Sieger im Januar per Mehrheitsentscheid.

Wer darf wählen?

Foto: AP/dpa

In der Regel dürfen alle Staatsbürger über 18 Jahre an den Präsidentschaftswahlen teilnehmen. Voraussetzung ist aber, dass sie sich als Wähler registrieren. In den einzelnen Staaten gelten allerdings unterschiedliche Regeln, für die Teilnahme von Verurteilten beispielsweise: In Florida, Kentucky oder Virginia droht Schwerverbrechern ein lebenslanges Wahlverbot. In Maine und Vermont können Straftäter hingegen sogar aus der Haft an der Wahl teilnehmen.

Interessant ist der Blick auf die Wahlbeteiligung: Nur rund 55 Prozent nahmen in den letzten Jahren an den Präsidentschaftswahlen teil, an den Kongresswahlen sogar noch weniger. In Deutschland geben bei Bundestagswahlen immerhin über 70 Prozent der berechtigten Bürger ihre Stimmen ab. Das Pew Research Center stellt fest, dass in diesem Jahr besonders viele Hispanics, Schwarze und Asiaten wahlberechtigt sind: Lag der Anteil dieser Minderheiten an den Wahlberechtigten im vergangenen Jahr noch bei 29 Prozent, liegt er im Herbst Prognosen zufolge bei über dreißig Prozent - somit wären nur noch zwei von drei Wählern weiße Angloamerikaner.

Der demografische Wandel in Amerika bedroht die Republikaner: Denn ihre Wähler sind eher weiß und männlich - der Anteil dieser Gruppe an den gesamten Wahlbeteiligten schrumpft seit Ende der Neunzigerjahre.

Warum ist der Wahlkampf so teuer?

Foto: Gerry Broome/ AP

Der Präsidentschaftswahlkampf 2012 war der teuerste der Geschichte. Obamas Partei und seiner Unterstützergruppen gaben fast 1,1 Milliarden Dollar aus, damit er für vier weitere Jahre im Amt bleibt. Rivale Mitt Romney und seine Unterstützer verfeuerten für seine erfolglose Gegenkandidatur sogar 1,2 Milliarden Dollar. Für das jetzige Rennen zwischen Donald Trump und Hillary Clinton wird mit deutlich höheren Kosten gerechnet. Der Endbetrag dürfte den Rekord von 2012 noch mal übertreffen, Experten gehen zurzeit von mindestens fünf Milliarden Dollar aus.

Warum solche exorbitanten Summen? Die USA sind ein riesiges Land mit einer weit verstreuten, ethnisch und politisch zersplitterten Bevölkerung von fast 320 Millionen Menschen. Die zu erreichen, kostet viel Geld. Rund 30 Prozent aller Wahlkampfausgaben entfallen auf Medienkampagnen, darunter TV-Spots, maßgeschneidert auf die kleinsten Zielgruppen. Der zweithöchste Posten (21 Prozent) ist "Fundraising" - es kostet Geld, Geld einzutreiben. Der Rest geht vor allem für Verwaltung und die Gehälter der Wahlhelfer drauf.

Seit Jahren gibt es Versuche, den Einfluss von Parteispenden in Präsidentschafts- und Kongresswahlkämpfen einzudämmen. Doch das letzte Grundsatzurteil des Supreme Courts machte die meisten dieser Reformen wieder nichtig. Konzerne, Banken, Gewerkschaften, Interessenverbände und andere "unabhängige" - doch oft von politischen Interessen gesteuerte - Gruppen können seither wieder problemlos in Wahlwerbung für Kandidaten investieren

Was sind Super-Pacs?

Foto: Ross D. Franklin/ AP

Super-Pacs sind politische Aktionsplattformen, die einzelne Kandidaten unterstützen, formell aber unabhängig von deren Kampagnen sein müssen. Die wichtigste Aufgabe der Super-Pacs liegt darin, Geld für Wahlwerbung einzusammeln. Für schwerreiche Sponsoren sind sie der leichteste Weg, um beliebig hohe Summen in den Wahlkampf fließen zu lassen. Es gibt keine Obergrenzen.

Auch ohne Absprache mit der offiziellen Kampagne eines Kandidaten können die Unterstützerplattformen mit ihren finanziellen Mitteln den Wahlkampf von Bewerbern entscheidend prägen, indem sie massiv in Straßenwerbung, TV-Spots und Broschüren investieren. Der Umweg wird immer stärker genutzt, die Superreichen spenden mehr denn je. Sammelten Super-Pacs rund 300 Millionen Dollar im gesamten Wahlkampf 2012, ist diese Marke in diesem Zyklus schon jetzt erreicht. Etwa die Hälfte stammt von einer kleinen Gruppe schwerreicher Personen und Familien.

