Werte Kollegen, liebe Piraten, zunächst das tl;dr: Hiermit gebe ich meinen Rücktritt vom Amt des stvellvertretenden Bundesvorsitzenden der Piratenpartei Deutschland zum 8. Januar .2022 bekannt. Natürlich will ich auch kurz zu den Gründen Stellung nehmen, die mich nach reichlicher Überlegung zu diesem Schritt bewogen haben. Sie haben zum einen damit zu tun, dass das, was ich persönlich unter “professioneller Germienarbeit” verstehe oft leider nicht möglich war; zum anderen aber, und für mich viel schwerwiegender, dass der aktuelle Bundesvorstand sich zu Handlungen entschlossen hat, die für mich grundsätzlich unvereinbar mit dem sind, was ich unter fundamentalen “piratigen Werten” zusammen fassen würde und die ich so einfach nicht mehr mittragen kann. Die wesentlichen Gründe nun im Einzelnen: 1.) Transparenz, Partizipation, Datenschutz und Informationsfreiheit 
Auch wenn sich der aktuelle Bundesvorstand zu Beginn seiner Amtszeit entschlossen hat, die bis dahin informellen und grundsätzlich nicht öffentlichen Arbeitstreffen durch eine Regelung in der GO zu formalisieren und hier auch eine Form von Öffentlichkeit festgelegt hat, wurden leider viel zu oft Themen in der Nicht-Öffentlichkeit besprochen, für die sich diese aus meiner Sicht nicht begründen ließ. Dies verunmöglichte es uns, frühzeitig berechtigte Argumente der Basis mit einzubeziehen und machte Entscheidungen unnachvollziehbar. Ebenso wurde nahezu vollständig darauf verzichtet, Debatten auf dem “offiziellem dienstlichem Kommunikationskanal”, der Vorstands-Mailingliste, zu führen sondern alles Relevante in einer Telegram-Gruppe (sic!) besprochen. Dies geschah beschlusswidrig, denn für solchen Austausch war eigentlich ein Kanal auf der parteieigenen Infrastruktur vorgesehen. Dies ist schon im Falle eines Streits problematisch, denn auf diese Weise haben Schiedsgerichte im Zweifelsfalle keine Möglichkeit, Einsicht in die parteieigenen Archive zu nehmen, weil die relevanten Informationen irgendwo liegen, aber nicht auf der Hardware der Partei. Hinzu kommt, dass faktisch die gesamte relevante Kommunikation des Bundesvorstands damit in den Händen eines Anbieters liegt, der nicht nur Datenschutz und Privatsphäre für überflüssig hält, sondern der durch seine Funktionsweise auch massiv zu Hetze und Radikalisierung beiträgt. Dass der Bundesvorstand der Partei, die ihre IT-Kompetenz mal wie einen heiligen Gral vor sich her getragen hat, die politische Symbolik dieses Umstands nicht begreift, ist der Partei, wie ich sie seit ihrer Gründungszeit kenne, unwürdig. Die Streichung der Regelungen zur Informationsfreiheit aus der Geschäftsordnung des Bundesvorstands zu Beginn der Amtszeit war ein weiterer großer Fehler und ein fatales Zeichen. Ein solcher Schritt und ist mit den Werten unserer Partei nicht vereinbar. Ich hoffe, dass der nächste Bundesvorstand, oder Bundesparteitag für ihn, eine entsprechende Regelung wieder formalisiert. Der Bundesvorstand lebt die Werte nicht, die die Partei politisch fordert. Ich kann das nicht mehr mittragen. 2.) Top-Down vs Bottom-Up Leider hat der Bundesvorstand viel zu oft, scheinbar oder faktisch, den Eindruck vermittelt, der Partei “top-down” sein politisches Außenbild aufdrücken zu wollen, anstatt es aus der Mitte der Partei heraus zu entwickeln oder aus bestehenden Programmbeschlüssen schlichtweg abzulesen. Hier zu nennen sind insbesondere die eigenmächtige und unabgesprochene Veränderung der “Wahl-o-mat” Antworten zur Bundestagwahl 2021 oder die Veröffentlichung von Meinungsbeiträgen einzelner Gremienmitglieder zur “Corona-Politik”. Diese Einzelgänge sind schon für sich problematisch. Insbesondere der Beitrag zum Thema Corona wurde zudem genau einen Tag nach einer Basis-Debatte veröffentlicht und deren Inhalte und Ergebnisse damit faktisch wertlos gemacht. Wir sind eine Partei, die von der Arbeit von Freiwilligen lebt. Mit solchen Schritten werden nicht nur grundlegende parteiinterne Arbeitswege umgangen, sie sorgen auch für Frustration und Demotivation. Gerade im aktuellen Zustand unserer Partei brauchen wir imo keinen “politischen Vorstand” sondern einen “verwaltenden Vorstand” der es als seine Hauptaufgabe sieht, die politische Arbeit der Basis zu ermöglichen, “Steine aus dem Weg zu räumen” und den Piraten, die politisch Arbeiten wollen, den Rücken vom formal notwendigen Kram möglichst frei zu halten. Das Selbstverständnis eines Piraten-BuVo sollte ein “dienendes” und kein “führendes” sein. Schlussendlich müssen wir uns nicht in die Tasche lügen: politische Statements eines Piraten-BuVo liest derzeit ohnehin niemand. Solche Moves kann man sich auch sparen und ein paar Mitglieder weniger verärgern. 3.) Professionelle Gremienarbeit, Vertrauen und Umgang miteinander Im krassen Gegensatz zu den Alleingängen von Gremienmitgliedern in inhaltlichen Fragen steht die Haltung einiger Kollegen bei Themen des täglichen Geschäfts eines Bundesvorstands. Zum Umgang unter- und miteinander hatte unsere zurückgetretener GenSek Manuel schon einiges geschrieben, das ich so nur unterschreiben kann und hier jetzt nicht wortwörtlich wiederholen möchte. 
