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25.02.09
11:43 Uhr
FDP

Wolfgang Kubick zur HSH-Nordbanki: Das können Sie keinem Bürger und keiner Bürgerin dieses Landes mehr erklären!

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 053/2009 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Kiel, Mittwoch, 25. Februar 2009 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Sperrfrist: Redebeginn Parlamentarischer Geschäftsführer Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort!
Finanzen/Haushalt/HSH-Nordbank
Wolfgang Kubicki: Das können Sie keinem Bürger und keiner Bürgerin dieses Landes mehr erklären! In seinem Redebeitrag zu TOP 19 (Neuausrichtung der HSH Nordbank) sagte der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Schleswig- Holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki:
„Während den Parlamentariern dieses hohen Hauses von Seiten der Bank und insbesondere auch von Seiten der Landesregierung bis in den November 2008 hinein beteuert wurde, die HSH Nordbank ist eine kerngesunde Bank, sie ist die einzige Landesbank mit einem tragfähigen Geschäftsmodell, hat dem Steuerzahler bis heute keinen einzigen Cent gekostet und manage die Krise außerordentlich gut– stehen Bank und Landesregierung nun vor einem Scherbenhaufen. Durch Milliardenverluste bei hochspekulativen internationalen Investments, durch einen dramatischen Einbruch in den Kerngeschäftsfeldern und nicht zuletzt durch ein völliges Versagen der Kontrollinstanz Aufsichtsrat, erwartet die HSH Nordbank allein im Jahr 2008 einen Bilanzverlust von 2,8 Milliarden Euro und hat mittlerweile eine Eigenkapitalquote von unter 4,5 Prozent. Damit erreicht sie nicht einmal mehr die vom Budesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen (Bafin) erforderliche Mindestquote. Die Länderkabinette von Hamburg und Schleswig-Holstein haben gestern auf Basis eines Folienvortrages beschlossen, der HSH zunächst einmal jeweils 1,5 Mrd. Euro an Eigenkapital und weitere jeweils 5 Mrd. Euro an Garantien zur Verfügung zu stellen. Und wir als Abgeordnete dieses Landesparlamentes stehen jetzt da, wo wir nie stehen wollten. Wir werden mit der Pistole auf der Brust zu einer Entscheidung gezwungen – allerdings ohne jegliche Entscheidungsgrundlagen.
Diese Entscheidung ist womöglich die schwerste Entscheidung seit dem Bestehen dieses Landesparlamentes. Und der Vorstand der Bank, aber auch die Landesregierung erwartet offenbar, dass wir diese Entscheidung treffen sollen ohne belastbare Zahlen, ohne auch nur irgendeine Vorlage von der Bank oder der Landesregierung über das zukünftige Geschäftsmodell.


Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Der Umgang mit dem Parlament und die Information der Parlamentarier ist unterirdisch und alles andere als vertrauensbildend. Der Gipfel dieser verfehlten Informationen der vergangenen Woche ist sicherlich die Ausschüttung der 200 Mio. Euro Verzinsung an Stille Einleger. Ein solches Vorgehen ist schlicht rechtswidrig. Es ist zudem unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlern, die mit ihrem Geld für die Verluste der HSH einstehen müssen, es ist unverantwortlich gegenüber den öffentlich Beschäftigten im Land, die auch wegen der Verluste der HSH auf Gehaltserhöhungen verzichten müssen und es ist unverantwortlich gegenüber den übrigen Investoren und Kunden der Bank, die für die Verluste keinen Ausgleich erhalten. Und die Behauptung, die Bank müsse dies tun, weil sonst das Kapital abgezogen würde, ist auch mehr als hinterfragenswert. Die Bayern LB zum Beispiel verzichtet auf derartige Zahlungen - von Kapitalabflüssen ist aber nichts bekannt. Auch die Berliner Landesbank hat ihre Stillen Einlagen nicht bedient. Und da nach dem gestrigen Kabinettsbeschluss Steuerzahlergeld in Höhe von 1,5 Milliarden Euro direkt in die Bank fließen, steht für Schleswig-Holstein fest: Die Große Koalition sieht sich nicht in der Lage, 17 Mio. Euro für die Finanzierung des betragsfreien dritten Kindergartenjahres im laufenden Jahr auf die Beine zu stellen, sie sieht sich nicht in der Lage für 200 Mio. Euro den Landesbediensteten 8% mehr Gehalt zu zahlen aber bei der HSH- Nordbank werden in einem ersten Schritt 64 Mio. Euro und nun zusätzlich noch einmal 200 Mio. Euro aus dem Landeshaushalt an Anleger verteilt.
Das können Sie keinem Bürger und keiner Bürgerin dieses Landes mehr erklären! Der SPD-Fraktionsschef in Hamburg, Michael Neumann, sagte am Freitag: „Wer als Finanzsenator und als Aufsichtsrat eine Ad-hoc- Meldung der Bank zu weiteren Ausschüttungen nicht versteht oder ignoriert, ist der falsche Mann für solche Aufgaben.“ Herr Neumann hat Recht. Und was für den Hamburger Finanzsenator gilt, das gilt natürlich ebenso für den Kieler Finanzminister.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, in einem Interview mit den Kieler Nachrichten haben Sie am 21. Februar gesagt, es sei Ihre Aufgabe, die Probleme zu lösen, dafür seien Sie gewählt. Das stimmt. Aber ich befürchte, dass Sie mit dem gestrigen Kabinettsbeschluss keine Probleme lösen werden, sondern sich im Gegenteil eine ganze Reihe von neuen Problemen eingehandelt haben. Sie sagen, der weitaus größte Teil der Risiken ist vor 2005 unter dem Schutz der Gewährträgerhaftung eingegangen worden – und wir haften mit bis zu 65 Milliarden Euro. Da ich davon ausgehe, dass Ihre gestrige Entscheidung auf einer seriösen Datenbasis erfolgt ist, möchte ich heute von Ihnen wissen, wie hoch ist der maximale Anteil Schleswig-Holsteins, für den wir aus der Gewährträgerhaftung haften und von welcher Haftungswahrscheinlichkeit geht der Vorstand der Bank aus? Denn die von Ihnen genannte Zahl von 65 Milliarden Euro ist mit Verlaub völliger Quatsch. Außerdem werden sich sämtliche Papiere mit Gewährträgerhaftung in der Abwicklungsbank wiederfinden. Damit ist das Argument, die Abwicklung sei viel teurer, in sich nicht schlüssig.
Die entscheidenden Fragen, die wir uns als Parlamentarier stellen müssen, sind doch folgende: 1. Ist das neue Geschäftsmodell der Bank überhaupt tragbar? 2. Sehen wir dieses Geld jemals wieder? 3. Wird diese Kapitalspritze überhaupt reichen?

Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Offenbar gibt es darüber sowohl bei einigen Anteilseignern, als auch bei einer Reihe von Finanzexperten und Wirtschaftswissenschaftlern erhebliche Zweifel. So erklärt zum Beispiel der Sparkassen- und Giroverband nach Vorstellung des neuen Geschäftsmodells, er will sein 700 Mio. Euro Paket so schnell wie möglich loswerden – auch mit erheblichen Verlusten – da es erhebliche Risiken berge.
Ich teile diese Risiken. Denn das neue Geschäftsmodell ist in der Tat nicht wirklich überzeugend. So soll die Bilanzsumme halbiert werden und die Bank soll sich auf die Felder Schiffs- und Flugzeugfinanzierung konzentrieren – zu einer Regionalbank werden. Zudem – so hört man - soll der Marktanteil im Firmenkundengeschäft innerhalb eines Jahres von derzeit 5% auf fast 20% erhöht werden. Ich will mir gar nicht ausmahlen, wie das passieren soll – und was das für die Sparkassen und Volksbanken bedeutet. Im Übrigen sind beides Bereiche, in denen derzeit kein Geld verdient wird und auch absehbar keine großen Renditen zu erwirtschaften sind. Das ist offenbar auch der Bank bewusst. Denn sie rechnet weder in 2009, noch in 2010, noch in 2011 mit einem Gewinn, geschweige denn mit einer Dividende. Warum allerdings im Jahr 2009 mit einem Verlust von 1 Milliarde ein deutlich besseres Ergebnis erwartet wird als im Jahr 2008, das erschließt sich mir nun überhaupt nicht. Weltweit brechen die Charterraten in der Schifffahrt ein, unzählige bereits gebaute Schiffe liegen in den Werften und werden nicht abgeholt, da die Eigner sie einfach nicht bezahlen können und reihenweise können Investoren ihre Kredite nicht mehr bedienen. Und das wird doch im Jahr 2009 nicht besser.
Es steht doch jetzt schon fest, dass die Bank bereits in einem Jahr erneut an das Land herantritt und sagt, es ist leider das Stress-Szenario eingetreten und die Eigenkapitalquote liegt schon jetzt wieder nur bei 7%, wir brauchen ganz dringend weitere 3 oder 4 oder 5 Milliarden Euro. Und appelliere sehr eindringlich an die Abgeordneten von CDU und SPD. Können und wollen Sie das tatsächlich verantworten? Schon jetzt zahlen wir für die bereits zur Verfügung gestellte 1 Milliarde pro Jahr rund 35 Millionen Euro an Zinsen. Bei insgesamt 2,5 Milliarden Euro sind Sie dann schnell bei 100 Mio. Euro pro Jahr. Und eine Dividende werden wir auf absehbare Zeit nicht mehr bekommen. Im Übrigen empfehle ich dringend als Lektüre die Antwort auf unsere Kleine Anfrage Drucksache 16/2463 vom 24. Februar 2009. Der ist zu entnehmen, dass das Land in den Jahren 2003 bis 2008 brutto 322 Mio. Euro an Dividenden aus der HSH bekommen hat, leider aber auch gleichzeitig so viel Zinsen für die Bereitstellung des Eigenkapitals gezahlt hat, dass netto seit der Gründung der HSH nur 132,95 Mio. Euro in den Landeshaushalt flossen. Die Gebetsmühlenartig beschworene Formel des Finanzministers, die Beteiligung an der HSH beschert dem Landeshaushalt seit 2003 einen Riesengewinn von über 500 Mio. Euro, ist also meilenweit an der Wahrheit vorbei.
Und noch so eine Legende: Die 10 Milliarden Euro Garantierahmen verzinst die HSH mit jährlich 400 Mio. Euro – das sei doch ein tolles Geschäft für das Land. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Da die Bank nach eigenen Angaben auch in den kommenden 3 Jahren keine Gewinne erwirtschaftet, bekommen wir auch für die 10 Milliarden Euro Garantierahmen keine Vergütung. Ganz im Gegenteil. Da die 400 Mio. Euro offenbar in den Berechnungen des HSH-Vorstandes nicht als Ausgaben auftauchen, müssen wir als Land sie noch zusätzlich jedes Jahr aufbringen. Und dass das Geschäftsmodell nicht wirklich aufgeht, das zeigen auch die Äußerungen von Finanzminister Wiegard. Laut Wiegard
Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 hat der Soffin signalisiert, dass er sich vorstellen kann, der gesunden Kernbank der HSH bei Bedarf Kapital zur Verfügung zu stellen.
Wenn dieses Signal schon jetzt ausgesendet wird, dass selbst die „gesunde“ und „gute“ Kernbank HSH Kapitalhilfen benötigen könnte, dann kann ich nur sagen: Dieses Geschäftsmodell ist schon gescheitert, bevor es umgesetzt wird. Ich habe weder Vertrauen in das neue Geschäftsmodell der Bank, noch in den Vorstand der Bank, noch in den Aufsichtsrat und geschweige denn in diese Landesregierung. Denn dass der Ministerpräsident personelle Konsequenzen für den Vorstand fordert, der das neue Geschäftsmodell der HSH erarbeitet hat, und die Landesregierung eben diesem Geschäftsmodell seine Zustimmung erteilt, das kann ich einfach nicht verstehen. Eine Zustimmung des Landtages zu diesem Modell des Mini-Soffin kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen“, so Kubicki abschließend.



Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/