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Gauck-Äußerung über die Linke Der parteiische Präsident

Joachim Gauck ist ein Bundespräsident, der sich einmischt, und das ist gut so. Jetzt aber hat er mit seinen Äußerungen zur Regierungsbildung in Thüringen eine Grenze überschritten. Das ist sehr bedauerlich.
Bundespräsident Gauck: Eingriff in die Regierungsbildung

Bundespräsident Gauck: Eingriff in die Regierungsbildung

Foto: Wolfgang Kumm/ dpa

Dass Joachim Gauck mit der Linkspartei ein Problem hat und die Linke mit dem Bundespräsidenten, ist bekannt. Und es überrascht niemanden beim Blick auf die Biografie des Staatsoberhaupts und die Genese der Partei. Es ist auch sein gutes Recht, dass Joachim Gauck weiterhin eine bestimmte Sicht auf die Linke hat. Das steht jedem Bürger zu.

Aber es steht dem Bürger Gauck nicht zu, diese Meinung als Staatsoberhaupt öffentlich zu vertreten. Genau das tut der Präsident, wenn er in einem ARD-Interview mit Blick auf Thüringen Zweifel daran äußert, ob die Linkspartei einen Ministerpräsidenten in Deutschland stellen sollte. In Erfurt könnte der Linke-Politiker Bodo Ramelow noch vor Weihnachten mit den Stimmen von SPD und Grünen zum Regierungschef gewählt werden.

Im Schloss Bellevue tritt der Bürger hinter das Amt zurück, das hat Gauck rasch gelernt. Vor allem, dass er überparteilich sein muss. So hat sich Gauck in den gut zweieinhalb Jahren als Bundespräsident auch verhalten: Er ist ein politisches Staatsoberhaupt, das sich in Debatten einmischt oder sie anstößt: Flüchtlinge, Deutschlands Rolle in der Welt, Integration sind wichtige Themen Gaucks.

Nun übertritt er die Grenzen seines Amtes. Und noch mehr: Er greift indirekt sogar in den Prozess der Regierungsbildung in Thüringen ein, denn dort läuft zurzeit eine Befragung unter den SPD-Mitgliedern: Die Sozialdemokraten im Freistaat müssen entscheiden, ob sie ihrer Partei die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen und damit wohl eine Regierung mit Linke und Grünen erlauben.

Nicht nur, dass die CDU im Bund und in Thüringen versucht, Einfluss auf die SPD-Basis zu nehmen, indem sie den möglichen Ministerpräsidenten Ramelow und seine Partei verteufelt - nun kommt ihr auch noch das Staatsoberhaupt zu Hilfe. Und dessen Worte wiegen, auch im Freistaat.

Die Thüringer Bürger haben in einer freien Wahl Linken, SPD und Grünen eine knappe Mehrheit im Landtag verschafft. Genauso knapp könnte eine Koalition aus CDU und Sozialdemokraten regieren. Wer am Ende den Ministerpräsidenten stellt, das werden die nächsten spannenden Wochen zeigen.

Das ist Demokratie. Joachim Gauck hat ihr keinen Gefallen getan.