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Hört auf damit, Israel zu dämonisieren!

Veröffentlicht am 09.06.2010Lesedauer: 5 Minuten

Israel am Pranger, wie immer, wenn es einen Fehler macht. Dabei ist das Land Arglist und Heuchelei ausgesetzt, meint Bernard-Henri Lévy .

Meine Position bleibt unverändert. Wie ich schon am Tag des Ereignisses sagte, halte ich die Art und Weise, in der die "Mavi Marmara" gestürmt wurde, für dumm. Wären mir noch Zweifel geblieben, dann hätte mich die Inspektion des siebten Boots, am Samstag ohne jede Gewalt vollzogen, davon überzeugt, dass Israel andere Handlungsmöglichkeiten hatte, um zu verhindern, dass die von den Free-Gaza-Provokateuren gestellte Falle zuschnappt und Blut vergossen wird.

Vor diesem Hintergrund halte ich die Flut aus Heuchelei, Arglist und Desinformation, die zurzeit – wie immer, wenn Israel einen Fehler begeht – durch die weltweiten Medien schwappt, für unakzeptabel.

Das Schlagwort, das bis zum Überdruss wiederholt wird, ist die „von Israel“ verhängte Blockade. Dabei gebietet die Ehrlichkeit, zu verdeutlichen, dass die Blockade von Israel und Ägypten gemeinsam aufrechterhalten wird – entlang der Grenzen, die beide Länder mit dem Gazastreifen teilen, und mit der kaum verschleierten Zustimmung der gemäßigten arabischen Regime.

Zu sagen, die Blockade sei von Israel allein verhängt worden, kann nur als Fehlinformation bezeichnet werden.

Schon die Vorstellung, es handle sich um eine „totale und gnadenlose“ Blockade (so ein Kommentar in der französischen „Libération“), welche die „Menschlichkeit in Geiselhaft nimmt“ (so der ehemalige französische Ministerpräsident Dominique de Villepin), basiert auf Fehlinformationen.

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Wir dürfen nicht müde werden, daran zu erinnern: Die Blockade betrifft nur Waffen und Materialen, die zu ihrer Herstellung benötigt werden. Sie unterbindet nicht die tägliche über Israel kommende Lieferung von hundert bis hundertzwanzig Lastwagen-Ladungen mit Nahrungsmitteln, Medikamenten und jeglicher Art humanitärer Güter.

Die Menschlichkeit ist nicht „in Gefahr“ im Gazastreifen, und es ist eine Lüge zu behaupten, Menschen würden in den Straßen von Gaza „verhungern“.

Natürlich lässt sich darüber streiten, ob eine militärische Blockade der richtige Weg ist, die islamistisch-faschistische Regierung von Ismail Haniyeh zu schwächen und, eines Tages, zu stürzen.

Aber es ist eine unbestrittene Tatsache, dass die Israelis, die Tag und Nacht an den Grenzübergängen Wache halten, die ersten sind, die die einfache, aber wesentliche Unterscheidung zu treffen haben zwischen dem Regime (das sie zu isolieren versuchen) und der Bevölkerung (wobei sie genau darauf achten, sie nicht mit dem Regime zu verwechseln, und sie nicht zu bestrafen).

Fehlinformation: Das Schweigen der Welt angesichts der unglaublichen Haltung der Hamas, jetzt, wo die Flottille ihre symbolische Pflicht erfüllt hat – nämlich, den jüdischen Staat in eine Falle zu locken und die Dämonisierung neu in Gang zu setzen.

Jetzt, da die Israelis ihre Inspektionen abgeschlossen haben und die Hilfsgüter zu denen gebracht haben, für die sie angeblich bestimmt waren, begegnet man dem Vorgehen der Hamas, die Hilfsgüter am Kerem-Shalom-Übergang festzuhalten und vergammeln zu lassen, mit Schweigen.

Zur Hölle mit allen Waren, die durch die Hände des jüdischen Zolls gewandert sind! Schmeißt die „Spielsachen“ weg, die die guten europäischen Seelen zu Tränen gerührt haben, die aber unrein wurden, nachdem sie zu viele Stunden im israelischen Hafen von Ashdod zugebracht haben!

Die Kinder von Gaza sind nicht mehr als menschliche Schutzschilde für die islamistische Bande, die vor drei Jahren gewaltsam die Macht übernahm. Die Spiele der Kinder oder ihre Wünsche sind das letzte, für das sich irgendwer im Gazastreifen interessiert. Aber wer spricht das schon aus? Wer zeigt den geringsten Anschein von Entrüstung?

Noch mehr Fehlinformationen: Das Gejammer der nützlichen Idioten, die – bevor es Israel tat – in die Fänge der merkwürdigen „Menschenrechtler“ gehen, die im Falle der islamistischen IHH Anhänger des Dschihads sind. Einige äußerten nur wenige Tage vor dem Zwischenfall den Wunsch, als „Märtyrer zu sterben“.

Wie kann ein Schriftsteller vom Format des Schweden Henning Mankell es zulassen, auf diese Art missbraucht zu werden? Wenn er uns mitteilt, er denke darüber nach, die Übersetzung seiner Bücher ins Hebräische zu verbieten – wie kann er die unantastbare Unterscheidung vergessen zwischen einer dummen oder schlechten Regierung und den Massen, die sich mit ihr nicht identifizieren?

Und Fehlinformationen streuen auch die Herden der Heuchler, die es bedauern, dass Israel den Ruf nach einer internationalen Untersuchung ablehnt.

Die Wahrheit ist sehr viel einfacher und logischer: Was Israel ablehnt, ist eine Untersuchung durch den UN-Menschenrechtsrat, in dem so großartige Demokraten wie die Kubaner, die Pakistaner und die Iraner das Sagen haben.

Was Israel nicht will, ist ein Vorgehen, wie es zum berühmten Goldstone-Bericht nach der Operation „Gegossenes Blei“ in Gaza geführt hat. Die fünf Richter dieser sympathischen Kommission – von denen vier aus ihrem militanten Antizionismus keinen Hehl gemacht haben – haben 575 Seiten Interviews mit palästinensischen Kämpfern und Zivilisten durchgeführt, unter den aufmerksamen Blicken der politischen Beauftragten der Hamas – eine nie dagewesene Häresie bei solch einem Vorgang.

Solch eine verpfuschte Untersuchung wäre eine Verballhornung des internationalen Rechts, was Israel einfach nicht hinnehmen kann. Ihre Aussagen würden von Vornherein feststehen und wären nur dazu da, die einzige wirkliche Demokratie der Region in die Ecke zu drängen. Für einen Mann wie mich, einen alten Kämpfer für humanitäre Eingriffe, wirkt all das wie eine Karikatur.

Bernard-Henri Lévy ist einer der wichtigsten Publizisten Frankreichs. Sein Beitrag erschien ursprünglich in der israelischen Zeitung „Haaretz“.


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