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Staatsanwaltschaft wertet Predigt aus Vorwurf: Pastor schürt Hass

Die Staatsanwaltschaft prüft, gegen Olaf Latzel von der St.-Martini-Gemeinde strafrechtliche Ermittlungen wegen Volksverhetzung einzuleiten. Der Pastor fühlt sich missverstanden und vorverurteilt.
28.01.2015, 20:10 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Vorwurf: Pastor schürt Hass
Von Christian Weth

Die Staatsanwaltschaft prüft, gegen einen Pastor der Bremischen Evangelischen Kirche strafrechtliche Ermittlungen wegen Volksverhetzung einzuleiten.

Olaf Latzel von der St.-Martini-Gemeinde steht im Verdacht, während des Gottesdienstes Fremdenhass geschürt zu haben. Die umstrittene Predigt, die Latzel vor anderthalb Wochen gehalten hat, wird vom Verbund der Bremer Gemeinden scharf kritisiert. Latzel, der sich missverstanden und vorverurteilt fühlt, soll sich jetzt vor einem Ausschuss erklären.

Seine Predigt ist längst vorbei. Am 18. Januar, es ist der zweite Sonntag nach Epiphanias, hat Olaf Latzel sie gehalten. Was das Mitglied der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) vor anderthalb Wochen sagte, ist trotzdem noch zu hören: im Internet, unter anderem auf der Seite der St.-Martini-Gemeinde, in der Latzel seit 2007 Pastor ist. Für die Aufnahme interessiert sich mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft Bremen. „Ein Kollege ist dabei, sie sich anzuhören und auszuwerten“, sagt Sprecherin Silke Noltensmeier. Die Behörde prüfe, gegen den Pastor strafrechtliche Ermittlungen wegen Volksverhetzung einzuleiten.

Der Mitschnitt, ein sogenannter Podcast, dauert 29 Minuten und zwölf Sekunden. Latzels Predigt hat den Titel „An Gideon die Reinigung von den fremden Göttern lernen“. Latzel zitiert aus dem Alten Testament, in dem die Geschichte von Gideon erzählt wird, der sich von Götzen lossagt. Und das, sagt der Pastor, müssten auch alle Christen tun. Es fallen Sätze, in denen er klarstellt, dass es nur einen Gott gebe. In denen er das Miteinander der Religionen als Zusammenpanschen bezeichnet. Und in denen er das Zuckerfest für Blödsinn erklärt. Er spricht von umhauen, verbrennen, Schnitte machen.

Er wolle nicht falsch verstanden werden: Es gehe nicht gegen den Menschen, der einen anderen Glauben habe. „Einem Moslem, der Hilfe braucht, muss geholfen werden.“ Aber dessen Religion müsse nicht einfach so hingenommen werden. Latzel zitiert die Worte des Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff, der Islam gehöre zu Deutschland. Der Pastor kehrt den Satz um: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Das sagt er mehrmals. An der katholischen Kirche kritisiert er gleich im Anschluss ihren Kult, den sie betreibe. Latzel spricht von „Reliquien-Dreck“ und davon, dass der Glaube an einen Ablass der Sünden „großer Mist“ sei.

Von Latzels Predigt hat sich die Bremische Evangelische Kirche, ein Verbund von 61 Gemeinden, distanziert. Ihr Vorsitzender, Pastor Renke Brahms, kritisiert sie scharf. Latzels Formulierungen seien unerträglich, auch vor dem Hintergrund der Toleranz-Offensive für ein buntes und vielfältiges Bremen, die am Montag mit einer Kundgebung begonnen hat. Brahms’ Stellvertreter, Bernd Kuschnerus, schließt nicht aus, dass der Pastor der St.-Martini-Gemeinde den Zeitpunkt für sein Predigt-Thema bewusst gewählt hat. „Das ist eine klare Provokation, das ist ein Schüren von Fremdenhass.“

Das sei es nicht, sagt hingegen Latzel, der sich falsch verstanden und vorverurteilt fühlt. „Die Bremische Evangelische Kirche hat nicht mit mir gesprochen, sondern sich gleich gegen mich gestellt.“ Wer ihm bei seiner Predigt genau zugehört hätte, wüsste, dass es ihm keineswegs um Fremdenhass gegangen sei, sondern um ein Reinigen in den eigenen Reihen, in der eigenen Kirche. „Ich wollte ihr wieder eine klare Richtung geben.“ Er stehe für Offenheit und Freiheit der Religionen. Warum er dann von Reliquien-Dreck spricht und den Ablass der Sünden als Mist bezeichnet, lässt Latzel unkommentiert. Anders als seine Haltung zur BEK: „Was die sagt und denkt, interessiert mich nicht.“

Die Bremische Evangelische Kirche interessiert aber, was er, Latzel, sagt und denkt: Der Pastor soll sich erklären. „Wir werden eine Sitzung des Kirchenausschusses einberufen, bei der Herr Latzel Rede und Antwort stehen muss“, kündigt Kuschnerus an. Gegebenenfalls werde auch über disziplinarische Maßnahmen gesprochen. Viel mehr könne die Kirche nicht tun, schon gar nicht einen Pastor suspendieren. Der stellvertretende Vorsitzende der BEK verweist auf die Verfassung des Verbundes, die Glaubensfreiheit in jeder Gemeinde festlegt. Darum gebe es auch keine Veranlassung, einen Gottesdienst zu kontrollieren. Allerdings werde überlegt, den einen oder anderen Pastor am 8. Februar in die St.-Martini-Gemeinde zu schicken. Dann hält Latzel seine nächste Predigt.

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