Demonstrationen, Blockaden, Lichterketten – es gibt viele Formen des politischen Protests. Doch was sich vor einigen Wochen im Internet abspielte, hatte mehr mit einem Action-Computerspiel zu tun als mit den traditionellen Formen des zivilen Ungehorsams: "Let’s bomb the fuck out of them!", tönte es durch die Kanäle von IRC, einem altmodisch anmutenden Chat-Forums ohne Bilder und schicke Oberflächen. Feuer solle herabregnen, hackte ein anderer in seine Tastatur, und Sekunden später folgte die Zielansprache: "Target is Mastercard". Wie ein wütender Bienenschwarm attackierten Internet-Protestler die Websites von Kreditkartenfirmen. Die Unternehmen hatten aus politischen Gründen die Zusammenarbeit mit WikiLeaks gestoppt und Gelder eingefroren. Die Aktivisten wollten nun ihrem Helden Julian Assange zur Seite springen, für die Freiheit der Information kämpfen – und es einmal richtig krachen lassen. Alle hatten sich deshalb eine spezielle Software heruntergeladen, die Low Orbit Ion Cannon. Deren Bedienung ist einfach: Internetadresse des Ziels eingeben, einen grimmigen Kommentar dazutippen und entscheiden, ob der Angriff einzeln oder im koordinierten Schwarm-Modus erfolgen soll. Die Websites von Visa und Mastercard hielten dieser DDoS-Attacke (Distributed Denial of Service, das koordinierte Lahmlegen eines Datendienstes) durch gezielte Anfragen nicht lange stand und kollabierten. Der Name der Gruppe, die sich hinter diesen Attacken verbirgt: Anonymous.