Super-Pacs sind in den USA höchst umstritten. Kritiker befürchten, dass der ohnehin schon enorme Einfluss von Geldgebern auf die Politik durch die Unterstützerplattformen noch mal um ein Vielfaches gesteigert wird. Zudem bemängeln sie löchrige Kontrollmechanismen und fehlende Transparenz, was die Herkunft der Gelder angeht.

Wettrennen ums Geld: Die Statistik-Seite der New York Times 

Wie funktioniert Negativwerbung?

Foto: KEVIN LAMARQUE/ AP

Wahlkampf, das ist der Wettstreit um den besten Mann oder die beste Frau - könnte man denken. In den USA geht es aber auch andersrum. Eine beliebte Taktik in amerikanischen Wahlkämpfen ist, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen, indem Böses über Rivalen gestreut wird. Ein Film mit Jugendsünden des Konkurrenten, ein Flyer mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten, ein Großflächenplakat mit schweren politischen Vorwürfen: "Negative campaigning", so der Fachausdruck, kann äußerst brutal sein und Präsidentschaftsträume beenden.

John Kerry, der aktuelle Außenminister, kann ein Lied davon singen. Kerry, der 2004 gegen George W. Bush im Rennen um die Präsidentschaft antrat, warb damals unter anderem mit seiner militärischen Erfahrung aus Zeiten des Vietnamkriegs. Die "Swiftboat Veterans for Truth", eine Gruppe von ehemaligen Vietnamsoldaten, griff Kerry dafür gezielt an und unterstellte ihm, die Umstände seines Kriegseinsatzes verfälscht zu haben. Aus einem Thema, mit dem Kerry punkten wollte, wurde ein Thema, bei dem er sich plötzlich immer verteidigen musste. Am Ende verlor er die Wahl gegen Bush.

Auch im aktuellen Vorwahlkampf wird das Mittel wieder eifrig eingesetzt. Donald Trump ist ein Meister darin, über seine Rivalen herzuziehen und sie in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht zu rücken. Jeb Bush versuchte seinen Konkurrenten Marco Rubio während einer TV-Debatte anzugreifen, indem er ihm seine verpassten Senatsabstimmungen vorhielt. Rubio konterte geschickt, und so ist der Angriff Bushs auch ein guter Beleg dafür, dass "negative campaigning" durchaus auch nach hinten losgehen kann.

Was sind Swing States?

Die Mehrheit der US-Staaten fallen dank politischer Traditionen, aber auch clever manipulierter Wahlkreise deutlich in das eine oder andere Lager. Kalifornien zum Beispiel ist ein blue state, den die Demokraten sicher in der Tasche haben. Die meisten Südstaaten dagegen und weite Teile des Mittleren Westens sind red states, sie wählen seit Generationen verlässlich republikanisch. Die Parteien investieren deshalb Zeit und Geld lieber in die verbliebenen Staaten, in denen die Ergebnisse eher knapp sind und die mal so, mal so wählen - die Swing States oder Wechselwählerstaaten. Manche nennen sie auch purple states: rot und blau.

Die exakten Definitionen ändern sich, doch ins Spiel kommen dabei immer wieder Florida, Ohio, Colorado, Iowa, Nevada, New Hampshire und Virginia. Faustregel: Ohne Florida und/oder Ohio lässt sich keine Wahl gewinnen. Florida war beim Wahldebakel im Jahr 2000 das Zünglein an der Waage: Als der Oberste US-Gerichtshof die dortige, umstrittene Auszählung "einfror", entschied er die gesamte Wahl zugunsten von George W. Bush. 2012 gab unter anderem Pennsylvania den Ausschlag und sicherte Präsident Barack Obama eine zweite Amtszeit.

Dieses Jahr jedoch versprechen die Wahlen alle bisherigen Annahmen auf den Kopf zu stellen, auch was die Ausrichtung der Staaten angeht. Grund: die Kandidatur Donald Trumps. Er polarisiert so sehr, dass einige mit einem Erdrutschsieg der Demokratin Hillary Clinton rechnen - weshalb die Swing States gar keine Rolle mehr spielen würden. Andere meinen, dass Trumps populistischer Ton und die "neuen" Wählergruppen, die er damit anspricht, den einen oder anderen Swing State oder auch sicher geglaubte Demokratenstaaten ins Republikanerlager treiben könnten.

