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CES 2013: So gut funktioniert das Ubuntu-Handy

Foto: SPIEGEL ONLINE

Linux-Betriebssystem So gut funktioniert das Ubuntu-Handy

Premiere auf der Hightech-Messe CES: Erstmals wird in Las Vegas das Handy-Betriebssystem Ubuntu for Phone öffentlich gezeigt. Die Software soll eine Alternative zu Android und iOS werden. Ein erster Schnelltest offenbart überraschende Ergebnisse.

Dieses Handy ist einer der Stars der CES: Zum ersten Mal zeigt das südafrikanische Software-Unternehmen Canonical öffentlich sein Smartphone-Betriebssystem Ubuntu for Phone. Die Software soll die Funktionen des bekannten PC-Betriebssystems Ubuntu auf Mobilgeräte bringen und zusätzlich eine neue Art etablieren, Mobiltelefone zu bedienen. Wir hatten Gelegenheit, den Prototyp eines solchen Ubuntu-Handys auszuprobieren.

Dazu muss man anmerken, dass es sich bei dem getesteten Gerät noch nicht um ein speziell für Ubuntu entwickeltes Handy handelt. Vielmehr haben die südafrikanischen Entwickler einfach ein Galaxy Nexus als Basis genommen und um ihre Software erweitert. Von dem ursprünglich darauf installierten Android-Betriebssystem ist keine Spur mehr zu sehen.

Quasi nebenbei beweist Canonical so, dass sich das neue Ubuntu wirklich mit vergleichsweise geringem Aufwand an Android-Hardware anpassen lässt. Der Grund dafür ist, dass Ubuntu for Phone wie Android auf Linux basiert und daher dieselben Treiberprogramme wie Android verwenden kann, um beispielsweise den Bildschirm oder das Funkmodem anzusteuern. Wie lange die Anpassung gedauert hat, mochte man freilich nicht sagen.

Klar wurde allerdings schnell, dass diese nicht mehr ganz taufrische Hardware locker in der Lage ist, Ubuntu flüssig ablaufen zu lassen. Da hakt und ruckelt nichts, alle Bewegungsabläufe auf dem Bildschirm gehen flüssig vonstatten und der Touchscreen reagiert unverzüglich auf jede Berührung.

Weil es nur mit einem 1,2-GHz-Dualcore-Prozessor bestückt ist, fällt das Nexus für Canonical allerdings in die Kategorie der Einsteigermodelle. Grundsätzlich soll das Handy-Ubuntu die Möglichkeit bieten, ein Gerät an einen Monitor anzuschließen und wie einen PC zu benutzen. Das ließ sich mit dem Galaxy Nexus nicht testen. Nur Superphones mit einem Quadcore-Chip haben dafür genug Leistung.

Ein paar Apps gibt es schon

Doch wichtiger ist bei dem neuen Ubuntu ohnehin, ob es sich intuitiv bedienen lässt, ob man viel genutzte Funktionen schnell findet und ob man auch nach ein paar Minuten des Ausprobierens weiter damit umgehen möchte. Der Prototyp erfüllt all diese Ansprüche mühelos.

Das fängt schon beim Sperrscreen an, den Ubuntu als Willkommensbildschirm bezeichnet. Mit einem Wisch von links holt man eine Leiste mit einer Übersicht der verfügbaren Apps hervor, mit einem Fingertipp auf eine App wird diese gestartet. Die Auswahl auf dem Testgerät war freilich noch sehr bescheiden. Etwa zehn native Apps haben die Programmierer von Ubuntu bisher entwickelt.

Wenn auf den Fotos der Bilderstrecke teilweise mehr Apps zu sehen sind, liegt das einfach daran, dass einige App-Symbole als Platzhalter eingesetzt werden. Wenn man sie auswählt, wird ein Bildschirmfoto geladen, das zeigt, wie die jeweilige App eines Tages aussehen soll. Ein Ubuntu-Sprecher erklärte aber, dass sich bestehende Ubuntu-Apps leicht an das Smartphone-System anpassen ließen. Umgekehrt sei gar keine Anpassung nötig, Smartphone-Apps würden automatisch auf einem Ubuntu-PC laufen.

Nach einigem Herumspielen mit dem neuen System kann man feststellen, dass Canonical das Smartphone zwar nicht neu erfunden, dem Thema aber ein paar eigene Nuancen und gute Ideen hinzugefügt hat.

Einzelne Apps durch einen Zahlencode sichern

So lässt sich nicht nur das Handy als Ganzes mit einer PIN sperren, auch einzelne Apps können zusätzlich durch einen Zahlencode gesichert werden. Denkbar ist beispielsweise, dass man alle Apps, die persönliche Informationen enthalten, also etwa E-Mail und soziale Netzwerke, auf diese Weise vor Unbefugten schützt. So kann man sein Handy an Freunde oder seine Kinder weitergeben, ohne dass denen alle darauf gespeicherten Informationen offenstehen.

Eine andere gute Idee ist die Schnellzugriffsleiste für Systemfunktionen. So wie viele andere Smartphone-Systeme auch zeigt Ubuntu for Phone am oberen Bildschirmrand Informationen über die Netzwerkverbindung, den Bluetooth-Status und Ähnliches an. Mit einem Fingerwisch kann man dieses Menü aufklappen und Optionen, etwa zum Einschalten der W-Lan-Funktion, freilegen. Wischt man dann innerhalb des aufgeklappten Menüs nach links oder rechts, springt man schnell und intuitiv zwischen den möglichen Einstellmenüs hin und her.

Bis man das wirklich selber ausprobieren und die ersten Ubuntu-Handys kaufen kann, wird es aber noch einige Zeit dauern. Selber auf einem Android-Handy installieren lässt sich die Software nicht, das können nur Handy-Hersteller. Ein Ubuntu-Sprecher sagte zwar, es gebe einige interessierte Smartphone-Produzenten, er wollte aber keine Angaben darüber machen, welche das sind.

Die Hersteller tatsächlich zu motivieren, sich auf Ubuntu einzulassen, dürfte nicht leicht sein. Denn kostenlos werden sie die neue Software nicht bekommen. Unternehmen müssten sich auf das Abenteuer einlassen, eine komplett neue Plattform ohne Erfolgsgarantie zu etablieren. Leichter hat es da, wer sich einfach in Googles Arme begibt und dessen kostenloses Android samt der damit verbundenen Infrastruktur verwendet.

Ob Canonicals Vorstoß erfolgreich ist, werden wir aber wohl erst im nächsten Jahr erfahren, wenn auf der CES 2014 die ersten Ubuntu-Handys enthüllt werden - oder eben nicht.