Konsens: Die Klimaerwärmung ist Realität ::: Killer-Schlagzeile: Das Tote Meer stirbt | Werkstatt-Ticker 60

Ticker.jpg» Und sie erwärmt sich doch…

Der Klimawandel ist seit einigen Jahren gerade in den Medien ein großes Thema. Vollkommen zu Recht, denn wie soll – vorausgesetzt die These stimmt, daß der menschliche Einfluß dabei eine zentrale Rolle spielt – sonst ein Bewußtseinswandel zustande kommen, der in Politik und Gesellschaft zu den notwendigen Veränderungen führt?

In der jüngeren Vergangenheit wurden die Kontroversen aber immer hitziger: die Fraktion der Klimaskeptiker brachte immer wieder das Argument vor, daß die durch die Industriegesellschaft verursachten Emissionen viel zu gering oder gar vollkommen irrelevant seien. Und sollte es eine Erwärmung überhaupt geben, so sei diese von anderen Einflußfaktoren abhängig. Den Sonnenfleckenzyklen beispielsweise.

These der Verschwörungstheoretiker: Es gibt gar keinen Konsens in der Fachwelt.

Und dann werden freilich immer wieder Verschwörungstheorien bemüht, die behaupten, daß einige mächtige Klimaforscher quasi kollektive Gehirnwäsche betrieben, um Forschungsgelder und Einfluß zu sichern.1 Und ständig wird lamentiert, daß es überhaupt keinen wissenschaftlichen Konsens in diesen Fragen gäbe.

Nun läßt sich das – ob Konsens besteht oder nicht – eigentlich verhältnismäßig leicht herausfinden. Sollte man jedenfalls meine. Aber selbst das wird immer wieder bestritten. Eine aktuelle Studie, zu der über 10.000 Geowissenschaftler befragt wurden und immerhin weit über 3.000 ihre Antworten abgaben, zeigt ein überwältigendes Bild. Die absolute Mehrheit bestätigte, daß die Temperaturkurve steige und daß der Mensch dafür (mit)verantwortlich sei.

Die Fragen lauteten:

  1. Im Vergleich zum Temperaturniveau vor dem 19. Jahrhundert, sind die globalen Durchschnittstemperaturen allgemein gestiegen, gefallen oder etwa gleich geblieben?
  2. Glauben Sie, dass menschliche Aktivitäten ein signifikanter Faktor bei der Veränderung der globalen Temperatur sind?

Insgesamt antworten auf Frage 1 stattliche 90% mit „gestiegen“ und auf Frage 2 ebenfalls eindeutige 82% mit „Ja“. Wie Stefan Rahmstorf in der Klimalounge zeigt, gibt es noch ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie: denn die Werte gehen noch deutlicher in Richtung einmütiger Konsens, wenn man die fachliche Expertise der Befragten berücksichtigt. Denn:

„Unter den Klimatologen, die überwiegend zu Klimaveränderungen forschen und publizieren, haben 97% Frage 2 mit „ja“ beantwortet. Die geringste Zustimmung zur zweiten Frage fand sich unter Wirtschaftsgeologen (47%) und Meteorologen (64%).“

Naja, einem Wirtschaftsgeologen würde ich in der Frage eben auch keine wirkliche Qualifikation zusprechen. Dieser Zusammenhang zwischen Expertise und dem Standpunkt in der Frage „Anthropogener Klimawandel Ja oder Nein?“ ist sehr gut an diesem Schaubild2 ablesbar:

klimakonsens

Wenn mir jetzt nochmal einer begegnet, der eine angebliche fachliche Kontroverse behauptet, den nehme ich endgültig nicht mehr Ernst.

» Dem Toten Meer geht das Wasser aus

Es gibt etliche große Seen oder Binnenmeere, deren Wasserspiegel sinkt, was häufig im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung steht. Beim Toten Meer liegt der Fall allerdings etwas anders, wobei das im Ergebnis wenig ändert: der Wasserspiegel sinkt seit Jahrzehnten (um ca. 0,7 Meter pro Jahr). Allerdings ist die Hauptursache der exzessive Wasserverbrauch durch Bewässerungsanlagen oder auch die Kaliindustrie in Israel und Jordanien. Der Klimawandel ist also ausnahmsweise nicht Schuld.

Allerdings – und deswegen schreibe ich auch diese kurze Notiz – sind die Schlagzeilen doch so schlecht, daß sie schon wieder gut sind. Denn wie betextet man die Meldung über den sinkenden Wasserspiegel? Genau: Das Tote Meer stirbt!

Noch kann – darauf weisen Forscher der Uni Darmstadt hin – dem siechen Patienten aber geholfen werden. Sie schlagen vor, dem Jordan weniger Wasser zu entnehmen und mittelfristig Kanäle zwischen Rotem und Totem Meer zu graben. Auf daß es ewig lebe, oder so…

  1. Im Blog Primaklima von ScienceBlogger Georg Hoffmann kann man solche – ermüdenden – Diskussionen nachlesen. Etwa hier. []
  2. Schaubild aus der Studie: Doran, P. T., and M. Kendall Zimmerman (2009), Examining the Scientific Consensus on Climate Change, Eos Trans. AGU, 90(3), doi:10.1029/2009EO030002. []

4 Gedanken zu „Konsens: Die Klimaerwärmung ist Realität ::: Killer-Schlagzeile: Das Tote Meer stirbt | Werkstatt-Ticker 60“

  1. Da würden mich doch die Argumente der 3% interessieren. Bei Amazon und ebay schaue ich mir auch eher die schlechten Bewertungen an um mir ein Bild zu machen wo es haken könnte.

    97% sind bei einem komplizierten System wie dem Klima schon verdächtig viel. Das liegt wohl an der allgemeinen Formulierung der Frage. Ich denke eine CO2-spezifische Fragestellung würde ein anderes Bild geben. Zum Beispiel könnte ich mir vorstellen, dass auch das Ozonloch einen Einfluss auf die Temperatur hat und da besteht nun wirklich Konsens, dass es Menschengemacht ist. Ein anderer Faktor ist die bloße Masse an Mensch und Nutztier.

    Die Frage ist doch WO man etwas ändern kann/muss. Die Behauptung – wahr oder nicht – dass der Mensch das Klima (mit)beeinflusst bringt uns doch kein Stück weiter.

    Ein anderer Punkt ist natürlich, dass die befragten Ihr Arbeitsgebiet nur ungern als wenig wichtig preisgeben. Meines Erachtens gibt es einige Gründe hier ein pauschales Ja zu erwarten.

    Trotzdem wäre es einen Versuch wert ob wir die Temperaturen auch wieder zurück drehen können. Quasi als ultimativer Beweis. In der Richtung wird – Konsens hin oder her – nicht viel getan…

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