Hilpoltstein
Rätselhafter Krankheit auf der Spur

Martin Stafflinger aus Hilpoltstein organisiert ersten Akne-Inversa-Tag in Bayern – Vorträge am Samstag ab 13 Uhr in der Kreisklinik Roth

18.06.2014 | Stand 02.12.2020, 22:34 Uhr

Die Werbetrommel für den Akne-Inversa-Tag, der am Samstag ab 13 Uhr in der Kreisklinik stattfindet, haben Martin Stafflinger (l.) und seine Mitstreiter bereits bei der Selbsthilfebörse gerührt. - Foto: Leykamm

Hilpoltstein/Roth (lkm) Die Ursachen der Krankheit sind unbekannt. Wer an ihr leidet, droht innerlich zu zerbrechen, während er äußerlich mehrmals jährlich auf dem Operationstisch landet.

Am kommenden Samstag, 21. Juni, lädt der bayernweit erste Akne-Inversa-Tag Betroffene, Angehörige und die gesamte Öffentlichkeit ein, sich in der Kreisklinik Roth auf die Spur dieser seltenen, aber den Menschen im Innersten seiner Existenz bedrohenden Erkrankung zu machen. Die Vorträge im Gesundheitszentrum I beginnen um 13 Uhr, der Eintritt ist frei. Zu Beginn klärt Cornelia Erfurt-Berge, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Uni Hautklinik Erlangen, über das Krankheitsbild sowie deren medizinische Versorgung auf. Über das richtige Wundmanagement anhand von Patientenbeispielen informieren um 14 Uhr zwei Ärzte des interdisziplinären Wundteams Roth: Alfred Tylla (Leitender Arzt) und Thorsten Prennig (Leitende Wundfachkraft). Es schließt sich ein Vortrag zum Schwerbehindertenrecht von Heinz-Werner Bader um 15 Uhr an. Er ist leitender Arzt der mittelfränkischen Regionalstelle des Zentrums Bayern Familie und Soziales. Etwa gegen 16 Uhr ist zudem Gelegenheit zum Austausch. Als Ansprechpartner stellt sich hierfür – soweit es der Krankenhausbetrieb an jenem Tag zulässt – der Chirurg Jürgen Ostermeier-Krüger zur Verfügung, der in der Kreisklinik als Oberarzt fungiert und dort Operationen in Sachen Akne Inversa vornimmt.

Dabei handelt es sich um eine unheilbare und genetisch bedingte Erkrankung der Haut, die in den Beugeregionen des Körpers wie Achseln und Leisten sowie im Intim- und Analbereich Abszesse und Fisteln verursacht. Antibiotika haben meist nur aufschiebende Wirkung. Die derzeit einzig zielführende Therapie bildet das Herausschneiden der befallenen Areale, worunter in der Regel auch das gesunde Gewebe leidet. Es folgt die mehrwöchige offene Wundheilung, die oft mit massiven Bewegungseinschränkungen einhergeht.

Narbenbildung und Verwachsungen bereiten zusätzliche Schmerzen. Die psychischen Folgen sind zudem verheerend: Die Patienten fühlen Ekel vor sich selbst, drohen in völliger Isolation und Depressionen zu versinken. Auch Suizidgedanken sind keine Seltenheit. Eine bedrohliche Krankheit, die im öffentlichen Bewusstsein aber so gut wie gar nicht existent ist. Dies auch deswegen, weil sie selten auftritt: Ein bis vier Prozent der Bevölkerung in Deutschland leidet an ihr.

Der Name selbst führt auf die falsche Fährte. „Mit Akne hat die Erkrankung überhaupt nichts zu tun“, sagt Martin Stafflinger, Leiter einer von ihm gegründeten Selbsthilfegruppe im Landkreis. Derzeit werde ein neuer Begriff gesucht. Akne-Inversa-Tage gab es im Bundesgebiet bislang nur in Berlin und Heidelberg. Dass nun Premiere in Bayern gefeiert werden kann, liegt zum Großteil an Stafflinger selbst. Der Hilpoltsteiner ist einer der ganz großen Aktivposten unter den Betroffenen und derzeit dabei, die Selbsthilfegruppen zu vernetzen. (www.akne-inversa.org).

Als er in der Kreisklinik wegen eines Infotags zu besagter Krankheit nachfragte, habe er große Unterstützung erfahren, lobt Stafflinger. Doch weiß er auch, dass sein eigenes Engagement ihm auch neue Schübe bescheren kann. Denn Stress – gleich welcher Art – ist einer der Hauptauslöser für Akne Inversa. Dies ist auch ein Grund, warum Stafflinger, einst Marktleiter einer Supermarktkette, in die Frührente gezwungen wurde und auch seine ehedem vielen Ehrenämter abgegeben hat.

Als er für sein 25-jähriges Engagement im Bayerischen Roten Kreuz geehrt wurde, machte ihn Landrat Herbert Eckstein auf KISS aufmerksam. Kurz darauf wandte sich Stafflinger an jene Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen im Landkreis Roth und rief im März 2013 eine eigene Gruppe ins Leben: Zwölf Interessierte kamen gleich zum Gründungstreffen, darunter sechs Patienten.

Derzeit hat die Gruppe 20 Mitglieder, die sich gegenseitig stützen. Das ist auch bitter nötig. Denn das Leben ist für die Betroffenen ein brutaler Kampf. Zwei oder mehr Operationen im Jahr sind keine Seltenheit. Bei Anstrengungen und Stress können innerhalb von Stunden Abszesse auftreten, so Stafflinger. Man müsse sich regelrecht „zur Ruhe zwingen“, sagt der 43-Jährige, der eigentlich ein echter Macher ist.

Positiv hat sich auf ihn seine Heirat im vergangenen Jahr ausgewirkt. Seine Gattin bietet ihm neuen Halt. Im Kampf gegen eine Krankheit, mit der er sich seit dem Erwachsenwerden konfrontiert sieht. Von Hoffnungszeichen zu Hoffnungszeichen gilt es seither, dem Leben seine positiven Seiten abzuringen. Das nächste dieser Zeichen heißt Akne-Inversa-Tag, an dem in der Kreisklinik viel mehr zu dieser rätselhaften Krankheit zu erfahren ist.