Was wird aus dem alten Präsidenten?

Foto: Manuel Balce Ceneta/ AP

Barack Obama bleibt in Washington - zumindest weitere zweieinhalb Jahre. Er will seiner Tochter Sasha ermöglichen, dass sie nicht vor dem Abschluss an der Sidwell Friends High School noch einmal die Schule wechseln muss. Ihre große Schwester Malia hingegen studiert ab 2017 an der Elite-Universität Harvard in Cambridge bei Boston. Die Obamas haben sich bereits eine hübsche Villa im Botschaftsviertel ausgesucht.

Was Obama und seine Frau Michelle nach der Zeit im Weißen Haus machen werden, ist derzeit noch nicht bekannt. Auch hat sich der Präsident noch nicht dazu geäußert, ob er wie viele seiner Vorgänger gut bezahlte Reden vor Unternehmen und Universitäten halten wird. Die staatliche Präsidentenrente in Höhe von zurzeit gut 200.000 US-Dollar im Jahr ist ihm jedoch sicher. Zusätzlich bezahlt ihm der Staat ein Büro inklusive Mitarbeitern, einige Reisen und den lebenslangen Personenschutz durch den Secret Service.

Auch darf Obama wie die Präsidenten vor ihm eine nach ihm benannte Bibliothek an einem Ort seiner Wahl bauen lassen. Die Barack-Obama-Bibliothek wird auf seinen Wunsch in Chicago errichtet - dort hatte der junge Sozialarbeiter Obama in den Achtzigerjahren seine berufliche Karriere begonnen.

Neue Obama-Villa in Washington

Nach dem Weißen Haus ziehen die Obamas in die Gegend um die edle "Embassy Row" in Washington, D.C. Roland Nelles hat sich dort umgesehen.

Warum wird gleichzeitig im Kongress neu gewählt?

Foto: JASON REED / Reuters

Der US-Kongress ist in zwei Kammern aufgeteilt: in Senat und Repräsentantenhaus. Alle zwei Jahren wählen die amerikanischen Bürger ein Drittel der Senatsabgeordneten neu - so auch in diesem Jahr: Am 8. November stimmen die US-Bürger in 34 Bundesstaaten nicht nur über den neuen Präsidenten, sondern auch über neue Senatoren ab. Gleichzeitig stehen alle 441 Sitze im Repräsentantenhaus zur Wahl.

Die Republikaner, die derzeit die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses stellen, werden ihre Stellung wohl verteidigen können: Von den 34 Sitzen im Senat, über die im November abgestimmt wird, halten zurzeit die Republikaner 24, die Demokraten die übrigen zehn - Prognosen gehen davon aus, dass sich an den Machtverhältnissen nur wenig ändern wird. Im Repräsentantenhaus ist die Mehrheit der Republikaner ohnehin so groß, dass derzeit niemand von einem Sieg der Demokraten ausgeht.

Wegen des turbulenten Präsidentschaftswahlkampfs beschäftigt sich jedoch kaum jemand mit den Kongresswahlen. Dabei könnte die Abstimmung weitreichende Folgen haben: Derzeit blockieren die Republikaner mit ihrer Mehrheit im Senat die Nominierung eines neuen Richters für den Obersten Gerichtshof der USA. Präsident Obama drängt seit Wochen vergeblich darauf, einen moderaten Kandidaten ins Amt zu befördern. Sollten die Demokraten bei den Senatswahlen die Mehrheit entgegen aller Erwartungen doch zurückerobern, hätten sie bessere Chancen, ihren Favoriten in den Supreme Court zu wählen.

Wie wirken sich Umfragen auf den Wahlkampf aus?

Foto: AP

Fast täglich werden im US-Wahlkampf neue Umfragen veröffentlicht, mitunter mehrere an einem Tag. Mit Ausnahmen haben sie sich im Verlauf des Vorwahlkampfs als recht zuverlässig erwiesen. Sie bildeten Donald Trumps Popularität früh ab, und nur in wenigen Staaten kam es zu Ergebnissen, die deutlich von den Prognosen abwichen.

Praktisch alles wird von den Umfrageinstituten abgefragt - Image der Kandidaten, Beliebtheit im Vergleich zum Konkurrenten, Popularität in Einzelstaaten. Die Kampagnen benutzen eigene "Pollster", um etwa in Einzelfragen die Stimmung der Bevölkerung und die Mehrheitsfähigkeit einer bestimmten Position zu testen.

