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US-Medienexperte Ken Doctor: „Die mobile Revolution ist eine neue Chance“
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Privat US-Medienanalyst Ken Doctor
  • FOCUS-online-Autor

Online-Medien, iPads, Google: Der US-Medienanalyst Ken Doctor prophezeit ein Jahrzehnt der digitalen Nachrichten. Im Interview beschreibt er die Zukunft der Medien.

FOCUS Online: Mr. Doctor, die Medienwelt steht angesichts der zunehmenden Digitalisierung vor einem fundamentalen Wandel. Was wird passieren?

Ken Doctor: Das erste Jahrzehnt dieses Jahrhunderts war in mehrfacher Hinsicht ein verlorenes für viele Zeitungshäuser. Sie haben mehr verloren, als sie erwirtschaftet haben – bei den Einnahmen, aber auch in Bezug auf ihren Einfluss und die zentrale Bedeutung im Leben ihrer Leser. Einer der Hauptgründe: Sie klammerten sich an ihre Printprodukte und setzten zu wenig auf das Online-Geschäft, das meist zu zögerlich, zu planlos war. Jetzt stehen wir vor der Erkenntnis, dass das Nachrichtengeschäft am Ende hauptsächlich eher digital als Print sein wird. Wir erleben tektonische Verschiebungen, indem die Unternehmen versuchen, die Interessen der Werbekunden und Leser zu befriedigen, die generell besser von digitalen Medien abgedeckt werden. Das heißt aber mehr als nur „online“. Es geht auch um mobile Medien und bald auch über TV-Monitore.



FOCUS Online: Wie werden wir in zehn Jahren Nachrichten konsumieren?

Doctor: Deutlich nahtloser und vernetzter. Die Technologien für den Medienkonsum werden unseren Alltag so selbstverständlich begleiten wie heute die Elektrizität. Und wenn wir uns vom Computer zum Fernseher bewegen oder unterwegs ein tragbares Gerät anschalten, können wir da weiter machen, wo wir an dem anderen Gerät aufgehört haben – und das, ohne uns mehrere Passwörter merken zu müssen oder irgendwelche sinnlosen Arbeitsschritte erledigen zu müssen. Die Werbung wird viel stärker auf uns zugeschnitten sein. Die meisten unserer globalen Nachrichten erhalten wir dann von Unternehmen, die ich das digitale Dutzend nenne – das sind rund zwölf nationale oder weltweite Medienunternehmen, darunter etwa News Corp., die „ New York Times“, BBC, Reuters, AFP, The Associated Press und eine Handvoll kommerzieller Sender. Tatsächlich werden diese Firmen, an die wir heute als Nachrichtenagenturen, Sender, Kabelfirmen und Zeitungsverlage denken, im Jahr 2015 alle ähnliche multimediale Inhalte erzeugen und sie auf unterschiedlichen Plattformen publizieren. Das bedeutet, dass wir eine Ära beispiellosen Wettbewerbs mit zahlreichen Gewinnern und Verlierern erwarten dürfen – und vielen Wahlmöglichkeiten für die Medienkonsumenten.


FOCUS Online: Wie steht es dann um die traditionelle Rolle der Tageszeitungen als Informationsfilter?

Doctor: Das bleibt weiterhin wichtig, aber Tageszeitungen kontrollieren nur einen der Zugänge. Das Internet bietet geradezu unendliche Zugänge – und das ist es, was wir als Leser daran lieben. In meiner Zeit als Chefredakteur der „Saint Paul Pioneer Press“ in den 90er-Jahren hatte ich die Entscheidung zu treffen, welche Geschichten auf der ersten Seite der Zeitung erscheinen sollten. Das war sehr viel Macht, zu entscheiden, welche Geschichte unsere halbe Millionen Leser zu sehen bekommen und welche nicht. Das Bearbeiten und Gewichten von Nachrichten sind wunderbare Aufgaben, die von den Lesern sehr geschätzt werden, wenn sie gut erledigt werden. Wenn man den massiven Durchlauf von News heute ansieht muss man festhalten, dass es eigentlich nie einen größeren Bedarf für Nachrichtenfilter oder Redakteure gegeben hat. Aber Leser suchen sich selbst aus, wer das übernimmt – ist es ihre lokale Zeitung oder Webseite, die Yahoo-News, die „Huffington Post“ oder die „Financial Times“. Wir als Journalisten teilen nun unsere Rolle als Nachrichtenfilter mit den Lesern.

FOCUS Online:
Wie wichtig sind soziale Netzwerke wie Facebook oder Micro-Blogging-Dienste wie Twitter für die Zukunft der Medien?

Doctor:
Enorm wichtig. Es gibt eine starke, wachsende Beziehung zwischen sozialen Netzwerken und Nachrichten. In meinem Buch „Newsonomics“ habe ich als erstes von zwölf Gesetzen folgenden Satz formuliert: „Im darwinistischen Zeitalter der Inhalte werden wir zu unserem eigenen Redakteur, und zu dem von anderen.“ Diese Feststellung wird mit jedem Tag mehr Wirklichkeit, an dem wir unseren Nachrichtenmix dadurch zusammenstellen, dass wir den E-Mails, Tweets und Facebook-Tipps unserer Freunde und Mitarbeiter folgen. Klar, die Idee der professionellen Nachrichtenbearbeitung ist immer noch wichtig, aber die Ära der Zeitungsredakteure als Informationsfilter, der Journalisten als exklusive Geschichtenerzähler, oder der Verleger als Lenker der öffentlichen Meinung schwindet. Die Leser haben mehr Kontrolle und mehr Zugang bekommen – und die professionellen Journalisten müssen sinnvolle Wege finden, diese neu entdeckten Möglichkeiten mit ihnen zu teilen. In meinen Gesprächen mit Verlagen auf der ganzen Welt habe ich erfahren, dass zehn bis 20 Prozent der Zugriffe auf ihren Websites inzwischen von Facebook und Twitter kommen und dass diese Bereiche die am schnellsten wachsende Quelle für neue Leser sind. Daher müssen die Verlage verstehen, wie man mit Facebook, Twitter, und was immer noch kommen wird, arbeiten kann.
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