Banken als Gewinner:Zinslos glücklich

Die Zinsen gehen gegen null - und die Geldinstitute verdienen trotzdem ordentlich. Weil die Deutschen so viel Geld zur Bank bringen wie selten zuvor. Dabei könnten sie ihr Erspartes genausogut unter der Matratze lagern.

Von Harald Freiberger, Frankfurt

Uwe Fröhlich hat derzeit keinen Grund, unglücklich zu sein, obwohl man ihm dies schon öfter vorhergesagt hat. Der Präsident des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken präsentierte jetzt gute Zahlen für seine mehr als 1000 Geldhäuser. Zu der Gruppe zählen außer den Volks- und Raiffeisenbanken, die Zentralinstitute DZ und WGZ sowie Spezialisten wie die Bausparkasse Schwäbisch Hall und die R+V Versicherung. Im Jahr 2013 sei man mit einem Jahresüberschuss von sieben Milliarden Euro "eine der ertragsstärksten Bankengruppen in Europa". Am meisten hätten die Einnahmen aus Zinsen beigetragen, die um zwei Prozent auf 20 Milliarden Euro stiegen.

Wie ist das möglich? Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins auf historisch niedrige 0,15 Prozent gesenkt. Entsprechend geht der Zins, den Kunden bei Banken für Erspartes bekommen, gegen null. Die Geldhäuser lamentieren seit Langem darüber, weil sie bei niedrigen Zinsen nicht mehr so viel verdienen. Die Spanne zwischen dem Zins, den sie Kunden für Erspartes zahlen, und dem Zins, den sie selbst für verliehene Kredite bekommen, schnurrt zusammen.

Wie ist es dann möglich, dass die Zinseinnahmen trotzdem steigen? Der Grund: Die Kunden tragen ihr Geld weiter fleißig zu den Volks- und Raiffeisenbanken, obwohl sie darauf kaum mehr Zinsen bekommen; dieser Zuwachs an Einlagen glich die sinkende Zinsspanne für die Banken mehr als aus. "Wir schlagen uns besser, als Beobachter meinten, die uns schon den Untergang des Abendlandes prophezeiten", stellt Fröhlich zufrieden fest.

Kundeneinlagen der Sparkassen steigen

Ähnlich verhält es sich bei den Sparkassen, die bereits vor Wochen berichteten, dass die Kundeneinlagen im vergangenen Jahr um zwei Prozent auf 816 Milliarden Euro zulegten. Den stärksten Zuwachs gab es beim Tagesgeld. Es macht mittlerweile die Hälfte der gesamten Einlagen aus. "Je tiefer die Zinsen fallen, desto mehr Kundengelder kriege ich", stellt verwundert der Vorstand einer Sparkasse fest, der nicht zitiert werden will. Überraschend ist diese Erkenntnis auch deshalb, weil Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht gerade zu jenen Instituten gehören, die Spitzenkonditionen bieten.

Banken als Gewinner: Die Volksbank ist einer der Orte, zu denen Kleinanleger ihr Geld tragen, obwohl sie dort nicht mehr erwarten können, dass es merklich mehr wird.

Die Volksbank ist einer der Orte, zu denen Kleinanleger ihr Geld tragen, obwohl sie dort nicht mehr erwarten können, dass es merklich mehr wird.

(Foto: imago)

Während es bei den Spitzenreitern VW-Bank und Audi-Bank für Neukunden derzeit auf Tagesgeld noch 1,4 Prozent Zinsen gibt, sind es bei der Hamburger Sparkasse zum Beispiel gerade 0,2 Prozent, bei der Münchner Bank 0,1 Prozent und bei der Sparkasse Allgäu 0,05 Prozent. Da könnte der Kunde das Geld auch gleich unters Kopfkissen legen.

Verbandsmann Fröhlich erklärt sich den Umstand damit, dass Volks- und Raiffeisenbanken bei Kunden eben zunehmend "als Hort der Stabilität wahrgenommen werden". Peter Weißenberg vom Internet-Finanzportal www.biallo.de hat eine Erklärung dafür: "Viele Bankkunden sind inzwischen dermaßen verunsichert, dass sie nur noch auf Nummer sicher gehen wollen."

Aktienboom weitgehend ohne deutsche Privatanleger

Bundesbürger seien traditionell sicherheitsbewusst; viele von ihnen hätten bisher nur einmal im Leben finanziell etwas gewagt - zum Beispiel mit der T-Aktie - und seien damit auf die Nase gefallen. Nun trauten sie sich gar nichts mehr und nähmen dafür in Kauf, dass die Rendite gegen null gehe. Außerdem wollten sie flexibel bleiben für den Fall, dass die Zinsen wieder anziehen.

Das würde auch erklären, warum der Aktienboom der letzten fünf Jahre weitgehend ohne deutsche Privatanleger stattfand: Im Jahr 2000 besaßen schon einmal 6,2 Millionen Deutsche Aktien, 2013 waren es noch 4,6 Millionen. Die Zahl der Besitzer von Aktienfonds halbierte sich auf 3,7 Millionen.

In der Diskussion um den EU-Abwicklungsfonds dringen die Genossenschaftsbanken auf Entlastung für kleinere Institute bei der neuen EU-Regelung zur Abwicklung maroder Geldhäuser. "Keinesfalls darf es dazu kommen, dass weniger große Banken für die Risikogeschäfte europäischer Großbanken einstehen müssen", sagte Uwe Fröhlich.

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