Rund ein dreiviertel Jahr ist vergangen, seit die ARD-Vorsitzende Karola Wille angekündigt hat, die Finanzstrukturen der ARD transparenter zu machen. Besonders Kosten und Gehälter sollten in einer „kompakten Übersicht“ verfügbar gemacht werden, versprach die MDR-Intendantin. Ein erster Schritt ist nun getan.
Seit Anfang September steht im Onlineangebot der ARD eine Liste mit der Gehaltsstruktur von Intendanten und weiteren Berufsgruppen im öffentlich-rechtlichen Senderkosmos. Die veröffentlichten Zahlen sind nur teilweise neu, waren aber bisher nicht als Zusammenstellung einsehbar.
Kirchhof-Gutachten gibt Empfehlungen
Es war 2010, als der WDR aufgrund einer neuen Gesetzeslage recht unvermittelt das Salär seiner damaligen Chefin Monika Piel offenlegte. Die anderen Sender mussten wohl oder übel nachziehen. In Zukunft ist zu erwarten, dass zumindest die ARD Informationen über die Bezüge ihrer Mitarbeiter regelmäßig aktualisiert. Das ZDF wird sicher nicht nachstehen können.
Die aktuelle Veröffentlichung der Zahlen im Netz kommt nicht zufällig jetzt. In der kommenden Woche wird die ARD ein Transparenz-Gutachten vorstellen, das der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof geschrieben hat. Das Gutachten wird Empfehlungen geben, welche Zahlenwerke verpflichtend offengelegt werden müssen – und welche eben nicht. Zur zweiten Kategorie zählen bisher etwa die Honorare von Sportexperten und bekannten Moderatoren.
Kleber verlängert Vertrag mit ZDF
Gerade wurde bekannt, dass der „Heute-Journal“-Moderator Claus Kleber seinen Vertrag mit dem ZDF bis Juli 2021 verlängert hat. Kleber arbeitet freiberuflich für den Sender, sein Honorar muss daher bisher nicht offengelegt werden. Laut dem Fachmagazin „Medienkorrespondenz“ wird es auf einen „mittleren sechsstelligen Gesamtbetrag“ geschätzt.
Ein Spitzenverdiener in der ARD war im vergangenen Jahr der WDR-Chef Tom Buhrow mit einem Gehalt von 399.000 Euro. Thomas Kleist, der Intendant des deutlich kleineren Saarländischen Rundfunks, war Schlusslicht mit 237.000 Euro. Eventuelle Extrazahlungen oder Nebeneinkünfte sind zumindest in dieser Tabelle nicht separat ausgewiesen oder erst gar nicht enthalten.
Deutlich mehr Gehalt für Intendanten
Aufschlussreich sind nicht nur die absoluten Zahlen, sondern auch die Steigerungsraten. Denn als vor rund sieben Jahren die erste Transparenzwelle durch die ARD-Führungsetage schwappte, sahen die Gehälter noch ganz anders aus. Die damalige WDR-Chefin Monika Piel kam demnach im Jahr 2009 auf ein Grundgehalt von 308.000 Euro. Zwischen sieben Jahren liegt demnach ein Sprung von 22 Prozent.
SWR-Intendant Peter Boudgoust kam im vergangenen Jahr auf 338.000 Euro, vor sieben Jahren waren es noch 273.000 Euro. Eine der Ausnahmen scheint Karola Wille selbst zu sein. 2009 kam ihr Vorgänger Udo Reiter auf knapp 277.000 Euro Gehalt, im Jahr 2016 lagen die Bezüge von Wille bei 275.000 Euro.
Lange Zugehörigkeit wird belohnt
Währenddessen haben auch die Gehälter ganz normaler Angestellter für Gesprächsstoff gesorgt. In der höchsten Tarifstufe können Redakteure der ARD demnach bis zu 9908 Euro im Monat verdienen, Sekretäre und Sachbearbeiter kommen in der höchsten Stufe immerhin bis 6182 Euro. Kameraleute kommen in der höchsten Stufe bis auf 7691 Euro. Auf Nachfrage verweist die ARD darauf, dass es sich bei diesen Angestellten um sehr lang gediente Mitarbeiter handele, die zudem besondere Verantwortung für Projekte oder Personal trügen.
Ein Sprecher teilt mit: „Durchschnittlich dauert es 20 Jahre bis zum Erreichen der letzten Vergütungsstufe einer Berufsgruppe - und entsprechend groß ist daher die Spannweite in der Vergütung der einzelnen Berufsgruppen.“ Zum Vergleich: Redakteure bei Tageszeitungen könnten, werden sie rein nach Tarif bezahlt, nicht auf die Gehälter der öffentlich-rechtlichen Kollegen kommen.
Kommt jetzt die Neiddebatte?
Die Transparenz-Debatte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eminent wichtig, das hat vor allem Karola Wille verstanden. Zu größerer Offenheit gibt es keine Alternative. Eine Neiddebatte lässt sich aber, angefacht durch die Veröffentlichung der Gehälter, vermutlich nicht völlig vermeiden – selbst wenn Sachlichkeit höchste Priorität haben sollte.
Gerne wird darauf verwiesen, dass die Gehälter der Spitzenverdiener in den Anstalten über dem von Bundeskanzlerin Angela Merkel liegen. Andererseits bekommen auch Spitzenmanager von Anstalten des öffentlichen Rechts - Messechefs, Verkehrsbetriebe-Manager, Krankenhausdirektoren oder Vorstände landeseigener Banken - teilweise üppige Gehälter von mehreren hunderttausend Euro.
Einer Offenlegung ihrer Gehälter verweigern sich bisher die Direktoren der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, also die Ebene unter den Intendanten. Ein hochrangiger ARD-Mitarbeiter soll die Antihaltung der Direktoren neulich sarkastisch so kommentiert haben: „Ich versteh gar nicht, welches Problem die Kollegen haben. So schlecht verdienen die doch gar nicht.“