Die Kirche steht in Recherswil SO seit längerem nicht mehr im Dorf. Es sind die Pläne und Projekte des schillernden Unterhaltungsunternehmers Peter Curti aus Hauenstein SO, die die 1600 Gemüter in der direkt an der Autobahn A1 gelegenen Gemeinde in Wallung bringen. Peter Curti, in der Region schon als ehemaliger Betreiber des schweizweit bekannten Sexklubs Römerbad in Oberbuchsiten sowie des «Bolero» auf dem Hauenstein ein Begriff, plant in Recherswil auf dem Areal des ehemals seriösen Solbads Flamingo ein Bordell der Superlative: Auf 3000 Quadratmetern Infrastruktur mit Innenbad, Aussenbad, Kontaktbars, Sauna, Massagen, Internetcafé und Sexkino sollen im FKK-Klub Freubad bis zu 60 Frauen für das fleischliche Wohl der männlichen Gäste von nah und fern sorgen.

Bis Anfang August 2003 betrieb derselbe Curti auf demselben Areal an der Gerlafingenstrasse 47 die Disco A1-Club. Weil das Vergnügungslokal erheblichen Autoverkehr mit sich brachte und die Besucher ihre Wagen teilweise auf einem Grundwasserschutzareal parkierten, regte sich in der Bevölkerung schon kurz nach der Eröffnung im August 2002 Widerstand. Klub und bewilligungserteilende Gemeinde wurden mit Beschwerden einer auf 350 Mitglieder aus Recherswil und drei Nachbargemeinden angewachsenen Interessengemeinschaft A1-Club (IG A1) reichlich eingedeckt. Nach nur einem Jahr Betrieb und juristischem Dauerhickhack – die IG A1 hatte inzwischen erreicht, dass der Betrieb auf 500 Besucher beschränkt wurde – streckte Curti schliesslich die Waffen und schloss den Klub. Die Betreibergesellschaft Disco-Club A1 GmbH (die auf diesen Namen umbenannte ehemalige Römerbad Betriebs GmbH) ging am 4. August 2003 in Konkurs.

Rund 150 Einsprachen abgeschmettert
Ein Pyrrhussieg für die IG A1, wie sich bald zeigen sollte. Flugs zauberte Curti nämlich sein neues Projekt für das Areal hervor, eben das Megapuff Freubad. Als zukünftige Betreibergesellschaft trat eine neue Curti-Firma auf, die BC Flamingo AG. Die IG A1 blieb am Ball und torpedierte auch das neue Vorhaben umgehend mit Einsprachen und Eingaben. Nichtsdestotrotz erteilte der Gemeinderat Curtis Projekt am 22. Dezember 2003 grünes Licht und schmetterte rund 150 Einsprachen ab. Nur eine beim Kanton noch hängige vorsorgliche Beschwerde verhindert bis anhin die Fertigstellung und Eröffnung des umgenutzten Vergnügungsareals.

Marc Rabout von der IG A1 ist überzeugt, dass es innerhalb der Recherswiler Gemeindeverwaltung beim Bewilligungsverfahren für das «Freubad»-Projekt – wie schon seinerzeit bei der Behandlung des Dossiers «A1-Club» – nicht mit rechten Dingen zuging. Der Argwohn ist verständlich, hat doch im Laufe der Auseinandersetzung zumindest ein Behördemitglied die Distanz zu Curti völlig verloren: Thomas Leuenberger, bis zum 7. Oktober 2002 Gemeinderat und Vizegemeindepräsident.

Der parteilose Leuenberger, Inhaber einer eingestandnermassen schlecht laufenden Einmann-Werbefirma in Recherswil, übernahm gar das interimistische Gemeindepräsidium nach dem Rücktritt des Amtsinhabers Armin Zeindler per Ende Juni 2002 bis zur Neuwahl im September 2002. Der Gemeinderat war damals bemüht, das Amt des Gemeindepräsidenten finanziell attraktiver auszugestalten: Statt rund 30000 Franken sollte der neue Präsident rund 60000 Franken plus Spesen und Sitzungsgelder erhalten. Das Volk lehnte die – von Thomas Leuenberger mitausgearbeitete – Gehaltserhöhung an der Gemeindeversammlung jedoch ab. Nach dieser Niederlage mochte Leuenberger – als amtierender Interimspräsident sicherlich nicht ohne Wahlchancen – jedenfalls nicht für das Amt kandidieren. So stellte sich am 22. September 2002 nur Friedensrichter Arnold Stotzer zur Wahl.

Am 20. September 2002 kündigte Leuenberger am Schluss der Gemeinderatssitzung unter «Mitteilungen» überraschend an, per 7. Oktober 2002 – dem Tag der Stabübergabe an den neu gewählten Gemeindepräsidenten – auch als Gemeinderat und Vizepräsident zurückzutreten. «Aus privaten Gründen»; und mehr gebe es dazu nicht zu sagen, richtete er damals der nachfragenden «Berner Zeitung» aus.

