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Geld Corona und Inflation

Die Deutschen fürchten den Wohlstands-Knick

Redakteur Wirtschaft und Finanzen
Deutsche sorgen sich um hohe Inflationsrate

Der neue Sicherheitsreport des Meinungsforschungsinstituts Allensbach und des Centrums für Strategie und Höhere Führung wurde veröffentlicht. Hier zeigt sich, was den Deutschen besonders Sorge bereitet. An der Spitze: Die hohe Inflation.

Quelle: WELT/ Vivien Krüger

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Fast jeder zweite Bundesbürger ist in Sorge, wegen Teuerung und Gehaltsausfall in der Pandemie seinen Lebensstandard nicht halten zu können. Viele erwarten ein weiteres persönliches Krisenjahr. Eine Gruppe ist besonders pessimistisch.

Teure Energierechnungen, hohe Inflation – fast jeder zweite Verbraucher könnte sich bald in Verzicht üben müssen. So haben 44 Prozent der Deutschen nach eigenen Angaben nicht den finanziellen Spielraum, um bei steigenden Preisen ihren bisherigen Lebensstandard halten zu können. Das hat eine Erhebung im Auftrag der Wirtschaftsauskunftei Schufa ergeben, deren Ergebnisse WELT exklusiv vorliegen.

Eine Mehrheit von 54 Prozent blickt wohl auch deshalb sorgenvoll in die Zukunft – das sind etwas mehr Menschen als noch im Februar 2021. Etwa jedem vierten Verbraucher (28 Prozent) wird es laut Umfrage sogar zunehmend schwerfallen, in diesem Jahr seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. „Die Stimmung hat sich deutlich eingetrübt“, sagt Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder. Die Kombination aus Inflation und einer verschärften Coronalage führe zu Angst vor der Zukunft. „Vor allem die Preissteigerungen bei Strom und Benzin machen den Menschen Sorgen“, sagt Schröder. Für die bevölkerungsrepräsentative Umfrage wurden 1000 Menschen befragt.

Tatsächlich stellt sich ein Großteil wohl darauf ein, dass die Kosten weiter steigen werden. Vier von fünf Verbrauchern haben „große“ oder „sehr große“ Angst vor weiteren Preissteigerungen bei der Energie, ganze 74 Prozent vor einem allgemeinen Preisanstieg. Und so geht etwas mehr als die Hälfte auch nicht davon aus, dass das Jahr 2022 für die Menschen hierzulande besser wird als 2021. Viele erwarten ein weiteres persönliches Krisenjahr.

Die jüngsten Zahlen geben den Befragten vorläufig recht: Auch im Januar haben sich die Verbraucherpreise in Deutschland deutlich verteuert. Wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte, erhöhten sie sich im Vergleich zum Vorjahresmonat um voraussichtlich 4,9 Prozent. Im Dezember lagen die Verbraucherpreise noch 5,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Allerdings fielen im Januar des neuen Jahres erstmals bestimmte sogenannte statistische Basiseffekte in Folge der Corona-Krise weg. Diese Effekte, zu denen 2020 vor allem die zeitweise geltende Mehrwertsteuersenkung gehörte, verzerrten die monatlichen Inflationsraten nach oben.

Ab Januar stellt sich also ein dämpfender Gegeneffekt ein. Der allerdings sei „weitgehend verpufft“, erklärte der Konjunkturexperte Nils Jannsen vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW Kiel). Sofern die Rohstoffpreise nicht schnell sinken und die globalen Lieferengpässe zügig gelöst werden, dürfte der Anstieg der Verbraucherpreise für das Gesamtjahr 2022 wohl erneut bei mehr als drei Prozent liegen, meinte Jannsen. Die künftige Inflationsentwicklung ist daneben aber auch abhängig von den Löhnen. Wollen Gewerkschaften die sinkende Kaufkraft mit höheren Gehältern ausgleichen, kann daraus eine Lohn-Preis-Spirale entstehen.

Erschwerend kommt hinzu: Schon das vergangene Krisenjahr hat bei vielen Bürgern für Einbußen gesorgt. Zwar ist laut Schufa-Umfrage der Anteil der Verbraucher, die pandemiebedingte Einkommensverluste haben, etwas gesunken. Mehr als jeder Dritte gab jedoch an, dass er sich aufgrund der aktuellen Situation finanziell einschränken und geplante größere Anschaffungen verschieben musste. Ähnlich viele Menschen haben auf ihr Erspartes zurückgreifen müssen. „Die Corona-Pandemie wird nicht ohne längerfristige Folgen bleiben“, sagte Schufa-Vorstandsmitglied Schröder. Nach zwei Jahren habe sich die finanzielle Situation bei einem Teil der Bevölkerung weiter verschärft. „Finanzielle Reserven sind aufgebraucht und Preissteigerungen können nicht mehr aufgefangen werden“, sagte Schröder.

Für jene krisengebeutelten Verbraucher kommen die hohe Inflation und steigende Energiepreise also zur Unzeit. Sie sind laut Schufa-Umfrage besonders betroffen: Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Befragten, die pandemiebedingt schon an ihre Vorräte mussten, wird seinen Lebensunterhalt in diesem Jahr nur mit Mühe bestreiten können. Und wer wegen der Krise einen Kredit aufgenommen hat, dem fällt die Rückzahlung zunehmend schwerer. Ihr Anteil ist im November auf ganze 62 Prozent gestiegen. Im November rechnete noch etwas mehr als jeder zweite Krisen-Kreditnehmer mit Problemen, die Schulden zu begleichen. Vor einem Jahr tat das nicht einmal jeder Dritte.

Die anhaltenden Preissteigerungen verschärfen auch die Debatte um Entlastungen für Verbraucher. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert zum Ausgleich für gestiegene Energiekosten eine Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas. Außerdem sollte es einen einmaligen Kinderbonus in Höhe von 200 Euro pro Kind geben, sagte Verdi-Chef Frank Werneke. Ein Durchschnittshaushalt mit vier Personen würde laut der Gewerkschaft dadurch um etwa 850 Euro entlastet. Die von der Bundesregierung geplante Abschaffung der Umlage zur Finanzierung Erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) reiche hingegen nicht aus, so Werneke.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten bereits signalisiert, die EEG-Umlage so schnell wie möglich abzubauen und letztlich ganz abschaffen zu wollen. Laut den Berechnungen der großen Online-Vergleichsportale dürfte das den jüngsten Preisanstieg vor allem für Neukunden aber nur abfedern. Das Ende der EEG-Umlage war ursprünglich erst ab 2023 vorgesehen.

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