Während sich kürzlich bei der Grammy-Verleihung in Los Angeles die Gefeierten gegenseitig feierten, saßen in Berlin einige Künstler beisammen und grübelten über die Zukunft der Musik. Während am Pazifik die teuerste Musik-Show des Jahres stattfand, kam man an der Spree zu dem Schluss, dass mit guter Musik kein Geld mehr zu verdienen sei.

Wie schizophren. Offenbar leben die Betriebsnudeln und die reflektierenden Kreativen in verschiedenen Welten. Oder: Wenn es der Musik einerseits schlecht geht, was gibt es dann andererseits zu feiern? Auf den Musikpreisverleihungen dieser Tage – ob Grammy, Brit Award oder Echo – tummelt sich alles, was glitzert und sich gut verkauft. Herzlichen Glückwunsch, Sie haben Millionen von Menschen den perfekten Klingelton geschenkt. Dafür schenken wir Ihnen diesen Preis.

Kein Wunder, dass die Kunstgattung Musik dahinsiecht, wenn ihr Wert nur noch in Verkaufszahlen gemessen wird. Ein geschlossenes, selbstreferenzielles System, in dem das Geld regiert. Dabei liegen der monetäre und der ästhetische Wert von Kunst oft weit auseinander. Und sollten Kulturpreise nicht in erster Linie ästhetisch wertvolle Werke auszeichnen?

Oder will Pop etwa gar keine Kunst sein? Nun, dann wird umso deutlicher, worum es beim Grand Prix der Volksmusik, der Goldenen Stimmgabel, dem Echo oder eben dem Grammy geht: Marketing. Noch mehr verkaufte Klingeltöne. Noch mehr glückliche iPod-Jogger. Die am besten geeigneten Werbeträger für die jeweilige Zielgruppe schmeißen zusammen eine Party.

Schön, wenn sich die Plattenindustrie dran gesundstößt. Es gibt jedoch keinen Grund, warum seriöse Medien darüber berichten sollten. Die Reportage von der Butterfahrt nach Bad Salzuflen inklusive Heizdeckenwerbung ist schließlich auch kein Thema. Aber – so viel Ehrlichkeit muss sein – die Medien zeigen Bilder von Musikgalas, weil die Leute sie sehen wollen.