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Ausland Islamismus

Einer der Kenia-Attentäter kam aus Norwegen

Die Attentäter in der Westgate Mall (Nairobi, Kenia) gefilmt von einer Überwachungskamera Die Attentäter in der Westgate Mall (Nairobi, Kenia) gefilmt von einer Überwachungskamera
Die Attentäter in der Westgate Mall (Nairobi, Kenia) gefilmt von einer Überwachungskamera
Quelle: youtube
Die terroristische Schabab-Miliz wirbt offenbar erfolgreich Mitglieder unter somalischen Asylbewerbern in Nordeuropa an. Gefährdet sind vor allem entwurzelte Jugendliche einer Übergangsgeneration.

Ein investigatives Team der TV-Abendsendung der BBC, „Newsnight“, hat nach Erkundigungen in Norwegen eruieren können, dass einer der vier Attentäter, die im September das Einkaufszentrum Westgate in der kenianischen Hauptstadt Nairobi überfielen, aus einer nach Norwegen ausgewanderten somalischen Familie stammt.

Hassan Abdi Dhuhulow, 23, ist auf den Überwachungsvideos des Shoppingcenters zu erkennen, wie er mit einer Kalaschnikow im Anschlag die Geschäfte durchstreift und unter anderem einen schon am Boden liegenden blutenden Mann erschießt.

Die kenianischen Fahnder waren während der Belagerung des Westgate, die vier Tage dauerte, zunächst von zehn bis 14 an dem Überfall beteiligten Terroristen ausgegangen. Inzwischen steht aber fest, dass es lediglich vier waren. Einer davon ist auf den Videos zu sehen, wie er still steht und nach islamischer Tradition seinen Körper zum Gebet neigt.

Die Behörden konnten die Täter bislang nur nach der Farbe der Hemden identifizieren, die sie unter ihren Jacken trugen – Schwarz, Blau, Weiß, Rosa. Der aus Norwegen stammende Dhuhulow trug schwarz. Seine Identität haben Beamte des norwegischen Sicherheitsdienstes PST bereits in der vorigen Woche in Kenia verifiziert.

Mit neun Jahren in Norwegen Asyl erhalten

Die Familie des Attentäters war im Jahr 1999, als der Junge neun Jahre alt war, nach Norwegen ausgewandert und hatte dort Asyl erhalten; sie wurde in einem Randviertel der Küstenstadt Larvik angesiedelt, etwa 75 Kilometer südlich von Oslo.

Nachbarn gaben gegenüber dem BBC-Reporter Gabriel Gatehouse zu verstehen, dass Hassan Abdi Dhuhulow 2009 als 19-Jähriger Larvik verlassen habe und nach Somalia zurückgekehrt sei, das er eigentlich gar nicht mehr kannte.

Aber er hatte sich inzwischen vom westlichen Lebensstil abgewendet und offenbar jene Radikalisierung erfahren, die wir aus vielen Biografien von muslimischen Fundamentalisten kennen, deren Versuch, sich im Westen zu akkulturieren, scheiterte.

Befragt, woran man dieses Umdenken bei dem jungen Somali habe erkennen können, antwortete ein Nachbar aus Larvik: „als er ständig vom Koran zu reden anfing“. Auch habe er zunehmend Probleme in seiner Schule bekommen, war in dauernde Kämpfe mit Mitschülern verwickelt, sehr zur Beunruhigung seiner Eltern.

„Generation 1,5“ ist gefährdet

Stig Hansen, ein norwegischer Experte für Fragen der Sicherheit und des politischen Islam, bezeichnet die „Generation 1,5“ als die am meisten gefährdete Gruppe der Exilsomalis. Damit meint er jene, die nicht in Norwegen geboren wurden, sondern in jungen Jahren ankamen und dann „zwischen zwei Kulturen fielen“.

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Das genau sei die Zielgruppe, die al-Schabab zu rekrutieren suche: „Sie kennen wenig von Somalia selber und werden daher auf eine internationale Agenda eingeschworen.“

Das vereitelte Unternehmen einer US-Kommandoeinheit am 5. Oktober an der somalischen Küste hatte dem Kopf der al-Schabab gegolten, der diese Rekrutierungen dirigiert. Abdukadir Mohamed Abdukadir, auch unter dem Namen Ikrima bekannt, hatte nach einem Bericht des norwegischen TV2-Kanals zeitweise in Norwegen gelebt und dort 2004 um Asyl nachgesucht, war aber 2008 schon wieder außer Landes gegangen, noch vor der abschließenden Beurteilung seines Antrags.

Weltweite somalische Diaspora

Norwegen beherbergt mit 23.000 Mitgliedern eine der größten Exilgemeinden Somalias auf dem europäischen Kontinent. Die Zahl in Großbritannien ist freilich weitaus größer, etwa 108.000. Die tatsächliche Größe der somalischen Diaspora auf der Welt beläuft sich auf fast zwei Millionen, die in den mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg in ihrem Land Somalia verlassen haben.

Ein kleiner Prozentsatz davon ist inzwischen zurückgekehrt und hat sich der Terrororganisation al-Schabab (Die Jugend) angeschlossen, so offenbar auch Hassan Abdi Dhuhulow. Nach britischen Geheimdiensterkenntnissen kämpfen etwa 200 solcher „Rückkehrer“ aufseiten der al-Schabab, eines Al-Qaida-Ablegers – etwa 100 aus Großbritannien und den USA.

Auf der Insel befürchtet man, dass einige davon, inzwischen längst im Besitz britischer Pässe, eine Rückkehr in umgekehrte Richtung planen und Terrorakte in ihrem Gastland vorbereiten könnten.

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