Gastautor / 20.03.2015 / 23:15 / 14 / Seite ausdrucken

Kindergeld für Kesselflicker

Thilo Sarrazin

Im Oktober 2009 besuchte ich den damaligen Bürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln, Heinz Buschkowsky, zu einem längeren Gespräch. Ich arbeitete damals an dem Buch „Deutschland schafft sich ab“ und bat ihn, von den Erfahrungen in seinem Bezirk zu erzählen. Er berichtete mir unter anderem, dass sich mittlerweile ein ganzes Dorf rumänischer Roma geschlossen in Neukölln angesiedelt habe und weitere Dörfer folgen würden.

Die Roma meldeten Gewerbe wie Kesselflicker oder Besenbinder an. Sie nutzten die Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union für gewerbliche Unternehmer und erwürben so Aufenthaltsrecht und den Anspruch auf Sozialleistungen wie Kindergeld, welches bei der hohen Kinderzahl der Familien sehr reichlich ausfalle. Er wisse gar nicht, wie er damit umgehen solle und wie die Kinder beschult werden könnten. Beim Innen-, Bildungs- und Sozialsenator stelle man sich tot und wolle davon nichts hören.

Es dauerte noch weitere vier Jahre, bis es bundesweit eine Debatte über den Zuzug von Roma aus dem Balkan gab. Diese erstickte aber bald in politischer Korrektheit. Die Zeitungsleser und Fernsehzuschauer bekamen zu hören, dass Deutschland Zuwanderung brauche, um seine Geburtenlücke zu füllen, außerdem seien die Zustände in den Roma-Dörfern des Balkans wirklich nicht zumutbar. Zumeist hielt man es für diskriminierend, von Roma zu reden, und sprach stattdessen lieber von Einwanderern aus Rumänien und Bulgarien.

Fünf Jahre nach meinem Treffen mit Heinz Buschkowsky leben Zehntausende rumänischer und bulgarischer Roma in der Stadt. Über den Erfolg des Schulbesuchs der Kinder, über die Integration der Eltern in den Arbeitsmarkt oder die Inanspruchnahme von Sozialleistungen gibt es keine offiziellen Daten. Im Straßenbild sichtbar wird der Zuzug durch die Zunahme von Bettlern, vor allem Kinder und junge Mütter mit Säuglingen .

Seinen Niederschlag findet der Zuzug seit einigen Jahren in der Berliner Kriminalstatistik: 2014 stieg die Zahl der gemeldeten Diebstähle in Berlin um 7,3 % an, darunter der Taschendiebstahl um 55 % und der Diebstahl aus Wohnungen um 5,1 %. (Berlin allein hat mittlerweile doppelt so viele Wohnungseinbrüche wie ganz Bayern) Der Berliner Polizeipräsident teilte dazu mit, es handele sich um „reisende Tätergruppen, die kaum unter Kontrolle zu bekommen sind und fast alle aus Südosteuropa kommen.“ Hätte er die Tätergruppe präziser eingekreist, wäre er wohl in Schwierigkeiten gekommen.

Der betroffene Bürger tappt im Dunkeln. Nimmt er die Aussagen der Politiker wörtlich, so mag er sich damit trösten, dass auch der Zuzug aus dem Balkan Beitrags- und Steuerzahler generiert und so seine künftige Rente sichert.

Der Zufall wollte es, dass die Pressekonferenz des Polizeipräsidenten zur Kriminalitätsstatistik mit zwei weiteren Ereignissen zusammenfiel:

- In Berlin grassierte eine Masernepidemie, und ein ungeimpftes Kleinkind war ihr erstes Todesopfer geworden. Zahlreiche Eltern aus dem Unterschicht- und Einwanderungsmilieu nehmen die kostenlosen Angebote zur Schutzimpfung nicht wahr: So kommt es, dass gegenwärtig in Neukölln 86 Masernfälle auf 100.000 Einwohner kommen, im bürgerlichen Charlottenburg-Wilmersdorf dagegen nur 20. Während der Gesundheitssenator Czaja (CDU) eine Impfpflicht forderte, wurde sie von Linkspartei und Grünen abgelehnt.

