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Sensation im Vatikan Papst Benedikt XVI. tritt zurück

Auch für viele im Vatikan kommt diese Nachricht "wie ein Blitzschlag aus heiterem Himmel": Papst Benedikt XVI. tritt zurück - er gibt sein Amt zum Ende des Monats auf. Er habe nicht mehr die nötige Kraft, teilte der 85-Jährige mit.

Rom - Der Papst will sein Amt aufgeben. Wie der Vatikan meldet, wird der 85-Jährige am 28. Februar zurücktreten. Laut italienischen Zeitungen sagte Benedikt XVI., er spüre die Belastung des Amtes: "Ich gehe zum Wohl der Kirche."

Die italienische Nachrichtenagentur Ansa verkündete die Nachricht um 11.46 Uhr. Seinen Entschluss teilte Joseph Ratzinger demnach während einer Ratssitzung zur Heiligsprechung der Märtyrer von Otranto in lateinischer Sprache mit.

In seiner Ansprache sagte Benedikt, er spüre das Gewicht der Aufgabe, dieses Amt zu führen. Lange habe er über seine Entscheidung nachgedacht. Er sei sich der Schwere dieser Entscheidung wohl bewusst, erklärte aber in voller Freiheit, das ihm am 19. April 2005 von den Kardinälen anvertraute Amt auf dem Stuhl Petri abzugeben. Die Kardinäle werden gebeten sein, für die Wahl eines neuen Kirchenoberhauptes zusammenzukommen.

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Papst-Rücktritt: Von Joseph Ratzinger zu Benedikt XVI.

Foto: Tony Gentile / Reuters

Die Nachricht kam zu diesem Zeitpunkt für viele überraschend. "Wie ein Blitzschlag aus heiterem Himmel", kommentierte Kardinaldekan Angelo Sodano die Erklärung. Der italienische Ministerpräsident Mario Monti sagte: "Ich bin erschüttert von dieser unerwarteten Nachricht."

Bruder: Grund ist angeschlagene Gesundheit

Papst-Bruder Georg Ratzinger nannte die angeschlagene Gesundheit von Benedikt XVI. als Grund für dessen Rücktritt. "Das Alter drückt", sagte der 89-Jährige der Nachrichtenagentur dpa. "Mein Bruder wünscht sich im Alter mehr Ruhe." Georg Ratzinger räumte ein, seit Monaten von den Rücktrittsplänen des Papstes gewusst zu haben: "Ich war eingeweiht."

Laut Kirchenrecht darf ein Papst zurücktreten, wenn er dafür stichhaltige Motive hat. Dies kam in der Geschichte der katholischen Kirche bisher jedoch selten vor. 537 gab Silverius auf oströmischen Druck hin drei Wochen vor seinem Tod das Amt auf. Johannes von Velletri, 1059 als Benedikt X. inthronisiert, konnte sich kein Jahr halten und wurde obendrein exkommuniziert. Coelestin V. trat Ende 1294 zurück und starb 1296. Gregor XII. wurde schon 1409 abgesetzt, erklärte aber erst 1415 offiziell seinen Rücktritt.

Mit dem traditionellen Ausspruch "habemus papam" wurde Joseph Ratzinger im April 2005 als Nachfolger von Johannes Paul II. vorgestellt - als erster deutscher Papst seit 482 Jahren. Mit seiner Namenswahl spielte er unter anderem auf Benedikt von Nursia an, den legendären Gründer des Benediktinerordens. Hunderttausende Gläubige feierten am 24. April 2005 Benedikts Amtseinführung auf dem Petersplatz.

Nachfolger soll bis Ostern feststehen

In Rom stellt man sich schon auf die Suche nach dem Nachfolger ein. "Wir sollten Ostern einen neuen Papst haben", sagte Vatikansprecher Federico Lombardi wenige Stunde nach Benedikts Mitteilung. Das Konklave zur Wahl des neuen Kirchenoberhauptes könne 15 bis 20 Tage nach dem Rücktritt beginnen. Der Ostersonntag fällt in diesem Jahr auf den 31. März.

Joseph Ratzinger war 1977 als Erzbischof von München und Freising berufen worden, im selben Jahr stieg er auf zum Kardinal. Papst Johannes Paul II. machte den hochangesehenen Theologen 1981 zum Präfekten der Glaubenskongregation, der höchsten Instanz für Interpretation und Verteidigung der katholischen Lehre.

Den Höhepunkt seiner kirchlichen Laufbahn markierte die Wahl zum Papst im April 2005. Obwohl Ratzinger nach eigener Aussage "betete, dass ein anderer gewählt wird", machte ihn das Konklave im vierten Wahlgang mit Zweidrittelmehrheit zum Pontifex.

In einem 2010 veröffentlichten Interviewbuch äußerte Benedikt XVI., es sei für einen Papst "eine Pflicht" zurückzutreten, wenn er seine Ämter nicht mehr bewältigen könne: "Wenn ein Papst zur klaren Erkenntnis kommt, dass er physisch, psychisch und geistig den Auftrag seines Amtes nicht mehr bewältigen kann, dann hat er ein Recht und unter Umständen auch die Pflicht zurückzutreten."

In den deutschen Bistümern gab man sich auf Nachfrage verblüfft über die Entscheidung Benedikt XVI. "Wir sind genauso überrascht wie Sie", sagte eine Sprecherin des Erzbistums Freiburg SPIEGEL ONLINE. Eine Stellungnahme von Erzbischof Robert Zollitsch müsse erst vorbereitet werden. Auch im Erzbistum Bamberg wollte man sich mit einer Einschätzung der Lage noch Zeit lassen.

ala/fab/siu/dpa/Reuters
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