Ziemlich genau in der Mitte des Mainzer Tatort: In seinen
Augen (SWR-Redaktion: Ulrich Herrmann) sitzt Kommissarin Ellen Berlinger
(Heike Makatsch) bei ihrer Cousine (Jule Böwe) und jammert über sich selbst
("Scheinbar mach ich sowieso alles falsch"). Das ist der Moment, an
dem die mühsame Familiengeschichte einer Figur erinnert werden muss, die es
geschafft hat, bislang in
jeder Tatort-Folge, in
der sie aufgetreten ist, ein Kind wegzugeben.
Spoiler-Alarm: Die Serie reißt nun. Unangenehm aber bleibt, dass der Frau diese privaten Turbulenzen ungefähr so stark anzumerken sind wie in der aktuellen Folge das Wechseln eines Fahrradschlauchs in voller Montur (Mantel, Handtasche) ohne jede Dreckspur an den Händen. Also: gar nicht. Makatschs Berlinger wäre ein Lehrbeispiel dafür, was man beim Entwurf einer neuen Figur alles nicht machen soll.
Den behaupteten Workaholismus der Polizistin jedenfalls, die angeblich die Arbeit den Kindern vorziehen wollte, sieht man Heike Makatsch in dieser Form nicht an. Auch wenn in In seinen Augen eine Nacht durchermittelt wird, kriegt der Film den Stress, den das bedeuten könnte, in seiner mittellagigen Inszenierung (Regie: Tim Trageser) mit strahlenden Bildern (Kamera: Eckhard Jansen) zu generisch pockernder Musik (Andreas Weidinger) nicht dargestellt.
Die Geschichte hat ihre Momente (Drehbuch: Thomas Kirchner). Als Leiche fungiert die reiche Witwe Bibiana Dubinski (Ulrike Krumbiegel), die sich, wie der Rückblick enthüllt, mit Hundebesitzerin Charlotte Mühlen (Polizeiruf-Legende: Michaela May) angefreundet hat. Als Charlottes Hund überraschend stirbt, lernt sie den Beerdigungsinstitutsmitarbeiter Hannes Petzold (Klaus Steinbacher) kennen. Die beiden werden ein Paar, und weil Charlotte Bibis Reichtum erbt und Hannes im Gefängnis saß wegen Betrugs an älteren Frauen, versucht Berlinger zu beweisen, dass der Tod der Diabetikerin Dubinski kein Unfall war, sondern ein Mord von Hannes, um via Charlotte an das Geld der Toten zu kommen.
Der spannendste Moment ist der, wenn Berlingers Kollege Rascher (Sebastian Blomberg) den offensichtlichen Verdacht infrage stellt. Dass also nicht Hannes hinter dem Tod Dubinskis steckt, sondern Charlotte, weil die der vermeintlichen Freundin draufgekommen war – Dubinski hatte aus Eifersucht zuerst Charlottes Hund vergiftet und dann mit Hannes eine BDSM-Affäre begonnen. Der Effekt des Gedankenspiels ist hübsch, weil Michaela May so treuselig-naiv daherspielt, während gegen Hannes doch alles zu sprechen scheint – seine taxierenden Blicke, die Vorstrafen, die Flucht vor der Polizei.
Am Ende war's dann aber Enrico (Linus Moog), Hannes' Sohnemann, der es schwer hat mit Mutter (Drogen), Vater (Gefängnis) und dem eigenen Konsum (Drogen). Diese Figur ist anstrengend, weil sie die Miss-Marple-Sonnigkeit der Dreierkonstellation stört durch zu viel behaupteten Sozialrealismus. Zugleich schafft Enrico es, die Staatsanwältin Winterstein (Abak Safaei-Rad) durch Entführung von deren Tochter (Virginia Obiakor) unter Druck zu setzen. Das zeugt wie der Mord durch Insulinüberdosis von einer Perfektion und Cleverness, die in gewissem Kontrast zum Entwurf vom verlorenen, hilfsbedürftigen Teenager steht.
Ziemlich genau in der Mitte des Mainzer Tatort: In seinen
Augen (SWR-Redaktion: Ulrich Herrmann) sitzt Kommissarin Ellen Berlinger
(Heike Makatsch) bei ihrer Cousine (Jule Böwe) und jammert über sich selbst
("Scheinbar mach ich sowieso alles falsch"). Das ist der Moment, an
dem die mühsame Familiengeschichte einer Figur erinnert werden muss, die es
geschafft hat, bislang in
jeder Tatort-Folge, in
der sie aufgetreten ist, ein Kind wegzugeben.
Spoiler-Alarm: Die Serie reißt nun. Unangenehm aber bleibt, dass der Frau diese privaten Turbulenzen ungefähr so stark anzumerken sind wie in der aktuellen Folge das Wechseln eines Fahrradschlauchs in voller Montur (Mantel, Handtasche) ohne jede Dreckspur an den Händen. Also: gar nicht. Makatschs Berlinger wäre ein Lehrbeispiel dafür, was man beim Entwurf einer neuen Figur alles nicht machen soll.