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Gesundheit Silberblick

Warum wir dem Charme des Schielens erliegen

Ein Leipziger Opossum mit Sehfehler hat die Herzen der Menschen im Sturm erobert. Warum mögen wir den Silberblick auch bei Prominenten so gern?

"Schiel nicht, sonst bleiben deine Augen irgendwann stehen!" Die alte Warnung an die Kleinen würde man dieser Tage öfters hören von Müttern - wenn sie nicht wüssten, dass heute schon die Vierjährigen sofort im Internet allen Unsinn entlarven könnten. Es wird jedenfalls seit Neuestem mehr geschielt in der Schule, im Kindergarten, auf Spielplätzen. Heidi, berühmtes Opossum aus Leipzig , das den Eisbären Knut als beliebtestes Zootier der Republik abgelöst hat, gibt die Blickrichtung vor: beide Pupillen möglichst nah an die Nase gedrückt, und dann die Augen weit auf.

Alle lieben Heidi. Weil es so süß schielt, natürlich. Aber was macht das Schielen, das unter dem Namen Strabismus schließlich als Krankheit bekannt ist, eigentlich so attraktiv? Werden Kinder, die schielen, zumal in dem Ausmaß von Heidi, nicht gern gehänselt von ihren Altersgenossen? Das mag so sein, und dennoch löst das Schielen eben alle Reflexe des Kindchenschemas aus: Die Evolution hat uns beigebracht, den Nachwuchs, solange er noch hilflos ist, unter einen besonderen Schutzstatus zu stellen, ihn darum zu mögen, weil er ansonsten keine Chance hätte.

Silberblick kann unbehandelt gefährlich werden

Forscher präsentieren künstliches Auge

Mit einem Prototyp der Sehprothese kann eine Patientin nach eigenen Worten wieder schemenhaft ihre Umgebung erkennen. Das australische Forscherteam selbst spricht von einem Meilenstein.

Quelle: Reuters

Entsprechende Zuneigung lösen deshalb bestimmte Körpermerkmale aus, die besonders Kindern zueigen sind. Dazu gehört ein überproportional großer Kopf, unterproportional kleine Ohren und einiges mehr - darunter eben auch das Schielen. Weil es besonders unter Kindern weit verbreitet (fünf Prozent aller Kleinkinder schielen sogar sehr deutlich) und bei ihnen auch noch unproblematisch ist. Der Eindruck einer gewissen Hilflosigkeit kommt hinzu.

Bisweilen wächst der Strabismus mit dem Größerwerden von allein heraus. Bleibt er, so sollte er nach wenigen Lebensjahren aber behandelt werden. Ansonsten wird das Auge, das am wenigsten geradeaus schauen kann, über die Jahre vom Gehirn weitgehend abgeschaltet, weil es die Signale von beiden nicht in einen Fokus gebündelt bekommt. Dafür gibt es bestimmte Brillen, die das schielende Auge trainieren. In hartnäckigen Fällen wird das "führende", das gesunde Auge einfach abgedeckt, damit das "geführte" Auge allein lernt, geradeaus zu schauen.

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Weniger problematisch ist es übrigens, sagen die Augenärzte, wenn nicht nur ein Auge, sondern beide stark nach innen gewandert sind und nahezu symmetrisch, doppelseitig schielen. In diesem Fall - auch beim Opossum Heidi handelt es sich um einen solchen - kann sich das Gehirn nicht entscheiden, welches es stilllegen soll, und lässt zur Sicherheit beide so weit es geht normal weiterarbeiten.

Strabismus ist erblich

Besonders empfiehlt es sich für diejenigen Eltern, die in ihrer Kindheit selbst schielten, ihrem Nachwuchs genauer in die Augen zu sehen. Strabismus ist nämlich erblich. Zur Freude aller Anhänger des Leipziger Opossums. Dürfte sich doch die Zucht einer schielenden Beutelratten-Art dadurch einfach gestalten. Man stelle sich vor: Kindchenschema und dies auch noch bei Heidis Babys.

Daraus wird allerdings wohl nur etwas, wenn der Tierschutz die Behörden oder gar den Gesetzgeber nicht erfolgreich zum Einschreiten veranlasst. Denn dass Heidi an ihrem gewissen Etwas selbst Gefallen findet, ist zu bezweifeln, fehlt ihr doch der scharfe Blick auf die kleinen Wirbeltiere, Früchte oder Körner, die sie sich als Nahrung suchen muss.

