Kaum waren die zerrissenen Körper der Opfer aus der Wartehalle des Moskauer Flughafens Domodjedowo abtransportiert, tauchte in den russischen Medien das Schreckensbild der sogenannten Schwarzen Witwe wieder auf.

In Russland weiß man, was unter diesem Begriff zu verstehen ist: Eine islamistische Selbstmordattentäterin aus dem Nordkaukasus. Oft haben diese Frauen im Kampf gegen russische Truppen ihren Ehemann, Vater oder Bruder verloren und wollen Rache. Mehrfach wurden Terroranschläge in Russland von solchen Attentäterinnen verübt, in Flugzeugen, im Theater, in der Metro. 

Dort, wo am Montagnachmittag eine Bombe an Russlands größtem Flughafen explodierte, will ein Augenzeuge wieder eine solche Schwarze Witwe beobachtet haben. Nach Informationen, die die Nachrichtenagenturen Interfax und Ria Nowosti aus Sicherheitskreisen erhalten haben, berichtet der Zeuge von einer Frau in langer schwarzer Oberbekleidung in der Art einer Burka.  Er soll gesehen haben, wie die Frau ihren Koffer öffnete und dieser wenig später in die Luft flog. Die Frau wurde offenbar von einem jungen Mann begleitet, der ebenfalls unter den Opfern ist.

Ob Frau oder Mann, die Zielrichtung ist klar: Russische Sicherheitsbehörden und die Öffentlichkeit machen islamistische Terroristen aus dem russischen Nordkaukasus für den Bombenschlag verantwortlich, bei dem am Montag 35 Menschen getötet und nach unterschiedlichen Angaben 130 bis 170 Flughafenbesucher verletzt wurden. Die Sicherheitskräfte fahnden nach drei Männern aus Tschetschenien, die verdächtigt werden, für den Silvestertag ein weiteres, offenbar gescheitertes Attentat in Moskau geplant zu haben. Sie sollen auch die Hintermänner der Explosion am Flughafen sein.

Unter den bisher identifizierten Opfern, deren Namen und Geburtsjahre in russischen Medien kursieren, befindet sich allem Anschein nach auch ein junger Mann aus Deutschland und zwei Inhaber britischer Pässe. Viele der Toten sind Taxifahrer, die im frei zugänglichen Ankunftsbereich auf Fahrgäste warteten.

Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew bezeichnete das Geschehen am Montag als Anschlag, hielt sich mit konkreten Hinweisen auf nordkaukasische Terroristen jedoch zurück. Er schwor mit starken Worten, die Verantwortlichen zu finden und zu bestrafen. Außerdem kritisierte er laxe Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen. Umgehende Entlassungen der Verantwortlichen, sonst ein beliebtes Instrument zur Krisenbewältigung, nahm er nicht vor. Ministerpräsident  Wladimir Putin reagierte ungewöhnlich zurückhaltend und versprach lediglich schnelle Hilfe für die Opfer.

Experten haben inzwischen die Sicherheit an Moskaus größtem Flughafen als zeitgemäß und völlig normal bezeichnet. Im Jahr 2004 war der Flughafen in die Kritik geraten, weil zwei Selbstmordattentäterinnen durch die Zahlung marginaler Schmiergeldbeträge an Bord von Verkehrsflugzeugen nach Wolgograd und Sotschi gelangt waren. Sie sprengten sich in die Luft, 90 Menschen starben. Im Zusammenhang mit dem Attentat vom Montag könne man natürlich Versäumnisse der Nachrichtendienste  kritisieren, sagte Gennadi Gudkow, stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsausschusses im russischen Parlament, angesichts der allgegenwärtigen Korruption im Land sei allerdings effektive Terrorprävention ohnehin nicht möglich.