Atomkraft = billiger Strom! Mit diesem Mantra laufen die Befürworter längerer Laufzeiten gerade durchs Land. Würden die Kernkraftwerke wie geplant abgeschaltet, müssten die Verbraucher die Rechnung bezahlen. "Energie darf kein Luxusgut werden" , sagt Wirtschaftsminister Rainer Brüderle von der FDP.

Ein Argument, dass sich in der Öffentlichkeit gut verkaufen lässt. Es spricht jeden Bürger direkt an und lässt sich scheinbar plausibel und einfach erklären: Erneuerbare Energie ist teuer und muss subventioniert werden, Atomkraft nicht.

Aber es ist wie so oft in politischen Debatten: Das Argument hält keinem zweiten Blick stand. Strom ist in Deutschland nicht billig. Theoretisch ist der deutsche Energiemarkt seit 1998 liberalisiert, faktisch herrscht aber nur wenig Wettbewerb. Die vier großen Atomkonzerne produzieren rund 80 Prozent des Stroms in Deutschland. Diese Marktmacht verhindert, dass günstig produzierte Kernenergie beim Verbraucher ankommt.

Werden die Laufzeiten verlängert, wird die marktbeherrschende Stellung zementiert, was tendenziell zu weiter steigenden Preisen führt. Das schrittweise Abschalten der Atomkraftwerke würde dagegen potenziellen Konkurrenten neue Spielräume eröffnen. Viele Stadtwerke haben sich bereits auf den Atomausstieg eingestellt und in erneuerbare Energie investiert. Ihre Marktchancen werden bei längeren Laufzeiten für viele Jahre im Keim erstickt.

Eine möglichst rasche Umstellung Richtung erneuerbare Energie hätte einen weiteren Vorteil: Eine erneute Marktkonzentration wird erschwert, da die Energieerzeugung dezentralisiert vonstatten geht. Strom wird künftig oft in kleinen Einheiten produziert, es wird eine Fülle von Anbietern geben. Ein funktionierender Wettbewerb sorgt für sinkende Preise und verhindert eine zu große Marktmacht einzelner Unternehmen.

Allen Gegnern der Subventionierung der Erneuerbaren sei gesagt: Die Atomindustrie wurde von 1950 bis 2008 mit 165 Milliarden Euro unterstützt – allein 65 Milliarden Euro in Form von Steuervergünstigungen. Nur deshalb kann Atomstrom so günstig produziert werden. Der Preisvorteil kommt aber gar nicht beim Verbraucher an.

Aber Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft sich ja am Donnerstag mit Chefs von E.on und RWE. Die werden ihr sicher erklären wollen, warum das so sein muss.