Leider hat sich der Bundesvorstand oft im Klein-Klein verloren und war der Auffassung, Alles immer mit Allen besprechen und abstimmen zu müssen, statt den Kollegen zu vertrauen, dass sie in ihren Geschäftsbereichen schon die richtigen Entscheidungen treffen würden. Seien es nun stundenlange Debatten, ob man als zuständiger BuVo auch mal im Einzelbeschluss Rechtsliteratur für ein Schiedsgericht für 13,99 genehmigen darf oder lange Verzögerungen bei Beauftragungen weil Bewerber:innen erstmal vor dem Gesamtvorstand vorsprechen mussten oder einzelne “Nasen nicht passten” statt den jeweils zuständigen Kollegen einfach zu vertrauen die sagen “Hab da wen, ist qualifiziert und kann gut mit ihr oder ihm zusammen arbeiten” und aus dem Beauftragungsbeschluss eine Formsache zu machen. Immerhin reden wir nicht von Themenbeauftragten in Zeiten, in denen die Piratenpartei Teil der Tagesschau-Sonntagsumfrage vor einer Bundestagswahl waren. Es geht um die Erfüllung organisatorischer Aufgaben. Alles zusammen hat bei mir leider so oft zu soviel Unmut geführt, den dann leider meine Familie zu spüren bekommen hat. Das kann ich mir und meiner Familie gegenüber nicht mehr verantworten und kann das Amt daher nicht mehr so ausüben, wie ich mir das wünschen würde. Die anhaltende Corona-Lage trägt natürlich dazu bei, dass ich mich nun entscheiden muss, wo meine Prioritäten liegen. Und dieser Entschluss ist gefallen. Ich werde aber weiterhin Pirat bleiben. Auch wenn der bisherige Text natürlich die negativen Aspekte der zurückliegenden Monate betont hat, möchte mich dennoch und ganz ausdrücklich bei den ganz vielen Piraten bedanken, mit denen ich im letzten Jahr zusammen arbeiten durfte und die mich in meiner Arbeit mit ihrer Zeit, Energie, ihrer Energie und ihren Fähigkeiten als persönliche Assistenent:innen, Beauftrage, Mitarbeiter:innen oder einfach nur “Piraten” unterstützt haben. So konnten wir im Bereich der Rechtsabteilung neben der Abarbeitung einiger Rechtsfälle (Danke Jens und Falk), einen weiteren Volljuristen gewinnen (Danke Jens) und anfangen, eine systematisierte und übersichtliche Aktenablage aufzubauen (Danke Miranda) 
Im Bereich der Bundesgeschäftsstelle möchte ich mich ganz besonders bei unserer “guten Seele” GBW bedanken, die uns auch zu den unmöglichsten Zeiten bei der Arbeit unterstützt hat und immer ein offenes Ohr für alles Mögliche hat. Danke auch an Dichter und das gesamte Team der internationalen Koordination, die für uns den Kontakt zu den anderen PPs halten. Im Bereich Internationales freut es mich ganz besonders, dass wir sowohl zur PPI als auch zur PPEU seit langem mal wieder keine “rein männlichen” Delegationen entsenden (Danke Miranda, Danke Anne, dass ihr bereit seit Euch hier einzubringen). Ich bleibe der Partei verbunden und werde auch für Fragen zur Verfügung stehen. So long and thnx 4 all the fish alios