- Der Kultusminister von Mecklenburg-Vorpommern Mathias Brodkorb schlug Alarm: 37 % der Schulkinder können nach drei Schuljahren nicht richtig lesen und schreiben und erreichen nicht einmal den Mindeststandard der Kultusminister, weitere 26 % erreichen nicht den Regelstandard. Nur ein Drittel der Schüler kann also nach drei Schuljahren angemessen lesen und schreiben. Bis vor wenigen Jahrzehnten war es im deutschen Schulsystem der Standard gewesen, dass 90 % der Schulkinder nach dem Ersten Schuljahr lesen und schreiben konnten.

Dazu muss man wissen, dass Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern seit einigen Jahren eine gemeinsame, besonders „fortschrittliche“ Rahmenrichtlinie für den Deutschunterricht an Grundschulen verwenden. Danach sind u.a. Diktate abgeschafft, und die Kinder dürfen in den ersten beiden Jahren phonetisch schreiben. Brodkorb will jetzt untersuchen lassen, ob eine falsche Pädagogik zu den katastrophalen Ergebnissen führt. In Berlin, zuverlässig Pisa-Schlusslicht, sind die Ergebnisse wohl noch schlechter. Genaues ist aber nicht bekannt, weil sich die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheres zu solchen Fragen grundsätzlich nicht äußert.

Dreimal darf man raten, zu wie viel Prozent die Roma-Kinder in Berlin nach drei Schuljahren richtig lesen und schreiben können, wenn schon die deutschen Kinder in Mecklenburg an der Praxis der gemeinsamen Rahmenrichtlinie scheitern. Es werden, so vermute ich, keine 10 % sein. Ich kann das gefahrlos behaupten, denn es wird dazu in Berlin bestimmt keine Statistik geben. Nach dieser bewährten Methode vermeidet man zuverlässig genaue Kenntnisse über unerwünschte Sachverhalte.

In 15 Jahren werden wir hören, dass in Deutschland eine verlorene Generation vom Roma-Kindern herangewachsen sei, die den Anforderungen des modernen Berufslebens in keiner Weise entspreche. Grüne, Linkspartei und andere werden dann in ihren Pressemitteilungen Rassismus und Diskriminierung als Ursache geißeln und Sonderprogramme für erwachsene Analphabeten fordern. Zerstoben wird dann die Hoffnung sein, man habe für das alternde und schrumpfende Deutschland tüchtige Steuer- und Beitragszahler gewonnen.

Bislang galten die Deutschen als Weltmeister im Maschinenbau. Bald werden sie für ihre Meisterschaft bewundert werden, an dem Ast zu sägen, auf dem sie sitzen.

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Andreas Rochow / 22.03.2015

Mehr Zivilcourage als der Autor, mehr kritische Meinungsäußerung, mehr Preisgabe der eigenen Reputation ist kaum denkbar. Thilo Sarrazin verfolgt essentielle Themen: Überfremdung und galoppierenden Bildungsabbau. Ähnlich wie die standhaften Putinversteher werden auch die Multikulti-Träumer und Sarrazin-Hasser demnächst sagen: Deutschland schafft sich ab. Sarrazins Wortmeldungen sind essenziell! Dass er Mitglied der SPD geblieben ist, kann nur als naiv-idealistisch gewertet werden: Die SPD hat längst beide Themen zur ideologischen “Herzenssache” gemacht und ignoriert konsequent rationale Bedenken. Sie ist nicht mehr zu retten!

Dirk Zahn / 22.03.2015

...es bleibt nichts hinzuzufügen. Nichts wird den Untergang Deutschlande aufhalten, da eine geschlossene Clique aus links-grünen 68-Gutmenschen genau das will. In 20 Jahren wird niemand mehr eine Rente auf heutigem Niveau erarbeitet bekommen und Amtssprache wird Englisch sein…wenn Deutschland ein wirtschaftlicher Zwerg geworden ist, dann erst werden die “politisch korrekten” Moralapostel zufrieden sein, da ja endlich der angebliche überall im Land grassierende Rechtsradikalismus ausgelöscht wurde