Was seinerzeit noch niemand ahnen konnte: Schon wenige Tage später sollte Gemeindepolitiker Leuenberger in Peter Curtis Diensten stehen, um fortan zu versuchen, dessen Angelegenheiten in Recherswil in die richtigen Bahnen zu lenken. Noch aber hatte Leuenberger mit dem Curti-Dossier amtlich zu tun, denn just zu dieser Zeit lief die heisse Phase im Parkplatzstreit um die umstrittene Disco. In den folgenden Tagen nahm Leuenberger als Interimsgemeindepräsident an mehreren Sitzungen und Besprechungen des «A1-Krisenstabs» teil, nachdem das kantonale Gewässerschutzamt am 20. September 2002 das heikle Parkareal mit einem sofortigen Benützungsverbot belegt und Polizeieinsätze gegen die Parkiererei in der Gewässerschutzzone angedroht hatte.

Seit wann genau im Dienste Curtis?
In diesen hektischen letzten Tagen seiner Amtszeit setzte sich Leuenberger bemerkenswerterweise vehement für Ideen ein, wie die kantonale Verfügung noch hinausgezögert und ein sofortiges Einschreiten der Kantonsbehörden gegen Curtis Disco verhindert werden könnten. Tatsächlich wurde ein Aufschub erreicht.

Der Einsatz muss Curti gefreut haben: Am 10. Oktober 2002 – also kurz nach der Amtsübergabe an Nachfolger Arnold Stotzer – sickerte in Recherswil durch, dass Leuenberger im bezahlten Dienste des Milieuunternehmers stand: als Berater fürs Parkplatzproblem. Seit wann genau, ist unklar. Leuenberger beteuert, er habe «erst am 5. Oktober 2002 von Curti ein Angebot erhalten, in seine Dienste zu wechseln». Noch am selben Tag habe man sich «per Handschlag geeinigt». Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde erst am 1. Januar 2003 abgeschlossen.

Schon bald trat Leuenberger auch als «Geschäftsführer» der Curti-Firma BC Flamingo AG auf, die das «Freubad» betreut – obwohl in dieser Funktion nicht offiziell im Handelsregister eingetragen. Weitere Curti-Firmen (siehe Artikel zum Thema «Vergnügungsunternehmer Peter Curti: Link zum Zürcher Milieu»), die ihren Sitz nach Recherswil verlegten, werden inzwischen von Leuenberger als «Bevollmächtigter» gemanagt.

Auch finanziell am Projekt beteiligt
Spätestens seit März 2004 sind Leuenberger und Curti auch finanziell Partner: Bei der neu gegründeten LECU GmbH, die ihr Domizil an der umstrittenen Adresse in Recherswil hat und die zum Zweck hat, ein «Internetcafé sowie einen Sauna- und Wellnessbetrieb» zu betreiben, halten die beiden zusammen das Stammkapital von 20'000 Franken. Über die LECU GmbH will das Gespann Curti/Leuenberger am 1. Mai im durch die Eingaben blockierten «Freubad» wenigstens schon mal ein digitales Spannerportal eröffnen.

Bereits in einer Eingabe an den Recherswiler Gemeinderat vom 14. Oktober 2002 wurde offen ein «Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit Bewilligungsverfahren A1-Club» formuliert: Der Umstand, dass der Interimsgemeindepräsident zum «Unternehmensberater des A1-Clubs» mutiert sei, lasse «die Vermutung zu, dass er sein reiches und tiefgründiges Insiderwissen nutzbringend anwenden» werde. Sein Wirken als Interimsgemeindepräsident erscheine «mehr als nur fraglich». Obschon in der Eingabe «rasche Vorabklärungen» gefordert wurden und das Dokument in Kopie auch an das kantonale Bau- und Justizdepartement ging, passierte bisher nichts.

Thomas Leuenberger indessen weist solcherlei Verdächtigungen weit von sich: Seine Ankündigung des Rücktritts aus den Gemeindeämtern am 20. September 2002 habe «nichts mit Peter Curti zu tun» gehabt. «Bis zum 7. Oktober 2002 setzte ich mich mit aller Kraft, nach bestem Wissen und Gewissen für sämtliche Gemeindeangelegenheiten ein.» Mit dem Dossier Curti habe er in seiner Amtszeit ohnehin «nur am Rande» zu tun gehabt, «sind doch Baugesuche durch die zuständigen Kommissionen behandelt und vom Gemeinderat praktisch nur zur Kenntnis genommen worden». Da es vor dem 5. Oktober 2002 «keinerlei geschäftliche Kontakte» zu Curti gegeben habe, stelle sich für die Aktivitäten von Ende September 2002 auch nicht die Frage einer Ausstandspflicht.

In Recherswil erinnert man sich indessen daran, dass Leuenbergers Amtsvorgänger Armin Zeindler nicht ohne Nebengeräusche zurückgetreten war. Zeindler hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass sich in Recherswil «Indiskretionen» im Gemeinderat gehäuft hätten, ja dass sogar nach aussen «immer öfter Tipps gegen die Interessen des Gemeinderats gegeben» worden seien. Im Weiteren, so Zeindler, hätten sich «gerade im Bauwesen willkürliche Entscheide gehäuft».