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In der Kolumne Philipps Bergkosmos schildert unser bergwütiger Autor in regelmäßiger Unregelmäßigkeit und mit einem Augenzwinkern seine Sicht auf die Bergwelt. Wie schaut es mit eurer Orientierung am Berg aus? Ist euch mit GPS und Co. der Sinn schon abhanden gekommen? In Kolumne #3 führt euch Philipp auf den richtigen Weg. Hier geht’s lang >>>!

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Kolumne #3:
Das kleine Einmaleins alpiner Orientierung –
Ein Wegweiser zum Osterfest

Ostereier suchen oder in die Berge streifen? Warum entscheiden, wenn auch beides möglich ist!! Ich Schlaumeier mit feinem Gespür für schlechte Witze habe die besten Tipps zur Orientierung im Gebirge in meiner Kolumne versteckt. Und die Ostereier? Ebenso: jep, ich Schlaum-eier… Na das kann  ja heiter werden. Viel Vergnügen!


Wer Kinder im Alter zwischen 4 und 14 hat, wird zu Ostern verblüfft sein. Gut sieben Dutzend Schokoeier, mühsam versteckt an den ausgefallensten Winkeln der eigenen Wohnung – doch dann? Ohne Karte, ohne GPS, braucht der Nachwuchs keine 20 Minuten, um zielsicher sämtliche zuckrig-süßen Leckerbissen zu finden. Wäre es doch immer nur so einfach! Den Gefallen am Bergwandern finden die Sprösslinge schließlich nicht mal bei offenkundiger Zurschaustellung am aussichtsreichen Lieblingsgipfel. Welch Katzenjammer! Da lohnt ein heißer Tipp: die Ostereier nächstes Jahr einfach rund um’s Gipfelkreuz verstecken. Ich verspreche euch, ihr kommt dem nach oben sausenden Nachwuchs gar nicht mehr hinterher…

Umorientierung im Alter: Auf Fahndung nach dem Lieblingssport

Mit zunehmendem Alter wendet sich das Blatt. Bergsteigen wird plötzlich hip und trendy, die Ostereier-Suche: „Ist uncool. Cringe!“. Doch beileibe nicht nur Ostereiern widerfährt der Sturz in die Bedeutungslosigkeit! Generell scheint es, als gerate das Suchen aus der Mode. Der Zeitgeist steht auf Global Positioning System, kurz GPS. Knöpfchen an – Köpfchen aus? Wegfindung und Orientierung wird zum Kinderspiel, ganz gleich in welchem Alter!

Noch viel wichtiger: das satellitengestützten Navigationssystem kann in verzwickter Lage im Gebirge, bei Nebel oder dichtem Schneetreiben, der eigene Rettungsanker sein und gehört somit zum Standardinventar eines jeden Wanderrucksacks. Da erstaunen die Zahlen des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit, wonach im Sommer 2020 der Platzhirsch bei Rettungseinsätzen unverletzt geborgener Personen „Verirren und Versteigen“ war. Wie’s dazu kommt? Ganz einfach: GPS vergessen, Akku leer. Und dann, so hört man oft, „ist mein Orientierungssinn nicht mehr vorhanden.“

Damit ihr euch mit dieser These kräftig, bei der Wegfindung jedoch keinesfalls irrt, gibt’s nachfolgend vier irre Ratschläge zur Orientierung im Gebirge – in Kurzgeschichten verpackt und mit erstaunlichen Parallelen zum Osterfest!

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Kurzgeschichte #1:
»I gang so gern auf d’Kampenwand, wenn i mit meiner Wamp’n kannt« – Vertraue niemals Binsenweisheiten!

Wanderherbst 2018, Trubel auf der Kampenwand! Wen wundert’s, Hochsaison und bestes Wanderwetter. Der Chiemgauer Paradegipfel ist mit Menschen prall gefüllt. Ein Neuankömmling nähert sich in meinem Rücken, enttarnt durch schweres Keuchen. Kurz umgedreht, erblicke ich ein freudestrahlendes Gesicht. Es sitzt auf einem Bauch, der prall gefüllt und damit goldrichtig auf diesem rappelvollen Gipfel ist. „I gang so gern auf d’Kampenwand, wenn i mit meiner Wamp’n kannt?“, zitiert er sichtlich gerührt den als Binsenweisheit getarnten Vorwand, einen Bogen um die Spitzen des schneidigen Gipfels zu schlagen – und schickt nach einem kräftigen Atemzug stolz hinterher: „Papperlapapp! Das kann mir keiner mehr nehmen!“ Seine Freude, weit größer als der Bauchumfang, ist ansteckend. Ich jubiliere mit ihm, zumal auch ich wenige Stunden zuvor lernen durfte: vertraue niemals Binsenweisheiten!.

Flasche voll, Akku leer

Rückblende: Früh morgens am Parkplatz in Hainbach, der mir unbekannte Südwestanstieg auf die Kampenwand steht auf dem Programm. Neuer Weg, neues Glück! Zum Start gibt’s einen kurzen Kontrollblick: die Wasserflaschen – voll. Der Handyakku – leer, weil: Motivation zwar hoch, jedoch Außentemperatur niedrig. Und die Wanderkarte? Schlummert gut behütet in den eigenen vier Wänden. Na toll.

Sei’s drum, auf den prominenten Gipfel finde ich auch ohne Hilfsmittel, prahle ich in naiver Unkenntnis. Gesagt, getan? Gesagt, vertan! Nach rund einer halben Stunde gedankenverlorenen Schlenderns, verliere ich erschweren auch den richtigen Weg. Nun stehe ich vor einer Weggabelung zwischen dichten Fichten. Markierungen? Mitnichten.

