Jetzt amtlich:: Sturmgewehr der Bundeswehr schießt schief!

Von: Von Hanno Kautz

Gewehr ohne Gewähr. Es ist noch gar nicht so lange her, da galt das Sturmgewehr G36 im Verteidigungsministerium als tadellose, moderne Waffe. Jetzt steht fest: Bei Wärme und nach Dauerfeuer gibt es Präzisionsprobleme! Das zeigt eine Studie von Bundesrechnungshof, Fraunhofer Institut und zwei Bundeswehr-Einrichtungen, die am Freitag vorgelegt wurde. „Das Aktuelle Waffensystem erfüllt die Forderungen nicht“, heißt es darin an zwei Stellen. Sowohl bei „schussinduzierter Erwärmung“, als auch bei „geänderten äußeren klimatischen Bedingungen“ (Temperatur und Feuchtigkeit) zeige sich, dass die „Forderungen des Bedarfsträgers (Bundeswehr, Anm.) nicht erfüllt werden können“.

Das Verteidigungsministerium prüft, welche Konsequenzen das für die Bundeswehr hat. Doch erst in frühestens fünf bis sechs Wochen sei mit Ergebnissen zu rechnen, sagte ein Ministeriums-Sprecher am Freitag.

Unabhängig davon hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zwei Prüfkommissionen einberufen:

► Ein Gremium unter Führung von Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller untersucht, ob bei der Reaktion auf die Probleme mit dem Gewehr Fehler gemacht wurden.

► Ein weiteres Gremium unter Führung des Grünen-Verteidigungs-Experten Winfried Nachtwei und des amtierenden Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus durchleuchtet Einsatzberichte danach, ob Präzisions-Probleme mit dem G36 Bundeswehrsoldaten in Gefahr gebracht haben.

Die Verteidigungsministerin scheint Transparenz bei der Aufarbeitung der Affäre nicht zu fürchten.

Der Prüfkommission gewährte sie „uneingeschränktes Recht auf Akteneinsicht“. „Alle Stellen der Bundeswehr sind verpflichtet, die Arbeit der Kommission zu unterstützen“, heißt es in einem internen Ministeriumserlass, der BILD vorliegt.

Allerdings: Auch in ihrer Amtszeit gab es offenbar Unstimmigkeiten bei der Aufarbeitung der G36-Pannen.

Laut „Süddeutscher Zeitung“ sei in der Bundeswehr bereits vor einem Jahr eine Initiative zur Verbesserung des Gewehrs gestartet worden, die zurückgestellt wurde.

Der „Spiegel“ berichtet, dass die Ministerin trotz Vorliegen eines anderslautenden Rechnungshofberichts noch im Mai 2014 vor dem Verteidigungsausschuss im Bundestag behauptet hatte, es lägen keine neue Erkenntnisse zu Problemen mit dem Gewehr vor.

So kommentiert Dr. Tobias Lindner (33/Die Grünen), Mitglied des Verteidigungsausschusses, den Abschlussbericht zur Untersuchung des Gewehrs G36:

„Ursula von der Leyen sollte sich jetzt besser nicht als die große Aufklärerin inszenieren. Sie hat es verpasst, umgehend und umfassend auf die Probleme mit dem Gewehr zu reagieren. Ein stringenteres Handeln der Ministerin im letzten Jahr hätte früher zu diesem Untersuchungsergebnis führen können. Frau von der Leyen muss jetzt vor allem handeln. Sie muss auf Basis des Ergebnisses schleunigst Konsequenzen ziehen.“

Peinlich für von der Leyen: Auch das Dementi einer BILD-Meldung musste das Verteidigungsministerium jetzt zurücknehmen.

Ihr Sprecher Jens Flosdorff musste zugeben, dass bereits seit Anfang April Schadenersatzansprüche wegen der Probleme mit dem G36 geprüft werden. Noch am Wochenende hatte das Ministerium einen entsprechenden BILD-Bericht dementiert. „Es war nicht die Absicht, dass dieser Tenor entsteht“, sagte Flosdorff jetzt.

Das Sturmgewehr G36 ist seit 1996 Standardausrüstung der Bundeswehr. Laut Verteidigungsministerium sind momentan 166 619 der Gewehre im Einsatz.

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