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Architektenhäuser: Günstig, nicht billig

Foto: Thomas Drexel

Architektenhäuser Besonders - und besonders günstig

Individuell muss nicht teuer sein. Das zeigen zahlreiche Häuser, die von Architekten gestaltet sind und trotzdem weniger als 200.000 Euro kosten. Wer beim Hausbau ordentlich Geld sparen will, muss nur einige Regeln beachten - oder selbst anpacken.
Von Christian Tröster

Hamburg - Die Frage "Wie will ich wohnen?" kommt stets im Doppelpack mit "Kann ich mir das leisten?". Der Bau eines Eigenheims ist immer noch die größte Einzelinvestition im Leben eines Deutschen. Nirgendwo sonst stellt sich deshalb die Frage danach, wo genau Kostenfallen und Sparpotentiale liegen, dringlicher. Schließlich wollen die meisten einfach nur ein Haus bauen - und nicht ihre ganz private Elbphilharmonie.

Aber muss es deshalb ein Haus von der Stange sein, vom Bauträger oder der Fertighaus-Firma? Oder ist auch für Normalverdiener ein maßgeschneidertes Haus realistisch? Eins, das vom Architekten entworfen wurde, nur für diesen einen Bauherren und einen ganz spezifischen Ort?

Der Architekt Thomas Drexel gibt eine eindeutige Antwort: Ja, auch in der Economy Class sind individuelle Bauwerke möglich. Drexel, selbst Architekt, hat im seinem Leben Hunderte von Häusern besichtigt. Sein Buch zeigt Häuser, die weniger als 125.000 Euro gekostet haben.

Eigenleistungen können Tausende Euro sparen

Der Preis bezieht sich auf die Baukosten inklusive aller Honorare, aber ohne Grundstück, Garten, Terrassen oder Carports. Oft sind aber Eigenleistungen nötig: Bis zu 16.000 Euro kann nach einer Untersuchung der Architektenkammer Sachsen-Anhalt derjenige sparen, der sein Haus selber mauert. Andere Posten wie das Verlegen von Böden (2000 Euro) schlagen mit geringeren Summen zu Buche.

Im Umkehrschluss heißt das: Wer handwerklich nicht begabt ist oder keine Zeit hat für den Hausbau, muss tiefer in die Tasche greifen. Ein einfaches Architektenhaus kann dann schon mal 200.000 Euro und mehr kosten.

Inklusive ist dann aber auch das Know-how des Architekten im Umgang mit Handwerkern und Behörden. In der Regel wird der Architekt auch die Besonderheiten des Grundstückes beim Entwurf berücksichtigen sowie dessen Bezug zu Landschaft und Nachbargebäuden. "Viele Menschen denken, dass man ein Haus nur fertig kaufen kann", sagt Ute Maasberg von der Architektenkammer Niedersachsen, "sie wissen gar nicht, dass es einen gibt, der es mit ihnen zusammen so entwickelt, wie sie es haben wollen."

Tatsächlich werden in Deutschland rund 80 Prozent der Häuser ohne Architekten gebaut. Die allermeisten Gebäude stammen von Bauträgern und Fertighausfirmen. "Auf diese Weise", sagt Maasberg, "investieren manche in den Kauf eines neuen Autos mehr Zeit als in ein Bauprojekt - und das, obwohl es um viel mehr Geld und um langfristigere Entscheidungen geht." Und um Perspektiven des Lebens. So kann es auch zum Sparprogramm gehören, ein Haus so anzulegen, dass aus Kinderzimmern später leicht eine Einliegerwohnung gemacht werden kann. Oder das Haus darauf vorbereiten, einmal die eigenen Eltern aufzunehmen.

Klein und einfach statt groß und verschnörkelt

Wie aber muss ein Haus gestaltet sein, um im Hier und Jetzt besonders kostengünstig zu sein?

  • Erstens: möglichst klein. Bau- und Innenausbau machen zusammen rund 40 Prozent an der Gesamtinvestition inklusive Grundstück aus. Entsprechend lässt sich an dieser Stelle besonders gut sparen - auch durch Weglassen. Wirklich günstige Häuser haben meist nur zwischen 80 und 120 qm Wohnfläche.
  • Zweitens: Die Silhouette sollte kompakt und möglichst einfach sein. Ein Erker von drei Kubikmetern schlägt nach Berechnungen der Architektenkammer Sachsen-Anhalt mit 3000 Euro zu Buche, ein Balkon mit 4000 Euro, eine einzelne Dachgaube kostet im Schnitt 1750 Euro.

Doch der Vorteil von geringer Größe und einfacher Gestalt geht über Ersparnisse im Materialeinsatz hinaus. Beides zahlt sich auch im späteren Betrieb aus: Wenig Außenfläche bedeutet geringere Heizkosten. Baut man eine Doppelhaushälfte, fallen die Heizkosten noch geringer aus.

Die ewige Streitfrage unter den Sparfüchsen ist die nach dem Keller. Immerhin macht der im Schnitt sieben Prozent der Gesamtinvestition aus. Doch wer keinen Keller hat, muss sich Platz für Haustechnik und Stauraum woanders suchen. Findige Köpfe schauen dafür unter den Treppen nach oder bei Satteldachhäusern im Spitzboden, dem Raum zwischen Obergeschossdecke und Dachfirst.

Günstig wirken sich auch einheitliche Fenster- und Türgrößen aus - zehn gleich große Fenster zu bestellen, ist eben billiger als individuelle Formate. Vorteilhaft ist auch der Einbau von Festverglasung. Das sind Fenster, die sich nicht öffnen lassen - selbstverständlich geht das nur dort, wo ein Raum anders gelüftet werden kann und die Möglichkeit zur leichten Reinigung besteht.

Besonders preiswerte Baumaterialien sind Beton-Fertigteile für Außenmauern, Decken und Böden. Wer es avantgardistisch mag, kann sein Haus mit Faserzement-Platten verkleiden - sie sind in vielen Farben lieferbar. Als Materialien für den Innenausbau bieten sich Restposten an - oder gar Material aus Abrisshäusern.

Matthias Schuh aus Kempten fuhr auf seinem täglichen Arbeitsweg an einem Musterhaus für Fenster vorbei. Seine Nachfrage ergab, dass das Gebäude abgerissen werden sollte. Schuh durfte das Haus abbauen und konnte das Material behalten, vor allem die Fenster, aber auch die Holzkonstruktion dahinter. Architekt Thomas Pscherer entwarf ihm daraus anschließend ein kleines, charmantes und schlüssiges Architektenhaus. Der Preis: 90.000 Euro.

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