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Musik-Videosite schließt Fabchannel gibt auf

Die Livekonzert-Website Fabchannel stellt ihren Betrieb ein: Die Betreiber sehen in der aktuellen Werbekrise keine Möglichkeit mehr, das Angebot zu refinanzieren. Gescheitert ist das vielleicht innovativste Web-Livemusikangebot aber vor allem an einem: Der Lizenzpolitik der Musikfirmen.

Nur drei Tage nach Abschluss eines letzten Werbevermarktungsdeals zogen die Betreiber des niederländischen Live-Musikdienstes Fabchannel am Freitag den Stecker und erklärten das Aus für das populäre Musikangebot. Die Webseite wird ihren Betrieb am Freitag, dem 13. März 2009 einstellen.

Schwierig sei es immer gewesen, sagt Fabchannel-Marketingchef Patrick Brand, ein Web-Videoangebot wie Fabchannel zu vermarkten. In der aktuellen Werbe- und Medienkrise aber hätten die Betreiber zuletzt die Hoffnung verloren, das Angebot irgendwann profitabel machen zu können.

Und das, obwohl Fabchannel seine Reichweite durch Medienpartnerschaften zuletzt deutlich erweitert hatte: Ein wohl letztes Fabchannel-Konzert werden sich auch die Leser von SPIEGEL ONLINE an diesem Wochenende im Kulturressort ansehen können. Ab 17 Uhr zeigt SPIEGEL ONLINE an diesem Freitag einen Auftritt von Kate Nash, aufgezeichnet im Paradiso in Amsterdam.

Das Konzert zeigt einmal mehr, warum Fabchannel über die letzten Jahre zu einem Maßstab für online gezeigte Live-Konzerte wurde: Fabchannel überträgt seine Konzerte in hoher Audio- und Video-Qualität, seit Oktober 2008 verfügt der Anbieter über ein HD-Studio zur Bearbeitung des Materials. Auf der Webseite  kann man auf die gleichen Funktionalitäten zugreifen, wie man das von Musik-DVDs gewohnt ist: Man kann Titel gezielt anwählen, wiederholen, überspringen. Registrierte Nutzer können zudem aus dem Fundus der archivierten Konzerte eigene Video-Playlistes erstellen.

Die großen Firmen mauerten

Das alles brachte Fabchannel etliche Preise ein, viel Aufmerksamkeit, aber nicht genügend Einnahmen. Gescheitert, sagt Fabchannel-Gründer Justin Kniest im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE, sei er aber vor allem an der Lizenzpolitik der großen Musikfirmen: "Die waren nicht bereit, die Ausstrahlung von Konzerten ihrer Künstler zu erlauben."

Selbst wenn es bei regionalen Strukturen der Konzerne Interesse gegeben habe, sei es spätestens in den Konzernzentralen gescheitert. Dort, sagt Kniest, säßen reine Verkäufer: "Die denken so: Wie, der will unsere Ware zeigen und nicht dafür bezahlen?"

Als einziges großes Label hatte Fabchannel Universal gewinnen können, die anderen zogen nicht mit. Also waren es vor allem kleinere Bands und Indie-Acts, die via Fabchannel eine internationale Bühne fanden. Auch zum Nutzen der Labels, glaubt Kniest, was die Kooperationswilligkeit aber nicht erhöhte. Und das, obwohl die Konzerte gerade für kleinere Acts wie gute Werbung gewirkt hätten.

Das allein hätte aber nicht gereicht, Fabchannel über ein bestimmtes Maß hinaus populär zu machen. Für echten Erfolg brauche man auch den Mainstream: "Man hat das sogar bei den 'Konzerten der Woche' bei SPIEGEL ONLINE gesehen. Große Namen bringen einfach mehr Zuschauer." Wenn man davon nicht genug bieten könne, bleibe man ein Nischenangebot.

Irgendwann, sagt Kniest, habe er dann selbst den Glauben verloren. Die Anteilseigner - die Stadt Amsterdam und ein privater Investor - hätten ihn nicht unter Druck gesetzt. Die Schließung sei eine gemeinschaftliche Entscheidung gewesen.

Übrig bleibt nun nichts: Die rund 1000 Konzertaufzeichnungen im Archiv der Webseite, das am nächsten Freitag abgeschaltet wird, können nicht weiterverwendet werden. Die zugestandenen Verwertungsrechte, sagt Kniest, hätten sich immer nur auf eine Online-Verbreitung unter dem Fabchannel-Label bezogen. Er könne sie weder verkaufen noch in anderer Form verbreiten.

Kniest: "Wir haben den Labels angeboten, gegen eine kleine Provision am Verkaufspreis DVDs für sie zu produzieren. Die wollten nicht. Vielleicht haben die auch gedacht, was Fabchannel kann, könnten wir im Internet doch auch selbst machen."

Denn Livekonzerte gelten als eine der letzten Cash-Cows der gebeutelten Musikbranche, Internetkonzerte als noch nicht ausgeschöpfte Möglichkeit, online mit Musik noch ein Geschäft zu machen. Das hat Fabchannel nun neun Jahre lang versucht. Die Labels nicht.

pat

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