Kommunalwahl 2014 in Bayern: Ein Überblick

16.3.2014, 06:00 Uhr
Ein Kreuzchen hier, ein Kreuzchen da: Die Kommunalwahl wird immer wieder wegen ihres komplizierten Systems kritisiert.

© Pfrogner Ein Kreuzchen hier, ein Kreuzchen da: Die Kommunalwahl wird immer wieder wegen ihres komplizierten Systems kritisiert.

In Bayern werden bei der Kommunalwahl die Ersten Bürgermeister und Landräte direkt gewählt. Spektakulär sind deshalb besonders die OB-Wahlen in den Großstädten, allen voran München. Dort kann der seit 21 Jahren regierende Rathauschef Christian Ude (SPD) aus Altersgründen nicht mehr kandidieren. Die Genossen haben früh Wirtschaftsreferent Dieter Reiter als Nachfolgekandidat nominiert, doch trotz aller Bemühungen kann Reiter von der Popularität seines Vorgängers längst nicht profitieren. CSU-Herausforderer Josef Schmid werden daher durchaus Chancen eingeräumt, zumal er sich modern gibt und gegenüber den Grünen Avancen macht.

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Ein ähnliches Problem hat die CSU in Regensburg. Auch dort wird Amtsinhaber Hans Schaidinger (CSU) von der Altersgrenze an einer erneuten Kandidatur gehindert, weshalb die CSU den Verlust des Oberbürgermeistersessels befürchten muss. SPD-Herausforderer Joachim Wolbergs rechnet sich auch deshalb gute Chancen aus, weil die CSU dort durch jahrelangen internen Streit geschwächt ist. Von Konflikten geschüttelt ist auch die Augsburger CSU. Nach der Abspaltung von sechs Stadträten stellt sie nicht mehr die Rathausmehrheit. Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) geht zwar als Favorit ins Rennen, könnte aber Probleme mit der Durchsetzungsfähigkeit in einem bunten Stadtparlament bekommen.

In Nürnberg heißt der Favorit Ulrich Maly von der SPD. Der Stadtrat wird von einer großen Koalition dominiert, was die Stadtpolitik eher konfliktarm gestaltete. In Fürth hat SPD-Amtsinhaber Thomas Jung eine noch stärkere Position als einst Ude in München. Bei der Kommunalwahl 2008 wurde Jung mit 80,14 Prozent im Amt bestätigt. CSU-Herausforderer Dietmar Helm hat sich mit seiner Rolle abgefunden und beteuert, er versuche gerne Dinge, die als unmöglich betrachtet würden.

Erlangen: Balleis als Favorit

Nicht unangefochten, aber doch als Favorit tritt der Erlanger OB Siegfried Balleis (CSU) an. Eigentlich wollte er Präsident des bayerischen Sparkassenverbands werden, scheiterte aber am Chamer Ex-Landrat Theo Zellner (CSU). Jetzt reitet die SPD darauf herum, dass Erlangen für Balleis nur „zweite Wahl“ sei.

Im Kontrast zum Ruf Würzburgs als konservative Katholiken-Hochburg steht der von SPD und Grünen gemeinsam aufgestellte OB-Kandidat Muchtar al Ghusain. Der bisherige Kulturreferent wurde in Kuwait geboren und soll SPD-OB Georg Rosenthal folgen, der auch wegen der Altersgrenze nicht mehr antreten kann und sich schon im Herbst 2013 in den Landtag verabschiedete. Auch der von CSU und Parteifreien aufgestellte Gegenkandidat Christian Schuchardt ist ein Exot: Frankfurter und CDU-Mitglied.

Bunt, vielfältig und mit ganz unterschiedlichen Gemengelagen geht es auch in den kleineren Gemeinden und in den Landkreisen zu. Besonderes Interesse findet die Landratswahl im Kreis Miesbach, wo die CSU ihrem Kandidaten Jakob Kreidl quasi untersagt hat, im Falle seiner Wahl das Amt anzunehmen. Kreidl hatte sich durch eine fast 120 000 Euro teure Geburtstagsfeier, die zum Großteil von Sparkasse und Landratsamt finanziert wurde, und andere Fauxpas ins Abseits manövriert.

Politische Urgesteine und "große Politik"

In manchen der 2056 Gemeinden, 71 Landkreise und 25 kreisfreien Städte Bayerns haben Partei-Querelen zu skurrilen Konstellationen geführt. Immer wieder stellen Bürgermeister eigene Listen auf, wenn die Partei die Gefolgschaft versagt, etwa in Puschendorf (Kreis Fürth), wo Bürgermeister Wolfgang Kistner von der zweiten Bürgermeisterin Erika Hütten herausgefordert wird. Beide gehören der CSU an.

Gelegentlich tauchen auch die Namen politischer Urgesteine wieder auf. In Aying bei München kandidiert Franz Josef Strauß (27), mit dem CSU-Übervater nicht verwandt, zum Gemeinderat – natürlich für die CSU. Ebenfalls für die CSU strebt Thomas Kiechle das Oberbürgermeisteramt in Kempten an, der Sohn von Ex-Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle.

Die „große Politik“ nimmt die Kommunalwahlen sehr ernst, nicht zuletzt Horst Seehofer. Der CSU-Chef sieht die Ortsparlamente auch als Experimentierfeld für künftige schwarz-grüne Bündnisse. Der Münchner CSU-Kandidat Schmid könnte mit einem solchen Bündnis ein „bundesweites Signal“ setzen, meinte Seehofer. Schwarz-Grün könnte im 80-köpfigen Stadtrat das älteste rot-grüne Bündnis der Republik ablösen. In Plech (Kreis Bayreuth) gibt es bereits eine gemeinsame schwarz-grüne Gemeinderatsliste.

Für die bei der Landtagswahl erneut glücklosen Oppositionsparteien hat eine Kommunalwahl den Charme, sich an herausragenden Einzelergebnissen ergötzen zu können, auch wenn es im Ganzen nicht besonders gut läuft. Mit Interesse wird beobachtet, ob Seehofers Kurs bei Stromtrassen und Windmühlen sowie in der Schulpolitik Spuren hinterlässt – so wie vor sechs Jahren die aufgeregte Debatte um das Rauchverbot in Gaststätten.

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