»Worst-of« Binsenweisheiten zur Orientierung

In Ermangelung wegweisender Alternativen krame ich in meinen wieder aufgespürten Gedanken nach alten Binsenweisheiten zum Thema Wegfindung; voll der Hoffnung, sie mögen zweckdienlich sein. Ich nehm’s vorweg: dem ist nicht so. Hier mein persönliches »Worst-of«:

Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.
Falsch. Mein Ziel ist mir wohlbekannt, die Kampenwand. Der Weg dorthin: gänzlich schleierhaft. Welch Verhöhnung!

Alle Wege führen nach Rom.
Meine Hoffnung: falsch, der begrenzten Zeitkapazitäten wegen. Hainbach – Rom: 170 Stunden mit schnellem Schritt. Ich bete Richtung Rom, mindestens ein Weg möge auf die Kampenwand führen.

Viele Wege führen zum Ziel, doch nur einen kann man gehen.
Korrekt, gleichwohl nutzlos. Beschreibt treffend meine Lage.

Resigniert entscheide ich mich für etwas, das der Binsenweisheit »Ein Schritt vorwärts, zwei zurück« verdächtig nahe kommt, und laufe 15 Minuten retour bis zu einer Abzweigung, an der ich den markierten Weg wieder ausfindig mache. Positiv bleiben, »der Weg  ist das Ziel« – Kampenwand, ich komme.

Parallele zu Ostern:
»Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.« Gut sieben Dutzend Schokoeier wissen haargenau, wohin deren Weg führt. Gesucht, gefunden, im Kindesmund verschwunden. Der nächste Tag, die Bergtour fällt flach – Bauchkrämpfe plagen die gierigen Bengel. »Das weiß ein jeder, wer’s auch sei, gesund und stärkend ist das Ei.« Binsenweisheiten, auwei…

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Kurzgeschichte #2:
»Ein helles Köpfchen erleuchtet nicht die Nacht« –

Navigieren mit der Sonne

»Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt sie ihren Lauf, im Westen wird sie untergehen, im Norden ist sie nie zu sehen.« Für Puristen und echte Abenteurer gibt es eine Reihe Tipps und Tricks, sich ohne jeglichen Schnickschnack in der Natur zu orientieren. Einen Kompass für die Richtungsweisung? Unnötiger Ballast! Den alten Grundschulspruch im Gedächtnis, vertraue ich dem Sonnenstand, um mich auf einer winterlichen Wanderung bei München durch den Perlacher Forst leiten zu lassen. »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!«, setze ich den Reigen schlauer Sprüche fort, während ich mit der Kombination aus Sonne und analoger Armbanduhr die exakte Südposition bestimme.

DIY-Kompass für unterwegs

Die Armbanduhr flugs auf eine waagerechte Fläche gelegt, positioniere ich den Stundenzeiger auf die Sonne – Süden befindet sich dann genau in der Mitte zwischen 12 Uhr (13 Uhr während der Sommerzeit) und dem Stundenzeiger. Mensch, bin ich ein helles Köpfchen, strotze ich vor Selbstvertrauen und marschiere zielsicher gen Süden. Der Pfad windet sich, halb-links, scharf rechts, es dämmert sacht – draußen und in meinem Kopf. Da ist etwas, das ich nicht bedacht habe…

Als die Sonne an der nächsten Wegekreuzung untergeht, geht mir ein Licht auf. Verpackt in eine neue, gänzlich banale Weisheit wird rasch klar: »Ohne Sonne, bei schlechter Sicht, funktioniert der Sonnenkompass nicht.«

Meine Birne glüht in Nachtlichtfunktion, vor Peinlichkeit rot leuchtend. »Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt sie ihren Lauf, im Westen wird sie untergehen – lässt mich ratlos im Dunkeln stehen.«

Parallele zu Ostern:
Die wohl augenscheinlichste Parallele. Des Wanderers nächtlich-planloses Rumeiern entspricht im schlecht ausgeleuchteten Geschäft der Fehlgriff zu den verhassten Rum-Eiern.

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Ihr fragt euch, wo die restlichen zwei der vier angekündigten Kurzgeschichten abgeblieben sind?

Na hört mal, wir haben Ostern! Die lungern heimlich noch in ihren Verstecken. Doch nun, mit den ersten Ratschlägen zur Orientierung ausgestattet, kommen sie bestimmt alsbald zum Vorschein. Also liebe Freunde der spannungsfördernden Hinhaltetaktik: Fortsetzung folgt…!

PS:
Hat Euch die Kolumne getaugt? Dann lest gleich weiter und entdeckt hier Kolumne #1 und #2 aus
Philipps Bergkosmos:
#1 »Spekulatius-Berge und Kokosmakronen-Gletscher. Weihnachtsgebäck im Wandergepäck«
#2 »Fantastische Bergnamen und wo sie zu finden sind – ein närrischer Blick in die Welt der skurrilen und lustigen Gipfelnamen«

Autor

Philipp, gebürtiger Münchner, wohnt am Bodensee, dessen Größe er am liebsten von nahen Gipfeln aus der Vogelperspektive bestaunt. Er schwört darauf, dass mit einer Kombination aus Öffis, Radel und Wanderschuhen fast jeder Gipfel erreichbar ist – zumindest, wenn ein kraftspendender Nusszopf im Tourengepäck enthalten ist. In dieser Kolumne schildert er fortan in regelmäßiger Unregelmäßigkeit und mit einem Augenzwinkern seine Sicht auf die Bergwelt.

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