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Neue Berechnung Drogendealer und Schmuggler steigern künftig Wirtschaftsleistung

Auch Schattenwirtschaft ist Wirtschaft: Nach diesem Motto zählen ab September selbst Geschäfte von Drogenhändlern und Zigarettenschmugglern zum Bruttoinlandsprodukt - ebenso wie Ausgaben für Militärgüter. Grund sind neue Vorgaben der EU.
Cannabiskonsum: Handel mit Rauschgift und Tabak ist ein Milliardengeschäft

Cannabiskonsum: Handel mit Rauschgift und Tabak ist ein Milliardengeschäft

Foto: Stephanie Pilick/ picture-alliance/ dpa

Wiesbaden - Bislang zählten Bereiche der Schattenwirtschaft wie Rauschgifthandel und Tabakschmuggel nicht zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands. Das wird sich aber bald ändern. Künftig werden auch diese illegalen Geschäfte in die Berechnungen des Statistischen Bundesamts aufgenommen. Das teilte eine Sprecherin der Statistikbehörde mit und bestätigte damit einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung".

Der Wert der illegalen Tätigkeiten wird der Behörde zufolge geschätzt: "Das wird modellmäßig berechnet, weil es für diese Kategorie von Aktivitäten keine Basisstatistiken oder Erhebungen gibt", sagte die Sprecherin. Die Daten werden ab September dieses Jahres erfasst.

Hintergrund: Zu diesem Zeitpunkt wird das System zur Berechnung des BIP auf das neue Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (ESVG) umgestellt, bislang galt die Version von 1995. Die neue Verordnung stammt aus dem Jahr 2010. Die Abstimmung des rund 600 Seiten starken Werks in Brüssel habe bis Mai/Juni 2013 gedauert, dann wurde sie im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

Auch Panzer und Raketen sind bald Investitionen

Die Folge: Das BIP, das den Wert aller innerhalb eines Jahres hergestellten Waren und Dienstleistungen misst, werde so im Vergleich zur bisherigen Berechnungsmethode zulegen, berichtet die "SZ". Das liegt aber nicht allein an der bald berücksichtigten Schattenwirtschaft. Auch die Ausgaben für Forschung und Entwicklung steigern künftig das BIP, da sie ab September als Investitionen gelten. Bislang galten sie als Vorleistungen, die von der Wertschöpfung abzuziehen sind. Außerdem zählen künftig auch Rüstungsgüter als Investitionen. Kauft ein Land also neue Panzer oder Raketen, werde dies laut dem EU-Statistikamt die Wirtschaftsleistung eines Landes steigern, schreibt das Blatt.

Zusätzlich werden dem Statistischen Bundesamt zufolge auch Ergebnisse der Volkszählung 2011 die BIP-Berechnung künftig verändern. Insbesondere gelte das für Informationen über den Wohnungsbestand in Deutschland, die sich aus der Gebäudezählung des Zensus ergeben.

Insgesamt könnte das Bruttoinlandsprodukt durch die Umsetzung der neuen EU-Vorgaben um drei Prozent höher liegen, erklärte die Sprecherin des Statistischen Bundesamts. Im vergangenen Jahr betrug das BIP in Deutschland 2,738 Billionen Euro. Laut den zu Beginn des Jahres veröffentlichten Schätzungen des Statistischen Bundesamts ist die deutsche Wirtschaft 2013 real, also nach Abzug der Inflation, nur um 0,4 Prozent gewachsen.

bos