Max Wedell / 22.03.2015

Ein Werktätiger ernährt heute einen Rentner, demnächst wird ein Werktätiger drei Rentner ernähren müssen, heißt es oft. Deshalb brauchen wir Einwanderung, heißt es dann auch jedesmal. Gut, schaun wer mal ins Detail: Ein Werktätiger ernährt heute einen Rentner und unterstützt einen halben Niedriglöhner in den Sozialsystemen bzw. per steuerlicher Umverteilung. Dann kommt Einwanderung, leider nicht ganz die “gebrauchte”, aber auf alle Fälle die, die praktisch von allein passiert. In deren Folge unterstützt künftig ein Werktätiger also drei Rentner, zwei Niedriglöhner, und einen Langzeitarbeitslosen. Wie man sieht, ist das Problem durch Einwanderung glänzend bewältigt oder - sagen wir es treffender - ergänzt worden! Der künftige Werktätige hat wirklich allen Grund zur Freude, der Arme! Und der Rentner wird wegen solcherart Einwanderung auch leben wie die Made. Im Speck oder ohne Speck, das sei als Denksportaufgabe den Lesern überlassen.

Prof. Dr. Jörg H. Ottersbach / 21.03.2015

Wie kann es eigentlich sein, dass in diesem Land so viele Dinge so granatenmässig falsch laufen und die Verantwortlichen interessiert das kein Stück. Jetzt heißt es bestimmt wieder, der Sarazin hat nun auch was gegen Roma. Hier wird doch nur der Überbinger der schlechten Nachrichten gesteinigt. Geht Ihnen das auch so? Früher hab ich mich über Politik kaum aufgeregt, manchmal geärgert, wenn etwas umgesetzt wurde, wo ich anderer Meinung war. Aber immer im Rahmen. Diese Zeiten sind vorbei. Ich reg mich einfach nur noch auf. Und wenn ich mir das so überlege liegt das wohl daran, dass ich mich strenggenommen gar nicht über Poltik aufrege. Ich rege mich auf über ungebildete Politiker, Steuerverschwendung, Gender, Sexualkunde, die Zuwanderungslüge, die Riesterlüge, usw., usw. Endlos. Um es auf den Punkt zu bringen: Mich macht diese Dummheit, Ignoranz und Lügerei langsam irre. Danke Herr Sarazin, dass Sie mit Ihrer trockenen und sachlichen Art auf diese Missstände aufmerksam machen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie genauso entnervt sind wie ich, wie ganz viele. Dafür müssen Sie dann auch noch ständig Prügel einstecken, nur weil sie schlichte Beobachtungen, Entwicklungen und Tatsachen beim Namen nennen. Bitte geben Sie nicht auf.

Armin H. Flesch / 21.03.2015

Sehr geehrter Herr Sarrazin, bitte beantworten Sie mir und allen übrigen Lesern eine einzige Frage: Wieviele Roma in Berlin oder anderswo kennen Sie persönlich? Gibt es eine Roma-Familie, deren Geschichte Sie recherchiert haben, der Sie persönlich begegnet sind und über die Sie sich somit aus eigener Anschau ein Urteil bilden können? Mit freundlichen Grüßen, Armin H. Flesch Freier Autor & Journalist

Jürgen Fleischer / 21.03.2015

Ja, werter Herr Sarrazin, Sie haben recht. Aber wer hört schon auf Sie? Es ist auch kein Trost, wenn Sie nach 10 Jahren sagen können: “Hab ich doch 2015 schon gesagt.” Was lehrt uns das? Meine Oma sagte immer: “Junge, Dummheit ist grenzenlos.” Als Enkel kann ich heute sagen: “Die Ignoranz ist es auch.”  :-(

Alexander Rostert / 21.03.2015

In einem Land, in dem es trotz aller Warnungen und Mahnungen immer wieder zu tödlichen Massenkarambolagen kommt, weil Autofahrer zu Dutzenden im Geschwindigkeitsrausch in Nebelbänke, über Eisflächen oder durch Staubstürme rasen, wird der kollektive Katzenjammer der unversorgt bleibenden Rentner erst einsetzen, wenn die sich seit Ende der 1960er Jahre ankündigende demografische Katastrophe verwirklicht hat. Also in etwa zehn bis zwanzig Jahren. “Ach hätte uns doch einer gesagt…”

Klaus Schneider / 21.03.2015

Wohne in Duisburg. Da sind die Verhältnisse ähnlich wie in Berlin. Ein Gang durch die früher mal nette Innenstadt ist für Hypertoniker und Depressive nicht empfehlenswert. Sarrazins Buchtitel wird hier sehr engagiert und erfolgreich in die Tat umgesetzt.

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