Die Rolle der Umfragen ist äußerst umstritten. Sie sind ein wichtiger Gradmesser dafür, wie der Stand des Rennens und der Gemütszustand der Nation ist. Je näher die Wahl rückt, desto genauer werden sie, da die Zahl der Unentschlossenen sinkt. Kritiker stoßen sich allerdings an dem massiven Einfluss der Zahlen. So können sie dafür sorgen, dass die Aufmerksamkeit äußerst ungleich verteilt wird. Erstmals haben es die großen Fernsehsender in diesem Jahr zum Beispiel von Umfragen abhängig gemacht, wer sich für die TV-Debatten qualifiziert.

Skeptiker monieren zudem, dass die Vielzahl an Erhebungen auch eine gewisse Lenkungswirkung entfalten kann. In ihren Augen schaffen die Zahlen einen Kreislaufeffekt: Je populärer ein Kandidat ist, desto mehr Aufmerksamkeit entfällt auf ihn und je mehr Aufmerksamkeit, desto mehr Gewicht erhält sein Wort. Aus Sicht der Kritiker ist Trump dafür das beste Beispiel: Indem alle Augen auf die Umfragen gerichtet waren, ging er als Spitzenreiter in die Vorwahlen, ohne dass vorher überhaupt eine Stimme abgegeben worden war.

Wie wichtig sind TV-Duelle?

Foto: Jim Lo Scalzo/ dpa

TV-Duelle sind aus dem Wahlkampf in den USA nicht mehr wegzudenken, aber über ihre Wirkung lässt sich streiten. Duelle allein entscheiden ein Rennen in der Regel jedenfalls nicht. Die Debatten sind letztlich nur ein Baustein in einem langen Weg zur Präsidentschaftswahl.

Allerdings sind sie für Wählerinnen und Wähler in zweierlei Hinsicht von großer Bedeutung: Sie sind das einzige Aufeinandertreffen der Kontrahenten um das Weiße Haus. Nur in diesem Format kann das Wahlpublikum beide Kandidaten direkt miteinander vergleichen. Das Interesse ist traditionell gewaltig. Die Sender erzielen in ihren Übertragungen regelmäßig Bestmarken, in diesem Jahr dürfte Trumps Teilnahme die Quoten durch die Decke schießen lassen. Insgesamt gibt es vier terminierte TV-Debatten (inklusive Vize-Kandidaten-Debatte).

Duelle können zudem einen Verstärkereffekt haben. Patzt ein Kandidat etwa auf der Fernsehbühne, hat das tagelange Negativberichterstattung zu Folge, und es kann dazu führen, dass Wählerinnen und Wähler ihre Entscheidung noch einmal überdenken. Das Gleiche gilt natürlich im umgekehrten Fall: Ein gelungener Auftritt kann einem Underdog neuen Schwung geben und einen Favoriten noch weiter nach vorn katapultieren. Im vergangenen Wahlkampf sorgte ein kraftloser Auftritt von Barack Obama in der ersten Debatte gegen Mitt Romney für Panik im Lager des Präsidenten. Obamas stärkere Auftritte in der zweiten und dritten Debatte verhinderten dann, dass Romney von seinem guten Premierenauftritt weiter profitieren konnte.

Elefant und Esel: Welche Rolle spielen die beiden Parteien?

Foto: AFP

Traditionell spielen die Parteien in den USA eine weniger prominente Rolle als etwa in Deutschland. Das Präsidialsystem sorgt im Wahlkampf dafür, dass die Aufmerksamkeit nahezu vollständig den Kandidaten zuteilwird. Sie führen die Kampagne, sie bestimmen das Programm, sie stehen auf dem Wahlzettel.

Ganz irrelevant sind die Parteien dennoch nicht, gerade was die Organisation angeht. Sowohl die Demokraten als auch die Republikaner können wichtige Infrastruktur bieten. Sie haben Geld, können zusätzliche Spenden einwerben und haben in der Regel eine wertvolle Datensammlung, mit denen Wähler gezielt angesprochen werden können.

Auch der Parteitag ist eine wichtige Etappe. Gemeinhin wird die "Convention" als Krönungsmesse des Kandidaten oder der Kandidatin inszeniert, aber die Choreografie wird zumindest vom Establishment der Demokraten beziehungsweise der Republikaner mitbestimmt. Um einen größtmöglichen Effekt zu erzielen, geben sich Kandidat und Partei gewissermaßen als Team.

Autoren: Veit Medick, Paul Middelhoff, Marc Pitzke, Roland Nelles (SPIEGEL ONLINE)

Dokumentation: Almut Cieschinger, Claudia Niesen