Die niedliche Heidi und das Kindchenschema sind dabei nur die halbe Wahrheit dessen, wie der Strabismus eines Menschen auf Dritte wirkt. Interessanter ist da schon das Schielen Erwachsener. Natürlich wirkt es, wenn es erst so weit ausgeprägt ist wie beim Stummfilmstar Ben Turpin, nicht unbedingt vorteilhaft. Immerhin hat er, der sich sein Schielen nach eigenen Angaben bei einem Unfall als Heranwachsender zugezogen hatte, seine Augen genau so, wie sie waren, später auf 25 000 Dollar versichern lassen, weil sie seine Kinokarriere als Blödmann so trefflich unterstützten.

Mona Lisas Silberblick bezaubert bis heute

Rätsel um Mona Lisa scheinbar gelöst

Der italienische Kunsthistoriker Silvano Vinceti will eines der größten Rätsel der Kunstgeschichte gelöst haben: Per Infrarot-Methode hat er die beiden Vorbilder für die Mona Lisa identifiziert.

Quelle: Die Welt

Bei anderen Karrieren von Popstars war der leichte, kaum merklich veränderte Augenstand dagegen unmittelbarer förderlich. Derart ausgestattete Frauen erzielen bei Männern durchaus erotisierende Wirkungen. Bekanntester Fall ist Barbra Streisand (68), Sängerin und Hollywood-Schönheit, wie nicht zuletzt Chatrooms und Internetforen heute noch bezeugen. Und der Opernstar Ingeborg Hallstein, inzwischen Mitte 70, hat die Herren in der ersten Parkettreihe auch nicht nur mit ihrem Koloratursopran begeistert, sondern ebenso mit ihrer ganz speziellen Augenstellung. Beide Diven sind ein klassischer Fall von "Silberblick", mit dem auch Politik gemacht wird: 2004 lud das Europaparlament quer über den Kontinent mit einem Plakat zur Wahl ein. Darauf war eine "Europa" zu sehen. Besondere Merkmale: Sommersprossen - und Silberblick.

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Hier wird es schon schwerer als bei der Beutelratte Heidi oder dem Steppke von der Schulbank, die Wirkungszusammenhänge zu durchdringen. Liegt es daran, dass auch sie durch ihr leichtes Schielen eine gewisse Hilflosigkeit signalisieren und bei Männern Beschützerinstinkte wecken? Oder sagen sie dem, der sie anblickt: Meine Augen sind anders, ich sehe was, was du nicht siehst, habe Einblick in andere Sphären?

Die erotische Anmache des Silberblicks dürfte unmittelbarer funktionieren, so könnte man es zumindest daraus ableiten, wo der Begriff "Silberblick" seinen Ursprung hat, in der Malerei nämlich. Darunter versteht der Kunsthistoriker eine Technik der Porträtmalerei, bei der die abgebildete Person entweder frontal oder im Dreiviertelprofil gezeigt wird. Seit der Renaissance sind die Maler dazu übergegangen, dabei die Iris beider Augen nicht symmetrisch darzustellen, sondern das etwas fernere Auge ein wenig in die Mitte, zur Nase hin zu positionieren. Der Effekt: Beim Betrachter stellt sich das Gefühl ein, das Kunstobjekt blicke ihn direkt an, unmittelbar in die Augen. Und die Augen auf dem Bild folgen ihm dabei sogar, wenn er sich einen oder zwei Schritte nach rechts oder links bewegt. Anders bei den Porträts aus dem 14. Jahrhundert oder früher, bei denen die Augen symmetrisch dargestellt sind und wir deshalb das Gefühl haben, die Protagonisten schauen einfach durch uns hindurch, in die Ferne, als wären wir gar nicht im Raum.

Streisand und Hallstein haben uns eben schon immer etwas tiefer in die Augen geschaut, und das hat uns nicht kaltgelassen. Eine der ersten Figuren aus der Malereigeschichte, die das schaffte, war übrigens mindestens ebenso bekannt wie die beiden Ikonen unserer Tage: Leonardo da Vincis Mona Lisa. Ob sie nach heutigen Maßstäben wirklich eine so umwerfende Schönheit ist - wie in der Kunstgeschichte immer wieder behauptet wird -, darüber wird zunehmend gestritten. Dass sie einen ganz besonderen Blick hat, ist dagegen kaum zu bezweifeln. Den Silberblick eben.

Blutsverwandte von Leonardo da Vinci aufgespürt

Am 15. April 1452 kam der Universalgelehrte Leonardo da Vinci zur Welt, im italienischen Ort Vinci. Nun will Kunsthistoriker Alessandro Vezzosi insgesamt 25 Nachkommen des Genies gefunden haben.

Quelle: Die Welt

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