Disconnect Search schützt vor Googles Neugier – Seite 1

Drei ehemalige Programmierer von Google und ein Ex-NSA-Mitarbeiter haben eine Browser-Erweiterung veröffentlicht, die ihren vormaligen Arbeitgebern nicht gefallen dürfte. Sie heißt Disconnect Search und ist ein Anti-Tracking-Werkzeug.

Mit Disconnect Search können Internetnutzer ihre gewohnten Suchmaschinen verwenden, ohne dass ihre IP-Adresse, ihre Suchbegriffe und ihre angeklickten Suchergebnisse beim Suchmaschinenbetreiber, beim Betreiber der angeklickten Websites oder beim Internetprovider landen. 

Zwar gibt es längst Suchmaschinen, die diese Kriterien ebenfalls erfüllen und deshalb als privatsphärefreundlich gelten. Startpage zum Beispiel liefert anonymisierte Google-Suchergebnisse aus: Es funktioniert wie eine Art Filter, die IP-Adressen ihrer Nutzer vor Google verbirgt, selbst keine Cookies zum Wiedererkennen seiner Nutzer benutzt und sogar einen Proxy-Service anbietet, über den Nutzer auch andere Websites anonymisiert ansteuern können.

DuckDuckGo ist eine andere Suchmaschine, die selbst keine Nutzerdaten oder Suchbegriffe speichert und verhindert, dass solche Daten beim Internetprovider oder bei der letztlich angeklickten Seite landen.

Disconnect Search aber hat einen Vorteil: Wer die Browsererweiterung installiert und mit wenigen Klicks eingestellt hat, kann wie gewohnt die Seiten von Google, Bing oder Yahoo aufrufen und dort suchen. Der Filter, der die Suche anonymisiert, funktioniert trotzdem. Damit ist Disconnect ein niedrigschwelliges Angebot für jene, die zwar beim Suchen im Netz ihre Privatsphäre wahren, aber nicht auf die gewohnte Oberfläche ihrer Lieblingssuchmaschine verzichten wollen.

Die Browsererweiterung gibt es derzeit für Firefox und Chrome, Versionen für Internet Explorer und Opera sind in Arbeit. Safari unterstützt die nötige Technik dagegen grundsätzlich nicht, für den Apple-Browser wird es die Erweiterung also nicht geben.

Suche wird über Proxyserver geleitet

Nach dem Download und der Installation wählen Nutzer mit einem Klick auf das Add-on-Symbol – eine stilisierte Lupe mit einem "D" darin – ihre bevorzugte Suchmaschine aus. Außerdem legen sie fest, in welchen Eingabemasken die Erweiterung wirksam sein soll: entweder nur in der sogenannten Omnibox, also der Adresszeile des Browsers, die auch als Suchmaske funktioniert, oder auch auf den Websites von Google oder den anderen Suchmaschinen. "Search from everywhere" heißt diese zweite Option. Ob Disconnect aktiv ist, erkennen Nutzer zum Beispiel daran, dass die Funktion Autovervollständigen bei Google nicht mehr funktioniert.

Im Hintergrund werden alle Suchanfragen über einen Proxyserver von Disconnect geleitet. Dadurch weiß die Suchmaschine nicht mehr, von welchem Computer beziehungsweise von welcher IP-Adresse die Suchanfrage eigentlich kommt. Das Prinzip kennen Fortgeschrittene von Virtual Private Networks (VPN). Der Suchvorgang dauert dadurch einen Augenblick länger. Außerdem können die Suchergebnisse "neutraler" ausfallen, weil die Suchmaschine ohne die IP-Adresse des Nutzers nicht mehr erkennen kann, wo er sich befindet.

Wer zudem die Cookies der Suchmaschinen aussperren beziehungsweise nach jeder Sitzung löschen will, muss im privaten Modus surfen oder Cookies in den Einstellungen des Browsers nach den eigenen Wünschen verwalten. Die Anleitungen dazu für Firefox und Chrome finden sich hier und hier.

Kein Wundermittel gegen staatliche Schnüffelei

Klickt der Nutzer dann eines der Suchergebnisse an, übermittelt der Disconnect-Proxy diese Information nicht zurück an die Betreiber der gefunden Seiten. Normalerweise erfahren sie, mit welchem Suchwort jemand auf ihre Seite kam, Disconnect verschleiert das. Der Betreiber der Website und dessen Werbepartner erfahren also nicht, was jemand suchte. Alle Suchvorgänge laufen zudem über eine SSL-Verschlüsselung, damit die Internetprovider der Nutzer nicht sehen können, wonach sie suchen. Von den großen Suchmaschinenbetreibern macht Letzteres bisher nur Google standardmäßig.

Ein allmächtiges Werkzeug auch gegen staatliche Überwachung der eigenen Internetaktivitäten will Disconnect aber nicht sein. "Aufgrund der jüngsten Enthüllungen sollten Sie nicht davon ausgehen, dass irgendeine Firma oder Organisation die US-Regierung davon abhalten könnte, auf Ihre Suchbegriffe zuzugreifen", heißt es im FAQ. Disconnect verkleinere aber immerhin den "digitalen Fußabdruck" seiner Nutzer – für Suchmaschinenbetreiber, Provider und auch staatliche Stellen werde es zumindest aufwendiger, Daten bestimmter Nutzer über die Suchmaschinennutzung zu bekommen.

Google mag keine Proxys

Die US-Regierung könne das Unternehmen aber dazu zwingen, die Daten bestimmte Nutzer oder Nutzergruppen doch zu speichern und auszuhändigen. Das könne auch in Kombination mit einer Knebelklausel geschehen, die es dem Unternehmen verbieten würde, die Betroffenen darüber zu informieren.

Gleichzeitig dürften die Betreiber der Suchmaschinen nicht glücklich darüber sein, da Disconnect ihr Geschäftsmodell stört. Ohne Daten der suchenden Kunden können sie Werbung nicht gezielt vermarkten. Google beispielsweise hat frühere Versuche solcher anonymen Suchproxys bislang immer vereitelt. Eine Seite namens Scroogle bot lange ein ähnliches Modell an, Google jedoch änderte seine Schnittstelle 2012 so, dass Scroogle blockiert wurde und seine Arbeit einstellen musste.