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Fall el-Masri Deutsche Justiz erlässt Haftbefehle gegen 13 CIA-Agenten

Die Münchner Staatsanwaltschaft hat im Entführungsfall Khaled el-Masri Haftbefehle gegen 13 mutmaßliche Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes CIA beantragt. Sie seien dringend verdächtig, den Deutsch-Libanesen nach Afghanistan verschleppt zu haben. Eine Festnahme in den USA gilt jedoch als schwierig.

München - Bei den 13 Personen handelt es sich nach Angaben aus Justizkreisen um die Piloten der Maschine, mit der Masri entführt worden ist sowie um einen Arzt und Mitglieder des Kommandos, das an der Entführung beteiligt war. Ob es sich um offizielle Mitarbeiter des US-Geheimdienstes oder um eine von der CIA beauftragte Firma handelt, war zunächst noch unklar.

Die Ermittlungen hätten zur "Begründung des dringenden Verdachts der Beteiligung an der Entführung des el-Masri gegen 13 eindeutig identifizierbare Personen" geführt, teilte die Münchner Staatsanwaltschaft mit. Das Amtsgericht habe Haftbefehl wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung und der gefährlichen Körperverletzung erlassen, sagte Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld.

Bei den in den Haftbefehlen aufgeführten Personalien der Beschuldigten handle es sich nach bisherigen Erkenntnissen um "Tarnidentitäten" von CIA-Agenten. Die weiteren Untersuchungen würden sich daher auf die Ermittlung der "Klarpersonalien", also der tatsächlichen Identität der Beschuldigten konzentrieren.

Nach Recherchen des NDR-Politmagazins "Panorama" wohnen die meisten der 13 gesuchten CIA-Mitarbeiter im US-Bundesstaat North Carolina. Drei von ihnen hatte "Panorama" schon im September 2006 mit den Vorwürfen konfrontiert, die Verdächtigen verweigerten aber eine Stellungnahme. Sie arbeiteten für die Firma Aero Contractors, deren Vorgängerunternehmen als geheime Fluggesellschaft der CIA operiert habe, hieß es.

Hilfe aus Spanien

Zumindest die Namen der Piloten des Boeing-Jets, mit dem el-Masri Anfang 2004 von Mazedonien nach Afghanistan verbracht worden ist, waren der Justiz seit längerer Zeit bekannt. Den Verdächtigen kamen die Ermittler anhand einer Namensliste auf die Spur, die el-Masris Anwalt im Dezember 2005 der Münchner Staatsanwaltschaft geschickt hatte. Darauf waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Namen von Personen aufgeführt, die el-Masri als Flugzeugbesatzung von Mazedonien nach Afghanistan geflogen haben sollen. Die Liste habe ein spanischer Journalist unter Berufung auf Informationen der Sicherheitsbehörden zusammengestellt. Mit Hilfe der spanischen Behörden seien 2006 erstmals konkrete Personen ermittelt worden, die mit der Entführung in Zusammenhang gebracht werden konnten.

Zusätzliche Hinweise zu diesen Personen kamen laut Schmidt-Sommerfeld von der Mailänder Staatsanwaltschaft und dem Berichterstatter des Europarates, Dick Marty. Aufgrund dieser Erkenntnisse und weiterer Ermittlungen habe die Staatsanwaltschaft schließlich beim Amtsgericht München die Haftbefehle beantragt.

Allerdings dürfte sich eine Festnahme der Verdächtigen schwierig gestalten, da der deutsche Haftbefehl in den USA keine Gültigkeit habe und die amerikanische Justiz es bislang ablehne, den deutschen Ermittlern zu helfen.

Der Deutsch-Libanese el-Masri war Ende 2003 in Mazedonien festgenommen, als mutmaßliches Mitglied der Terrororganisation al-Qaida der CIA übergeben und nach Afghanistan gebracht worden. Dort wurde er als Terrorverdächtiger festgehalten und erst im Mai 2004 freigelassen.

Ströbele: "Einmalig in der deutschen Geschichte"

El-Masri hatte ausgesagt, er sei in dem CIA-Gefängnis geschlagen und festgehalten worden, obwohl schon bald festgestanden habe, dass er Opfer einer Verwechslung geworden sei. Bei seiner Freilassung sei er "wie ein Stück Gepäck in einem Wald in Albanien" fallen gelassen worden, sagte el-Masri. "Sie sagten, sie wollten nichts mehr wissen und nichts mehr davon hören."

Die Bundesregierung hatte erklärt, vor dem 31. Mai 2004 nichts von der Entführung gehört zu haben. An diesem Tag hatte der damalige US-Botschafter Daniel Coats den damaligen Innenminister Otto Schily über den Vorgang informiert. Zu diesem Zeitpunkt war el-Masri bereits wieder auf freiem Fuß.

Der Grünen-Politiker Christian Ströbele sagte in Berlin, es sei " einmalig in der deutschen Geschichte, dass gleich 13 Haftbefehle gegen CIA-Beamte ausgestellt wurden". Er forderte die Bundesregierung auf, bei den US-Behörden vorstellig zu werden. Entweder müsse dort gegen die Verdächtigen ermittelt oder den deutschen Behörden müssten Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. "Ich begrüße ausdrücklich, dass die deutsche Justiz ohne politische Rücksichtnahme Straftaten verfolgt", sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck der "Netzeitung".

In einem ähnlichen Entführungsfall eines angeblichen Terror-Verdächtigen in Italien hatte die Mailänder Justiz bereits vor Monaten 26 Mitarbeiter des US-Geheimdienstes angeklagt, das Anhörungsverfahren in diesem Fall läuft bereits. Keiner der Beschuldigten, darunter auch ehemals offiziell akkreditierte Mitarbeiter von US-Botschaften in Italien, erschien bisher zu den Terminen in Mailand.

als/mgb/ddp/dpa/AFP/Reuters