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BND-Spionage Österreichischer Politiker stellt Strafanzeige gegen Steinmeier und de Maizière

Die Deutsche Telekom hat für den BND Internetkabel nach Österreich angezapft - ein Grünen-Abgeordneter aus Wien will die damals verantwortlichen Spitzen im Bundeskanzleramt anzeigen: Steinmeier und de Maizière.
De Maizière (l.) und Steinmeier (r.): Was wusste das Kanzleramt über die BND-Affäre?

De Maizière (l.) und Steinmeier (r.): Was wusste das Kanzleramt über die BND-Affäre?

Foto: Julien Warnand/ dpa

Das Beweisstück dokumentiert sehr anschaulich, wie eifrig der Bundesnachrichtendienst (BND) das Ausspionieren im Auftrag der USA erledigt hat. Es ist eine E-Mail vom 3. Februar 2005, verschickt von einem Mitarbeiter der Deutschen Telekom an einen BND-Mitarbeiter. Das Unternehmen hatte ihm in seiner Frankfurter Schaltzentrale ein eigenes Büro eingerichtet.

Man habe "heute wieder eine STM1 zugeschaltet", heißt es in der E-Mail. Dabei handelt es sich um das Anzapfen einer Datenleitung, die zwischen Österreich und Luxemburg verläuft - über jenen Knotenpunkt der Telekom in Frankfurt.

Die E-Mail wurde dem österreichischen Grünen-Abgeordneten Peter Pilz vor einigen Monaten zugespielt. Sie löste eine schwere Verstimmung der österreichischen Regierung aus. Auf Antrag der Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien seit Monaten wegen Spionage gegen den BND und die Telekom.

Jetzt hat der Grünen-Parlamentarier Pilz seine eigene Anzeige in dem Fall auch gegen hochrangige Vertreter der deutschen Regierung erweitert (Lesen Sie hier weitere Hintergründe). "Wir werden Strafanzeige gegen die damals verantwortlichen Spitzen im Bundeskanzleramt einreichen", sagt Pilz SPIEGEL ONLINE. Konkret geht es dabei um Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Thomas de Maizière (CDU), die in dem entsprechenden Zeitraum von 2004 bis 2008 den Posten als Kanzleramtschef inne hatten und heute Außen- und Innenminister sind.

Staatsanwaltschaften in fünf europäischen Ländern ermitteln

Die Abhöraktion fand damals im Rahmen der so genannten Operation "Eikonal" statt. Auftraggeber war der amerikanische US-Geheimdienst NSA. Die Unterlagen des österreichischen Parlamentariers deuten auf einen ausgedehnten Lauschangriff hin, der sich auf Verbindungen aus Österreich kommend bis nach Japan, die Philippinen, aber auch eine ganze Reihe europäischer Länder erstreckte. Mittlerweile laufen in fünf dieser Länder Strafverfahren wegen des deutschen Ausspitzelns, darunter in den Niederlanden, Belgien, der Schweiz und Luxemburg.

"Die Chefs der Spione saßen im Bundeskanzleramt", sagt Grünen-Abgeordneter Pilz. Der BND habe Zehntausende österreichische Telefone abgehört. "Das empört die Leute in meinem Land." Pilz ist überzeugt davon, dass es zu einer massenhaften Aufzeichnung und Auswertung von Telefonaten gekommen ist. Mit Spannung erwartet er die morgige Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags. Darin wird es auch um die heiklen E-Mails gehen, in dessen Besitz der Grünen-Mann Pilz ist.

Er erhofft sich weitere Aufschlüsse darüber, wer im Kanzleramt die Ausspähaktion angeordnet hat - Informationen also, für die sich die Ermittlungsbehörden in Wien brennend interessieren. "Aus bisherigen Befragungen des Untersuchungsausschusses ist bereits deutlich geworden, dass das Kanzleramt umfassend informiert war über die Abhöraktion", sagt Pilz.

Die Deutsche Telekom hat die Vorgänge, die in den E-Mails dokumentiert sind, bestätigt. Sie beruft sich dabei allerdings darauf, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen zu sein.