Polizeiberatungsteam besucht 21 Rechtsextreme.

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Pforzheim
Polizeiberatungsteam besucht 21 Rechtsextreme

Pforzheim/Enzkreis/Karlsruhe. Beamte der Beratungs- und Interventionsgruppe gegen Rechtsextremismus (BIG Rex) des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg und der Kriminalinspektion Staatsschutz des Polizeipräsidiums Karlsruhe haben im Enzkreis und in Karlsruhe insgesamt 21 dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnende Personen zu Hause besucht.

Bei den Adressaten handelte es sich fast ausschließlich um Männer, die mit der rechten Szene sympathisieren, in dieser verkehren, in der Vergangenheit rechtsextrem ausgerichtete Veranstaltungen besuchten oder wegen entsprechender Straftaten bereits in Erscheinung getreten waren. Die begangenen strafbaren Handlungen erstreckten sich über Sachbeschädigungen, das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole, volksverhetzenden Delikten bis hin zu schweren Straftaten.

Die Beamten der Beratungsteams klärten die überwiegend jungen Menschen in diesen Gesprächen über die Hintergründe, Gefahren des Rechtsextremismus und teilweise einhergehenden negativen Begleiterscheinungen sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich auf. Primäres Ziel dieser Gespräche war es, den oft orientierungslosen jungen Menschen Alternativen und Möglichkeiten eines Ausstiegs aufzuzeigen. Die Teams beantworteten Fragen, wie das Abrutschen in den Rechtsextremismus verhindert werden kann, welche Wege es für Aussteiger gibt, oder auch welche anderen Perspektiven nach einem Ausstieg bestehen. Die Beamten ermunterten ihre Gesprächspartner zum Ausstieg aus der rechten Szene und boten für den Fall der oftmals langwierigen Umorientierung jeweils aktive Hilfestellung an. Ferner ergab sich für die Polizei die Möglichkeit, die Familie und auch den unmittelbaren Freundeskreis der Adressaten zu sensibilisieren. Durch die aktive und persönliche Kontaktaufnahme mit der Zielgruppe sollen Gefährdete vor der Begehung zukünftiger Straftaten bewahrt werden. Die Altersstruktur des angesprochenen Personenkreises bewegte sich zwischen 18 und 45 Jahre, wobei die Anfang bis Ende 20-Jährigen den Schwerpunkt bildeten. Das Ergebnis der Anspracheaktion kann positiv bewertet werden, da die meisten Personen sich gesprächsbereit zeigten. Nahezu die Hälfte des angetroffenen Personenkreises vertritt jedoch weiterhin eine rechtsextreme Gesinnung beziehungsweise räumt ein, in entsprechenden ideologisch gleichgesinnten Szenenkreisen zu verkehren. Nur wenige Personen hatten sich bereits selbstständig von der rechten Szene distanziert. Ein Viertel der kontaktieren Personen waren in der Vergangenheit wegen rechtsextremer Straftaten polizeilich bekannt geworden. In persönlichen Gesprächen konnte jedoch festgestellt werden, dass weder eine rechtsextreme Ideologie noch eine entsprechende Szenenzugehörigkeit das jeweilige Motiv für das Fehlverhalten waren. Sie wollten in der Vergangenheit "Teil einer Gruppe" oder "anerkannt" sein. Oftmals spielte bei delinquentem Verhalten und öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Einfluss von Alkohol auch eine nicht unerhebliche Rolle. Erfahrungsgemäß spielt nicht die politische Motivation die Hauptrolle, sondern ist oft nur plakatives Beiwerk. Die Polizei wird diesen Personenkreis auch weiterhin im Auge behalten.

BIG Rex ist unter der Telefonnummer 07115401-3600 oder unter big-rex@polizei.bwl.de erreichbar.

 

Zusatzinformation BIG Rex:

Die BIG Rex ist Teil des im Jahr 2001 durch das Innenministerium Baden-Württemberg unter Einbeziehung der Ministerien für Justiz, Kultus- und Soziales ins Leben gerufenen Programms "Ausstiegshilfen Rechtsextremismus". Der Grundgedanke des Programms besteht darin, sowohl polizeilich bekannte Sympathisanten, wie auch Erst- und Mehrfachtäter durch die Landespolizei und das Landeskriminalamt (LKA) anzusprechen, um sie zum Ausstieg aus der rechten Szene zu motivieren und ggf. zu unterstützen. Die BIG Rex ist beim Landes-kriminalamt Baden-Württemberg angesiedelt. Zu den Mitarbeitern zählen vornehmlich Polizeibeamte und eine Diplompädagogin. Die BIG Rex arbeitet behördenübergreifend und ist nicht ermittelnd tätig. Im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit steht ausschließlich die Unterstützung ausstiegswilliger Szeneangehöriger. Hierbei sollen Justizbehörden, Jugend-, Arbeits- und Sozialämter, Schulen und Kommunen mit der Polizei gemeinsam jedem Ausstiegswilligen individuelle, auf seine persönlichen Lebensumstände abgestimmte Hilfeleistungen bieten. Beispielsweise sollen umkehrbereite Rechtsextremisten bei der Arbeitsplatzsuche, der Bewältigung von Strafverfahren, der Wohnungssuche, der Schuldnerberatung, bei der Abwicklung von Behördengängen oder beim Schutz vor einer befürchteten Bedrohung durch ehemalige Gesinnungsgenossen unterstützt werden.

Seit Beginn des Programms Ausstiegshilfen Rechtsextremismus wurden von der Landespolizei und dem Landeskriminalamt weit über 2000 Personen der rechten Szene angesprochen. Zwischenzeitlich sind mit Hilfe der Polizei des Landes knapp 500 Personen aus der "rechten Szene" ausgestiegen, davon etwa 200 mit Unterstützung der BIG Rex des LKA.

Zusatzinformation Anonymisiertes Hinweissystem:

Seit dem 01. September 2012 hat das Landeskriminalamt Baden-Württemberg ein anonymes Hinweisaufnahmesystem (BKMS) eingeführt. Hinweise gegen Korruption, Wirtschaftskriminalität und rechtsextremistisch motivierter Kriminalität können hier anonym gemeldet und weitergeleitet werden. Der Datenverkehr über anonyme Postfächer, IP-Adressen wird nicht gespeichert. Hinweisgeber können über das System mir der Polizei in Kontakt treten - ihre Anonymität ist jederzeit gewährleistet. Zum System gelangt man über die Internetauftritte der Polizeidienststellen, des Landeskriminalamtes und des Innenministeriums. Das Landeskriminalamt bewertet dieeingehenden Hinweise und kann über das anonyme Postfach bei Bedarf mit dem Hinweisgeber in einen Dialog treten. Notwendig kann dies beispielsweise sein, wenn der Hinweis noch vage ist oder ergänzende Informationen benötigt werden. Sollte sich ein Verdachtsfall konkretisieren, wird die örtlich zuständige Polizeidienststelle mit den weiteren Ermittlungen beauftragt.

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