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Überwachungsskandal Google aufgebracht über NSA-Datenklau

Betroffen sind Hunderte Millionen Nutzer: Die NSA hat laut Medienberichten bei Google und Yahoo massenhaft E-Mails ausspioniert. Google ist außer sich.

Der Internetkonzern Google hat mit scharfen Worten auf das mögliche Anzapfen seiner Datenleitungen durch den US-Geheimdienst NSA reagiert. "Wir sind aufgebracht darüber, wie weit die Regierung scheinbar gegangen ist, um Daten aus unseren privaten Glasfaser-Netzwerken abzugreifen", erklärte Chefjustiziar David Drummond am Mittwoch. "Und das unterstreicht die dringende Notwendigkeit für eine Reform."

Zuvor hatte die "Washington Post" unter Berufung auf Dokumente aus dem Fundus von Edward Snwoden berichtet, dass die NSA sich in die Leitungen einklinke, die die Rechenzentren von Google untereinander verbinden. Dadurch könne die NSA die Daten Hunderter Millionen Nutzerkonten abgreifen. Auch Yahoo sei betroffen. NSA-Chef Keith Alexander erklärte, nur den gesetzlich vorgeschriebenen Weg beim Sammeln von Informationen zu gehen.

Unter anderem betroffen: Gmail, Docs und Maps

Nach Angaben der Zeitung stehe in den NSA-Papieren vom 9. Januar dieses Jahres, dass die Behörde täglich Daten von internen Google- und Yahoo-Netzwerken in Datenzentren beim NSA-Hauptquartier schicke. In den vorangehenden 30 Tagen seien damals mehr als 181 Millionen neue Aufzeichnungen registriert worden. Dabei habe es sich um Absender- und Empfängerdaten bis hin zu Inhalten wie Text, Tonaufnahmen und Videos gehandelt. Auf einem Dokument, das die Zeitung veröffentlichte und der NSA zuschrieb, waren Googles E-Mail-Dienst Gmail, die Online-Büroprogramme Docs und der Kartendienst Maps aufgeführt.

Das neue Programm mit dem Namen "Muscular" sei gemeinsam mit dem britischen Geheimdienst GCHQ betrieben worden. Es unterscheide sich von dem Spähprogramm "Prism", das den US-Behörden nach einem Gerichtsbeschluss direkten Zugang zur Internetkommunikation über verschiedene Anbieter ermögliche.

Die "Washington Post" veröffentlichte eine handgemalte Skizze eines NSA-Mitarbeiters, auf der ein Knotenpunkt zwischen dem öffentlichen Internet und dem internen Google-Netzwerk zu sehen ist - hier schlagen die Geheimdienste den Angaben zufolge mit Hilfe eines nicht genannten Internetanbieters zu. Anschließend würden die Daten für drei bis fünf Tage gespeichert und systematisch nach bestimmten Suchbegriffen durchkämmt.

Es sei bislang nicht bekannt gewesen, dass die NSA auch routinemäßig gegen US-Unternehmen vorgehe. Sie nutze dabei aus, auf Verbindungen zu Datenzentren außerhalb der USA zuzugreifen, was juristisch einfacher sei. Google etwa betreibe sie in Irland, Finnland, Belgien, Chile oder Singapur.

Wachsweiches Dementi von NSA-Chef Alexander

"Wir haben keinen Zugang zu Google-Servern, Yahoo-Servern und so weiter", sagte NSA-Chef Alexander kurz nach Bekanntwerden des Berichts auf einer Internetsicherheits-Konferenz in Washington. Die NSA besorge sich einen Gerichtsbeschluss. "Es sind auch nicht Millionen, es geht um Tausende. Und fast alle richten sich gegen Terrorismus und andere solche Dinge."

Google gehört zu den größten Kritikern der NSA-Spionage. Google verlangt zusammen mit anderen Unternehmen des Silicon Valley wie Yahoo, Facebook und Microsoft, mehr Details über geheimdienstliche Anfragen veröffentlichen zu dürfen. Die großen US-Internetkonzerne fürchten sonst, Nutzer zu verlieren. "Wir gewähren keiner Regierung, die US-Regierung eingeschlossen, Zugang zu unseren Systemen", erklärte Chefjustiziar Drummond. Selbiges hatte auch Yahoo der "Washington Post" versichert.

Auch der Papst vor seiner Wahl im Visier

Nach einem Bericht des italienischen Magazins "Panroama" ist auch der Vatikan nicht von den Aktivitäten der US-Geheimdienste verschont geblieben. So sollen in Rom unter anderem Telefonate des Erzbischofs von Buenos Aires, Jorge Bergoglio, vor dessen Wahl zum Papst im März abgehört worden sein. Unter anderem sei ein Gästehaus ins Visier genommen worden, in dem Bergoglio als Kardinal übernachtete.

Der Vatikan-Sprecher Federico Lombardi reagierte gelassen auf die Nachrichten. "Wir wissen nichts davon und sind auch nicht beunruhigt", sagte er am Mittwoch zu Journalisten.

Das Journal berichtet unter Berufung auf eigene Quellen weiter, der US-Geheimdienst habe katholische Bischöfe und Kardinäle vom 10. Dezember des Vorjahres bis zum 8. Januar ausgespäht. Weitere Details wolle man am Donnerstag veröffentlichen, kündigte das Journal an, das im Besitz der Familie des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi ist.

Das Augenmerk des US-Geheimdienstes sei auch auf die Ernennung des neuen Präsidenten der umstrittenen Vatikanbank IOR gerichtet gewesen. Der Deutsche Ernst von Freyberg hatte die unter Geldwäsche-Verdacht stehende Bank im März übernommen.

mad/dho/kng/DPA DPA

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