Nach dem Ölunfall nahe des ägyptischen Badeortes Hurghada gibt die Regierung keine Informationen frei. Die Interessen der Öl- und der Tourismuswirtschaft prallen aufeinander. Die Medien schweigen.
KAIRO. Drei Tage, nachdem die ägyptische Regierung zugegeben hat, dass nördlich des Badeortes Hurghada am Roten Meer Öl, möglicherweise aus einer Ölplattform, ausgelaufen ist, herrscht auffällige Funkstille. Man untersuche derzeit, wo das Öl herkommt, heißt es aus dem Ölministerium. Weder die Regierung noch unabhängige Umweltschützer äußern sich weiter zu dem Fall. Die Medien schweigen sich darüber aus.
Laut Informationen von Hotelmanagern sollen die Strände wieder weitgehend von Ölklumpen gesäubert worden sein. Wie es in einem Naturschutzgebiet – einer Gruppe von Inseln nördlich des Badeortes – aussieht, ist dagegen unklar. Noch Anfang der Woche hatten Umweltschützer berichtet, die Inseln hätten den Großteil des ausgelaufenen Öls abbekommen.
Weder ist bekannt, wie viel Öl ausgeronnen ist, noch ist bisher ein Schuldiger benannt. Man untersuche, wo die Quelle für die Verschmutzung liege, verlautet aus dem Ölministerium. Außerdem seien 90 Prozent des Ölteppichs bereits entfernt, sagt dessen Sprecher.
Die Umweltschützer selbst gehen nicht mehr ans Telefon. Auf der Webseite der HEPCA, der „Hurghada Environmental Protection and Conservation Association”, also jener Umweltorganisation, die Alarm geschlagen hatte, findet sich ein letzter Eintrag vom Mittwoch. Dort werden die Bemühungen, die Strände zu reinigen, als äußerst effektiv gelobt. Das Leck sei seit Donnerstag geflickt.
Dann heißt es aber, dass man immer noch auf eine Erklärung der staatlichen Institutionen warte, welche Bohrinsel leck geworden sei. Auf YouTube findet sich ein kurzes Video, offensichtlich von HEPCA, das eine der staatlichen Ölplattformen und das verschmutzte Wasser zeigt.
Kollidierende Interessen
Genau darin könnte der Grund für die Zurückhaltung liegen. Das Gros der Bohrungen im Golf von Suez wird von staatlichen ägyptischen Firmen durchgeführt. Hier müsste sich der Staat selbst anzeigen. Am Golf von Suez, nördlich von Hurghada, existieren laut Ölministerium über 180 Bohrtürme.
In unmittelbarer Nachbarschaft zu den wichtigsten Badestränden kollidieren hier die Interessen der Ölindustrie mit jenen des Tourismus. Und während die Ölförderung am Golf von Suez nach ihrem Höhepunkt Anfang der 1990er-Jahre immer weiter zurückgeht, steigen die Einnahmen aus dem Tourismus, die im Vorjahr über 15 Milliarden Dollar ausmachten; ein weiterer Grund, warum sich die Regierung über das genaue Ausmaß des Ölunfalls ausschweigt.
WISSEN
■Am Golf von Suez, nördlich des ägyptischen Badeortes Hurghada, existieren laut Ölministerium über 180 Bohrtürme, die letztes Jahr 742.000 Barrel Öl gefördert haben. In unmittelbarer Nachbarschaft zu den wichtigsten Badestränden kollidieren hier die Interessen der Ölindustrie mit jenen des Tourismus, der zum wichtigsten Devisenbringer für das Land geworden ist. Im Vorjahr machten die Tourismuseinnahmen mehr als 15 Milliarden Dollar aus.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2010)